Wie schnell muss der Erbe ein notarielles Nachlassverzeichnis vorlegen?
OLG Brandenburg – Beschluss vom 16.06.2023 – 3 W 57/23
- Pflichtteilsberechtigter fordert beim Erben ein notarielles Nachlassverzeichnis an
- Erbe teilt dem Pflichtteilsberechtigten die Beauftragung des Notars mit
- Nur drei Monate nach dieser Mitteilung erhebt der Pflichtteilsberechtigte Klage
Das Oberlandesgericht Brandenburg hatte über die Frage zu befinden, innerhalb welcher Zeit ein Erbe bei einem Pflichtteilsstreit ein von dem Pflichtteilsberechtigten gefordertes notarielles Nachlassverzeichnis vorlegen muss.
In der Angelegenheit hatte ein Pflichtteilsberechtigter am 06.10.2022 einen Erben aufgefordert, bis zum 01.11.2022 ein notarielles Nachlassverzeichnis über den Bestand des Nachlasses vorzulegen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.11.2022 ließ der Erbe den Pflichtteilsberechtigten wissen, dass man einen Notar mit der Erstellung des Nachlassverzeichnisses beauftragt habe.
Pflichtteilsberechtigter macht seinen Anspruch durch Klage geltend
Nachdem der Pflichtteilsberechtigte nach diesem Schreiben des Anwalts des Erben vom 21.11.2022 von der Gegenseite nichts weiter hörte, entschloss er sich am 25.01.2023 seinen Anspruch auf das notarielle Nachlassverzeichnis mit einer Klage bei Gericht geltend zu machen.
Der Erbe erkannte den durch die Klage geltend gemachten Anspruch des Pflichtteilsberechtigten vor Gericht sofort an.
In der Folge erließ das Gericht gegen den Erben ein Anerkenntnisurteil.
Der Pflichtteilsberechtigte soll die Kosten des Verfahrens tragen
Die Kosten des Rechtsstreits erlegte das Gericht nach § 93 ZPO aber dem Pflichtteilsberechtigten als Kläger auf, da der Erbe durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage keine Veranlassung gegeben habe.
Diese Kostenentscheidung wollte der Pflichtteilsberechtigte aber nicht hinnehmen und legte sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.
Das OLG hielt die Kostenentscheidung des Ausgangsgerichts aber für zutreffend und wies die Beschwerde als unbegründet ab.
OLG gibt dem Landgericht Recht
Das Landgericht sei, so die Rechtsmeinung des OLG, zutreffend davon ausgegangen, dass der Erbe keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben habe.
Der Pflichtteilsberechtigte habe keine Veranlassung gehabt, der Mitteilung des Erben, wonach er einen Notar beauftragt habe, zu misstrauen.
Die Einreichung einer Klage nur drei Monate nach der Mitteilung des Erben, alles Erforderliche in die Wege geleitet zu haben, sei verfrüht gewesen.
Der Notar kann sich drei bis vier Monate Zeit lassen
Dies umso mehr, als der Pflichtteilsberechtigte sich vor Klageeinreichung bei dem Erben nach dem Stand der Dinge habe erkundigen können.
Schließlich müsse man einem Notar, der mit der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses beauftragt ist, für die Bearbeitung einen Zeitraum von drei bis vier Monaten zubilligen.
Im Ergebnis blieb damit der Pflichtteilsberechtigte auf den Kosten für seine Klage sitzen.
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