Zuwendungen unter Eheleuten für angemessene Altersversorgung führen nicht zu Pflichtteilsergänzungsanspruch
OLG Stuttgart - Beschluss vom 26.1.2011 - 19 W 52/10
- Ehemann gibt seiner Frau einen Geldbetrag zur Finanzierung einer Rentenversicherung
- Tochter des Erblassers leitet aus diesem Vorgang einen Pflichtteilsergänzungsanspruch ab
- Gericht weist die Klage der Tochter ab
Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte die Begründetheit eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs nach § 2325 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) zu überprüfen.
In der Angelegenheit machte eine Pflichtteilsberechtigte mittels gerichtlicher Klage einen Anspruch auf eine Ergänzung ihres Pflichtteils in Höhe von 7.287,50 EURO geltend.
Dieser Betrag sollte nach den Vorstellungen der Pflichtteilsberechtigten aus einer insoweit unstrittigen Einzahlung des Erblassers in eine Privatrentenversicherung seiner Ehefrau und Alleinerbin in Höhe von 58.300,00 Euro resultieren.
Schenkungen des Erblassers führen zu einem Pflichtteilsergänzungsanspruch
Nach § 2325 BGB kann der Pflichtteilsberechtigte die Ergänzung seines Pflichtteils verlangen, wenn der Erblasser während der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall Teile seines Vermögens durch eine Schenkung auf einen Dritten übertragen hat.
Auf diese Weise soll verhindert werden, dass der Erblasser zu Lebzeiten sein Vermögen ganz oder auch nur zum Teil durch Schenkung auf eine andere Person überträgt und auf diesem Weg den grundsätzlich unentziehbaren Pflichtteilsanspruch aushöhlt oder sogar komplett entwertet.
Grundlegende Voraussetzung für einen Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB ist jedoch, dass der Erblasser sein Vermögen tatsächlich verschenkt, also ohne jede Gegenleistung an jemand anderen weggegeben hat.
Gericht sieht keine Schenkung des Erblassers
An dieser Voraussetzung scheiterte in dem vom OLG Stuttgart zu entscheidenden Fall der geltend gemachte Anspruch.
Zwar gelten für Zuwendungen unter Eheleuten im Zusammenhang mit dem Pflichtteilsergänzungsanspruch dem Grunde nach die gleichen Regeln, wie für alle anderen auch. Schenkt also der Ehemann und spätere Erblasser seiner Frau und späteren Alleinerbin einen Geldbetrag, dann muss die Frau einem pflichtteilsberechtigten Kind einen insoweit ergänzten Pflichtteil auszahlen.
Nach einer vom Bundesgerichtshof wiederholt bestätigten Rechtsprechung stellt jedoch die Zuwendung des einen Ehegatten an den anderen für eine angemessene Altersversorgung in rechtlicher Hinsicht gerade keine unentgeltliche Leistung und Schenkung dar und kann daher auch nicht Grundlage für einen Pflichtteilergänzungsanspruch nach § 2325 BGB sein.
Pflichtteilsberechtigter muss Beweise vorlegen
Wer als Pflichtteilsberechtigter einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen will, hat die Voraussetzungen für das Vorliegen des Anspruchs in einem gerichtlichen Verfahren darzulegen und zu beweisen.
Das Gericht konstatierte auch im vorliegenden Fall, dass dieser Beweis für den Pflichtteilsberechtigten zuweilen schwierig zu führen ist. Insoweit trifft den Erben als Anspruchsgegner eine Pflicht, zur Frage der angeblichen Entgeltlichkeit einer vom Erblasser vorgenommenen Verfügung so umfangreich vorzutragen, dass sich der Pflichtteilsberechtigte hierzu sinnvoll einlassen kann.
Nachdem die Ehefrau als Erbin im zu entscheidenden Fall aber nähere Umstände zu der durch die Zahlung sichergestellten angemessenen Altersversorgung vorgetragen hatte und die Pflichtteilsberechtigte diesen Vortrag nicht widerlegen konnte, wies das Gericht den geltend gemachten Ergänzungsanspruch ab.
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