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Nachlassgegenstand wird nach dem Erbfall veräußert – Hat ein Pflichtteilsberechtigter trotzdem einen Anspruch auf Wertermittlung durch ein Gutachten?

Von: Dr. Georg Weißenfels

BGH – Urteil vom 29.09.2021 – IV ZR 328/20

  • Für eine pflichtteilsrelevante Immobilie liegen drei Wertgutachten vor
  • Die Immobilie wird kurz nach dem Erbfall vom Erben veräußert
  • Ein Pflichtteilsberechtigter hat trotzdem einen Anspruch auf ein weiteres Gutachten zur Wertermittlung

Der Bundesgerichtshof hatte über einen Streit zwischen einem Erben und einer Pflichtteilsberechtigten zu entscheiden.

Die einzige Tochter eines am 11.01.2017 verstorbenen Erblassers war vom Erblasser enterbt worden und machte gegen einen testamentarischen Erben ihren Pflichtteilsanspruch geltend.

In den pflichtteilsrelevanten Nachlass fiel auch eine Immobilie.

Eine Immobilie – Verschiedene Wertangaben

Über diese Immobilie lagen den Parteien diverse Gutachten vor, die den Wert der Immobilie auf Beträge zwischen 58.000 Euro bis hin zu 245.000 Euro schätzten.

Zehn Monate nach dem Erbfall wurde die Nachlassimmobilie im November 2017 zu einem Betrag in Höhe von 65.000 Euro veräußert.

Die ob der für die Immobilie nachhaltig differierenden Wertangaben verunsicherte Pflichtteilsberechtigte wollte sich durch ein weiteres Wertgutachten Klarheit verschaffen und machte bei dem Erben ihren Wertermittlungsanspruch nach § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB geltend.

Erbe will kein neues Gutachten erstellen lassen

Der Erbe hielt diese Forderung für bestenfalls schikanös, da ja bereits so viele Gutachten für die Immobilie vorlagen und die Immobilie in der Zwischenzeit ja auch schon veräußert worden war.

Nachdem keine außergerichtliche Einigung gefunden werden konnte, machte die Pflichtteilsberechtigte ihren Anspruch auf Wertermittlung vor Gericht geltend.

Das Landgericht gab der Klägerin in erster Instanz Recht und verurteilte den Erben zur Vorlage eines Wertgutachtens für die Nachlassimmobilie.

Berufung des Beklagten zum OLG hat Erfolg

Gegen diese Entscheidung legte der Erbe aber Berufung zum Oberlandesgericht ein und hatte dort auch tatsächlich Erfolg.

Das OLG hob die Entscheidung des Landgerichts auf.

Das OLG verneinte einen Anspruch der Klägerin auf Vorlage eines Wertgutachtens für die – pflichtteilsrelevante – Nachlassimmobilie.

OLG verneint schutzwürdiges Interesse der Klägerin

Die Klägerin habe, so das OLG, kein schutzwürdiges Interesse an einem weiteren Wertgutachten.

Dies folge aus dem Verkauf der Immobilie, jedenfalls aber aus dem Umstand, dass bereits drei Gutachten vorliegen würden.

Nachdem das OLG in seiner Entscheidung aber die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen hatte und die Pflichtteilsberechtigte gegen das Urteil des OLG Revision einlegte, musste sich am Ende auch noch der BGH in dritter Instanz mit der Angelegenheit beschäftigen.

Revision der Klägerin zum BGH ist erfolgreich

Die Revision der Pflichtteilsberechtigten war erfolgreich. Der BGH hob das Urteil des OLG auf und bestätigte damit einen Wertermittlungsanspruch der Klägerin.

In der Begründung seiner Entscheidung verwies der BGH darauf, dass der Wertermittlungsanspruch eines Pflichtteilsberechtigten nicht dazu dient, einen verbindlichen Wert eines Nachlassgegenstandes festzulegen, sondern vorzugsweise den Zweck hat dem Pflichtteilsberechtigten bei der Einschätzung seines Klagerisikos erleichtern soll.

Wenn die vom Erben vorgelegten Informationen nicht ausreichen, damit sich der Pflichtteilsberechtigte ein Bild über den Wert der Nachlassgegenstände zu machen, habe der Pflichtteilsberechtigte auch einen Anspruch auf ein Wertgutachten.

Verkauf der Immobilie steht einem Wertgutachten nicht entgegen

Gerade in Anbetracht der massiv voneinander abweichenden Wertangaben für das Grundstück könne ein (weiterer) Wertermittlungsanspruch der Pflichtteilsberechtigten nicht verneint werden.

Auch die zeitnah nach dem Erbfall erfolgte Veräußerung der Immobilie, führe, so der BGH weiter, zu keinem anderen Ergebnis.

Würde man in diesen Fällen dem Pflichtteilsberechtigten einen Wertermittlungsanspruch verwehren, könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Nachlassgegenstand vom Erben unter Wert veräußert worden ist.

Ohne Wertgutachten sei ein solcher Nachweis von dem Pflichtteilsberechtigten aber schwierig zu führen.

Im Ergebnis musste demnach der Wert der Nachlassimmobilie – nochmals – auf Kosten des Nachlasses von einem Sachverständigen ermittelt werden. 

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