Erblasser setzt seine Schwester im Testament als Alleinerbin ein – Die Schwester stirbt vor dem Erblasser – Erben die Kinder der Schwester?
KG – Beschluss vom 17.01.2020 – 6 W 58/19
- Erblasser benennt im Jahr 2009 seine Schwester in seinem Testament als alleinige Erbin
- Die Schwester des Erblassers verstirbt im Jahr 2010
- Die Kinder der vorverstorbenen Schwester machen nach dem Erbfall im Jahr 2018 ihr Recht als Ersatzerben geltend
Das Kammergericht hatte in einem Erbscheinsstreit über die Erbfolge nach einem Erblasser zu entscheiden, der es versäumt hatte, sein Testament den aktuellen Verhältnissen anzupassen.
Der Erblasser war am 15.12.2018 kinderlos und verwitwet verstorben.
Der Erblasser hatte am 10.02.2009 ein handschriftliches Testament verfasst, in dem er seine Schwester als Alleinerbin einsetzte.
Die Erbin stirbt zeitlich weit vor dem Erblasser
Die in dem Testament benannte Schwester war allerdings bereits im Jahr 2010 verstorben.
Die vorverstorbene Schwester des Erblassers hatte allerdings drei Kinder.
Darüber hinaus existierte noch ein Kind einer bereits im Jahr 2003 ihrerseits vorverstorbenen Schwester dieser drei Kinder der Schwester des Erblassers.
Die drei noch lebenden Kinder der Schwester des Erblassers beantragten nach dem Erbfall beim Nachlassgericht einen Erbschein, der sie als Testamentserben des Erblassers zu je ⅓ ausweisen sollte.
Nachlassgericht lehnt Antrag auf Erbschein ab
Das Nachlassgericht lehnte diesen Erbscheinsantrag der drei noch lebenden Kinder der Schwester des Erblassers aber als unbegründet ab.
Das Nachlassgericht stellte zwar fest, dass das Testament des Erblassers aus dem Jahr 2009 zwar eine Ersatzerbenbestimmung der Abkömmlinge der im Jahr 2010 vorverstorbenen Schwester des Erblassers enthalte.
Zu diesen Abkömmlingen, die als Ersatzerben in Frage kämen, würden aber nicht nur die Kinder der vorverstorbenen Schwester gehören, sondern auch das Kind der Schwester der Antragsteller, die im Jahr 2003 vorverstorben war.
Nachdem die Antragsteller diesen Aspekt bei ihrem Erbscheinsantrag nicht berücksichtigt hatten, wurde ihr Antrag vom Nachlassgericht abgelehnt.
Geschwister legen Beschwerde zum Kammergericht ein
Gegen diesen ablehnenden Bescheid legten die drei Geschwister Beschwerde zum Kammergericht ein.
Das KG teilte jedoch die Rechtsauffassung des Nachlassgerichts und wies die Beschwerde ab.
In der Begründung seiner Entscheidung wies das Gericht darauf hin, dass der von den drei Kindern der vorverstorbenen Schwester des Erblassers gestellte Erbscheinsantrag nur dann Erfolg haben könnte, wenn sich aus dem vorliegenden Testament ergeben würde, dass die Antragsteller als Ersatzerben eingesetzt worden sind.
Eine ausdrückliche Ersatzerbenbestimmung enthielt das Testament des Erblassers aus dem Jahr 2009 unstreitig nicht.
Hilft eine Auslegung des Testaments?
Das Gericht prüfte sodann, ob sich eine Ersatzerbeneinsetzung der Antragsteller im Wege der Auslegung des Testaments ergibt.
Das Gericht versuchte damit nach Eintritt des Erbfalls zu ermitteln, ob es Hinweise darauf gibt, dass der Erblasser anstatt seiner vorverstorbenen Schwester deren Kinder ersatzweise als Erben einsetzen wollte.
Eine solche Deutung des Testaments ergebe sich jedenfalls nicht, so das KG, aus der Auslegungsregel in § 2069 BGB, nachdem diese Regel nicht für Erben der 2. oder weiteren Ordnung gelte.
Nach Auffassung des KG führe aber auch eine einfache Auslegung des Testaments nicht zu dem von den Antragstellern gewünschten Ergebnis einer analogen Anwendung der in § 2069 BGB festgelegten Regelung.
Testament enthält eine planwidrige Lücke
Das Testament enthalte aber eine planwidrige Lücke, die durch eine ergänzende Testamentsauslegung geschlossen werden könne.
Alleine durch die Verwendung des Begriffs „meine Schwester“ für seine Alleinerbin habe der Erblasser zum Ausdruck gebracht, dass die Erbeinsetzung nicht nur seiner Schwester in persona, sondern sämtlichen in der Seitenlinie mit ihm verwandten nahen Angehörigen gegolten habe.
Nachdem zu diesen Angehörigen aber nicht nur die drei Kinder der vorverstorbenen Schwester, sondern eben auch der Großneffe des Erblassers, gehörte konnte der beantragte Erbschein nicht erteilt werden.
Erben wurden vielmehr die drei Kinder der vorverstorbenen Schwester des Erblassers sowie sein Großneffe zu je ¼.
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