Verjährung des Pflichtteils - Wann hat man von Enterbung "Kenntnis" ?
OLG Düsseldorf - Urteil vom 25.01.2008 - I-7 U 2/07
- Zwei Brüder streiten sich jahrelang über die Wirksamkeit des Testaments der gemeinsamen Mutter
- Nach Jahren ist der Rechtsstreit geklärt - Ein Bruder erbt - Der andere Bruder ist enterbt
- Der Pflichtteil des enterbten Bruders unterliegt in der Zwischenzeit der Verjährung
Die Frage, wann ein Pflichtteilsanspruch der Verjährung unterliegt, hatte das OLG Düsseldorf zu klären.
Die Erblasserin war bereits im Jahr 1999 verstorben. Sie hatte im Jahr 1998 ein Testament errichtet, in dem sie einen ihrer beiden Söhne als Alleinerben eingesetzt hatte. Der zweite Sohn war in dem Testament enterbt und auf seinen Pflichtteil gesetzt worden.
Die Besonderheit in dem Fall lag darin, dass die beiden Brüder die auf den Erbfall folgenden Jahre mit diversen gerichtlichen Streitigkeiten um die Erbschaft verbrachten. So hatte der enterbte Sohn das Testament seiner Mutter aus dem Jahr 1998 nach dem Erbfall mit verschiedenen Begründungen angefochten.
Ist das Testament der Mutter eine Fälschung?
Er trug in einem Vorprozess zunächst vor, dass das Testament gefälscht sei bzw. seiner Mutter bei Abfassung des Testaments die notwendige Testierfähigkeit gefehlt habe. Diese Fragen wurden im dem Vorprozess unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen allerdings im Mai 2001 zu Ungunsten des enterbten Sohnes geklärt.
Nachdem er mit diesen Einwendungen gegen die Wirksamkeit des Testaments nicht durchdringen konnte, ließ der enterbte Sohn weiter vortragen, dass die Erblasserin nur durch Täuschung bzw. Drohung dazu gebracht werden konnte, das Testament in der vorliegenden Form zu erstellen. Auch diesen Vortrag konnte der enterbte Sohn allerdings nicht zur Überzeugung des Gerichts im Vorprozess beweisen.
Nachdem die Erbfolge schließlich nach Jahren zugunsten des im Testament als Erben eingesetzten Sohnes geklärt war, beantragte der enterbte Sohn im Juni 2005 einen Mahnbescheid, mit dem er gegen seinen Bruder seinen Pflichtteilsanspruch geltend machte. Gegen diesen Mahnbescheid legte der Bruder Widerspruch ein.
Landgericht spricht dem enterbten Sohn den Pflichtteil zu
Das Landgericht gab der Klage des enterbten Sohnes in erster Instanz noch statt.
In der Berufung wurde das Urteil des Landgerichts allerdings aufgehoben. Die Klage auf den Pflichtteil wurde wegen inzwischen eingetretener Verjährung zur Gänze abgewiesen.
Die Verjährungsfrist für die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs betrug zum Zeitpunkt der Entscheidung des OLG drei Jahre. Diese Frist begann in dem Moment zu laufen, in dem der Pflichtteilsberechtigte von seiner Enterbung "Kenntnis" erlangt.
Wann war Kenntnis von der Enterbung gegeben?
Diskussionswürdig war bereits, ob der Pflichtteilsberechtigte im vorliegenden Fall bereits im Jahr 1999 Kenntnis von seiner Enterbung gehabt hatte, da er zu diesem Zeitpunkt das erste Mal die "Anfechtung" der letztwilligen Verfügung erklärte.
Das OLG nahm allerdings zu Gunsten des pflichtteilsberechtigten Klägers unter Hinweis auf Rechtsprechung des Reichsgerichtes und des BGH an, dass "Kenntnis" eines Pflichtteilsberechtigten von seiner Enterbung erst dann angenommen werden könne, wenn "erhebliche rechtliche Zweifel, verwickelte oder zweifelhafte Rechtsfragen" an seiner Enterbung "eine gewisse Klärung gefunden haben".
Solange der Pflichtteilsberechtigte also berechtigt davon ausgehen darf, dass seine Enterbung rechtlich unwirksam ist, wird von der Rechtsprechung keine den Lauf der Verjährungsfrist auslösende "Kenntnis" angenommen.
Aber auch diese Rechtsprechung konnte den Pflichtteilsanspruch im zu entscheidenden Fall nicht mehr retten. Spätestens im Mai 2001, so das OLG, waren die zunächst vom Kläger vorgebrachten Einwendungen gegen die Wirksamkeit des Testaments einer zumindest vorläufigen Klärung zugeführt.
Die Verjährungsfrist für den Pflichtteil beginnt im Mai 2001 zu laufen
Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger hinreichende "Kenntnis" von seiner Enterbung. Im Mai 2001 begann (nach altem Recht) die dreijährige Verjährungsfrist demnach zu laufen.
Die später vom Kläger vorgebrachten weiteren Einwendungen gegen die Wirksamkeit des Testaments konnten an diesem Ergebnis und der Kenntnis des Klägers von seiner Enterbung nichts mehr ändern.
Insbesondere lehnte das OLG es ab, den Zeitpunkt der Kenntnis eines Pflichtteilsberechtigten von seiner Enterbung mit jedem neuen vorgebrachten Einwand gegen die Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung erneut nach hinten zu verschieben.
Der Pflichtteilsberechtigte ging am Ende also leer aus. Seine Klage wurde wegen Verjährung abgewiesen.
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