Freund der Familie soll laut Testament ein Hausgrundstück erhalten – Wird er damit zum Alleinerben eingesetzt?
OLG Rostock – Beschluss vom 08.02.2022 – 3 W 143/20
- Eheleute vermachen ihr Haus durch Testament einem Freund
- Nach dem Erbfall entsteht Streit über die Frage, wer der Erbe der Eheleute sein soll
- Am Ende setzt sich die Tochter der Eheleute und die gesetzliche Erbfolge durch
Das Oberlandesgericht Rostock hatte einen Streit um einen Erbschein zu entscheiden.
In der Angelegenheit hatte ein Ehepaar am 23.07.1987 ein notarielles Testament errichtet.
In diesem Testament hatten sich die Eheleute für den ersten Erbfall gegenseitig als alleinige Erben eingesetzt.
Freund der Familie soll ein Hausgrundstück erhalten
Weiter verfügten die Eheleute in dem Testament, dass ein Freund der Familie nach dem Tod beider Eheleute Eigentümer eines Hausgrundstückes der Eheleute werden sollte.
Diese Immobilie hatten die Eheleute im Jahr 1973 für 4.360 Mark/DDR erworben.
Die Verteilung des restlichen Nachlasses (Hausrat, Sparguthaben, Schmuck usw.) solle, so die Festlegungen in dem Testament, der überlebende Ehepartner vornehmen.
Ehefrau verstirbt und wird von ihrem Mann beerbt
In der Folge verstarb die Ehefrau und wurde gemäß Testament von ihrem Mann alleine beerbt.
Nach dem Tod des Ehemannes im Jahr 2020 beantragte dann der in dem Testament aus dem Jahr 1987 erwähnte Freund der Familie bei dem zuständigen Nachlassgericht einen Erbschein, der ihn als alleinigen Erben des Erblassers ausweisen sollte.
Der Antragsteller argumentierte, dass im Jahr der Testamentserrichtung die ihm im Testament zugewiesene Immobilie nahezu das einzige Vermögen des Ehepaares gewesen sei.
Gab es neben dem Haus noch weiteres Vermögen?
Neben dem fraglichen Hausgrundstück sei seinerzeit nur unwesentliches Sparvermögen und einfacher Schmuck vorhanden gewesen.
Da ihm damit das wesentliche Vermögen der Eheleute zugewiesen worden sei, müsse er auch im Erbschein als alleiniger Erbe ausgewiesen werden.
Dieser rechtlichen Einschätzung widersprach aber die Tochter der Eheleute. Sie verwies darauf, dass ihre Eltern bereits im Jahr 1987 neben der Immobilie umfangreiches Geld- bzw. Sparvermögen, wertvollen Schmuck und einen Pkw Wartburg besessen habe, der schon allein mehr Wert gewesen sei als das fragliche Grundstück.
Tochter beantragt die Abweisung des Erbscheinantrages
Die Tochter der Eheleute regte vor diesem Hintergrund an, den Erbscheinantrag des Freundes der Familie abzuweisen.
Das Nachlassgericht signalisierte, dass es den vom Freund der Familie beantragten Erbschein erteilen wolle.
Gegen diese Entscheidung legte die Tochter Beschwerde zum Oberlandesgericht ein und hatte dort auch Erfolg.
OLG hebt die Entscheidung des Nachlassgerichts auf
Das OLG hob die Entscheidung des Nachlassgerichts auf und wies den Erbscheinsantrag des Freundes der Familie ab.
Das OLG wies zur Begründung seiner Entscheidung darauf hin, dass der Antragsteller nicht testamentarischer Alleinerbe des Erblassers geworden sei.
Vielmehr sei nach der gesetzlichen Erbfolge die Tochter Erbin ihres Vaters geworden.
Dem Antragsteller sei durch das Testament aus dem Jahr 1987 im Wege eines Vermächtnisses lediglich isoliert das Hausgrundstück zugewendet worden.
Gesetzliche Auslegungsregeln führen nicht zum gewünschten Ergebnis
Im vorliegenden Fall würden auch die Auslegungsregeln in § 2087 BGB zu keinem anderen Ergebnis führen.
In diesem Zusammenhang widersprach das OLG auch der Einschätzung des Nachlassgerichts, wonach das Hausgrundstück zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung der wesentliche Bestandteil des Vermögens der Eheleute gewesen sei.
Wer für sich entgegen der Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB die Stellung eines Erben beanspruche, der müsse im einzelnen darlegen und beweisen, dass der ihm zugewandte Gegenstand praktisch das gesamte Vermögen des Erblassers ausmachen würde.
Diesen Beweis habe der Antragsteller aber nicht angetreten und damit die Vermutung des § 2087 Abs. 2 BGB nicht widerlegt.
Im Ergebnis wurde alleinige gesetzliche Erbin die Tochter des Erblassers.
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