Sollte der Pflichtteilsberechtigte sofort Zahlungsklage gegen den Erben erheben?
- Pflichtteil kann auf verschiedenen Wegen vor Gericht eingeklagt werden
- Eine klassische Stufenklage zieht sich hin
- Sofortige Zahlungsklage kann vorzugswürdig sein
Auseinandersetzungen zwischen dem Pflichtteilsberechtigten und dem Erben bergen in aller Regel ein hohes Konfliktpotential.
Der Pflichtteilsberechtigte ist als nahes Familienmitglied vom Erblasser von der Erbfolge ausgeschlossen. Der Erbe wiederum erhält kraft Testament bzw. Erbvertrag das gesamte Vermögen des Erblassers.
Nachdem das Gesetz aber in § 2303 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) vorsieht, dass ein Abkömmling, der Ehepartner und unter Umständen sogar die Eltern ihren Pflichtteil fordern können, wenn sie von der Erbfolge ausgeschlossen wurden, sind Erbe als Pflichtteilsschuldner und Enterbter als Pflichtteilsgläubiger für einen gewissen Zeitraum nach dem Erbfall aneinander gebunden. Ob sie dies wollen oder nicht.
Der Pflichtteil ist ein auf Geld gerichteter Anspruch und besteht in Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils der enterbten Person. Regelmäßig richtet sich der Pflichtteilsanspruch gegen den Erben.
Pflichtteilsberechtigter benötigt Informationen
Für den Pflichtteilsberechtigten geht es nach der Testamentseröffnung vor allem darum, Informationen über die Werthaltigkeit des Nachlasses zu erhalten. Nur wenn er weiß, welches Vermögen der Erblasser hinterlassen hat, kann er seinen Pflichtteil beziffert einfordern.
Pflichtteilsauseinandersetzungen laufen dabei eigentlich immer nach demselben Schema. Der Pflichtteilsberechtigte macht gegen den Erben seinen Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB geltend. Der Erbe beantwortet diese Anfrage mal mehr, mal weniger wahrheitsgemäß.
Bekommt der Pflichtteilsberechtigte vom Erben die begehrten Informationen nicht, nicht zeitnah oder nicht umfassend, dann erhebt der Pflichtteilsberechtigte in aller Regel eine so genannte Stufenklage gegen den Erben.
Stufenklage vor Gericht kann sich hinziehen
Wie der Begriff der Stufenklage nahe legt, wird das Klageverfahren in mehreren Etappen abgewickelt.
In einer ersten Stufe macht der Pflichtteilsberechtigte als Kläger seinen Auskunftsanspruch gegen den Erben geltend.
Soweit sich dem Pflichtteilsberechtigten der Eindruck aufdrängt, dass der Erbe seiner Auskunftspflicht nicht ordentlich nachgekommen ist, kann sich in zweiter Stufe ein gegen den Erben gerichteter Antrag anschließen, wonach er die Richtigkeit seiner Auskünfte an Eides statt versichert.
In dritter und letzter Stufe wird vom Pflichtteilsberechtigten dann ein bezifferter Zahlungsanspruch geltend gemacht.
Nachteilig an einer solchen Stufenklage ist, dass sie relativ viel Zeit verschlingt. Bereits der in erster Stufe geltend gemachte Auskunftsanspruch kann bis zu einem Ergebnis Jahre dauern. In dieser Zeit sieht der Pflichtteilsberechtigte allerdings keinen Euro.
Sofortige Zahlungsklage spart Zeit
In Anbetracht solcher eher unerfreulichen Perspektiven sollte der Pflichtteilsberechtigte jedenfalls immer prüfen, ob er gegen den Erben nicht unmittelbar eine Klage auf Zahlung erhebt.
Grundlegende Voraussetzung für eine solche Vorgehensweise ist natürlich, dass der Pflichtteilsberechtigte belastbare Kenntnisse vom Bestand und vom Wert des Nachlasses hat.
Auch im Rahmen eines solchen Zahlungsprozesses kann vom Gericht ein Gutachten über den Wert des Nachlasses eingeholt werden.
Soweit der Pflichtteilsberechtigte keine exakten Informationen über den Wert des Nachlasses hat, läuft er bei einer bezifferten Zahlungsklage natürlich immer Gefahr, dass er mit seiner Klageforderung zum Teil „hinten runter fällt“ und entsprechend im Gerichtsverfahren mit Kosten belastet wird.
Dieses Risiko kann aber derjenige Pflichtteilsberechtigte auf sich nehmen, der entweder auf eine rasche Vergleichslösung im Rahmen des Zahlungsprozesses setzt oder der insbesondere Interesse an einer schnellen gerichtlichen Entscheidung hat, um so dem Erben Vermögensverschiebungen zu erschweren und eigene Vollstreckungschancen zu verbessern.
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