Erbe erkennt den Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten vor Gericht an – Wer trägt die Kosten des Klageverfahrens?
LG Hamburg – Beschluss vom 09.06.2021 – 319 T 21/21
- Pflichtteilsberechtigter verklagt den Erben auf Auskunft über den Nachlass
- Erbe erkennt den Auskunftsanspruch vor Gericht an
- Pflichtteilsberechtigter muss die Kosten des Verfahrens tragen
Das Landgericht Hamburg hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, wer in einem Pflichtteilsstreit die Kosten einer Auskunftsklage zu übernehmen hat.
In der Angelegenheit hatte ein Pflichtteilsberechtigter den Erben auf Erteilung von Auskunft durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses über die Zusammensetzung des Nachlasses in Anspruch genommen.
Der Pflichtteilsberechtigte hatte seine Klage offensichtlich sofort bei Gericht eingereicht, ohne den Erben vorprozessual zur Erteilung der Auskunft aufzufordern.
Erbe erkennt den Auskunftsanspruch an
Das zuständige Amtsgericht ordnete nach Eingang der Klage die Durchführung eines schriftlichen Vorverfahrens an und setzte dem Erben eine Frist zur Anzeige seiner Verteidigungsbereitschaft.
Noch innerhalb dieser laufenden Frist erkannte der Erbe den vom Pflichtteilsberechtigten geltend gemachten Auskunftsanspruch vor Gericht an.
Das Gericht erließ daraufhin ein Anerkenntnisurteil. Die Kosten des Klageverfahrens sollte nach diesem Urteil allerdings der Pflichtteilsberechtigte tragen.
Die Regelung zur Kostentragung bei Anerkenntnis in der ZPO
Das Amtsgericht bezog sich dabei zur Begründung der Kostenentscheidung auf § 93 ZPO (Zivilprozessordnung):
Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.
Mit der Kostenentscheidung des Amtsgerichts war der Erbe allerdings nicht einverstanden und legte sofortige Beschwerde zum Landgericht ein.
Beschwerde des Pflichtteilsberechtigten wird zurückgewiesen
Der Erbe sah den Pflichtteilsberechtigten in der Kostenpflicht, nachdem seiner Klage ja stattgegeben worden war.
Das Landgericht wies die Beschwerde des Erben aber als unbegründet zurück.
Das Beschwerdegericht erkannte dabei zwar an, dass nach verbreiteter Meinung in der Rechtsprechung ein sofortiges Anerkenntnis den Beklagten nur dann gegen die Pflicht zur Übernahme der Kosten schützt, wenn der Beklagte
„zugleich oder zeitnah im Rahmen seiner Möglichkeiten den Klageanspruch erfüllt bzw. Erfüllungsbereitschaft zeigt.“
Eine unverzügliche Erfüllung des Auskunftsanspruchs war in Anbetracht der Tatsache, dass der Erbe ein von einem Notar erstelltes Nachlassverzeichnis vorzulegen hatte, eher ausgeschlossen.
Wann muss der anerkannte Anspruch erfüllt werden?
Das Landgericht verwies in seiner Entscheidung allerdings darauf, dass es dem Gesetzestext in § 93 ZPO nicht zu entnehmen sei, dass der anerkannte Anspruch unverzüglich zu erfüllen sei.
Das Landgericht lies es vielmehr für die Anwendung der Kostenregelung in § 93 ZPO ausreichen, dass der Erbe dem Pflichtteilsberechtigten durch sein Anerkenntnis einen Vollstreckungstitel verschafft habe.
Im Ergebnis musste der Pflichtteilsberechtigte nach dieser Entscheidung die Kosten des Gerichtsverfahrens tragen.
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