In Hamburg findet man fast keinen Notar, der bereit ist, in einem Streit um den Pflichtteil ein notarielles Nachlassverzeichnis zu erstellen!
- Pflichtteilsberechtigter drängt auf Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses
- Der Erbe hat massive Schwierigkeiten, überhaupt einen Notar zu finden, der das Verzeichnis erstellt
- Gerichtliche Maßnahmen des Pflichtteilsberechtigten scheitern
Einer neueren Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg ist zu entnehmen, dass Hamburg nicht unbedingt ein guter Ort ist, um einen Pflichtteilsanspruch durchzusetzen (OLG Hamburg, Beschluss vom 28.01.2025, 2 W 64/24).
Der der Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt hätte sich so oder sehr ähnlich auch an jedem anderen Ort in Deutschland abspielen können.
In der Angelegenheit hatte ein Pflichtteilsberechtigter von seinem (guten) Recht Gebrauch gemacht und einen Alleinerben aufgefordert, ein notarielles Nachlassverzeichnis vorzulegen.
Der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten wird vom Erben sofort anerkannt
In der Sache war die Erblasserin am 08.05.2024 verstorben.
Bereits am 27.05.2024 forderte der Pflichtteilsberechtigte den Erben auf, bis zum 12.06.2024 den Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten anzuerkennen und bis zum 17.06.2024 (!) ein notarielles Nachlassverzeichnis vorzulegen.
Bereits am 03.06.2024 reagierte der Erbe und teilte dem Pflichtteilsberechtigten mit, dass er den Auskunftsanspruch anerkennen würde.
Die Notare sagen dem Erben reihenweise ab
Am 12.06.2024 ließ der Erbe den Pflichtteilsberechtigten wissen, dass „sich die bisher angefragten Notare „leider“ aus terminlichen Gründen nicht in der Lage sehen, ein Nachlassverzeichnis zeitnah aufzunehmen.“
Der Erbe teilte weiter mit, dass er inzwischen sämtliche Hamburger Notariate abtelefoniert habe und sich lediglich zwei Notariate sich in der Lage sehen würden, ein notarielles Nachlassverzeichnis aufzunehmen, allerdings mit einer Wartezeit von etwa einem Jahr.
Diese Nachrichten des Erben waren für den Pflichtteilsberechtigten offenbar nicht zufrieden stellend.
Der Pflichtteilsberechtigte will die Sache gerichtlich klären lassen
Der Pflichtteilsberechtigten ging nämlich bereits am 05.08.2024 zu Gericht und beantragte dort Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Auskunft und Zahlung gegen den Erben.
Dieser Prozesskostenhilfeantrag wurde aber vom Gericht mit der Begründung abgewiesen, dass der Antrag vom Pflichtteilsberechtigten viel zu früh und damit mutwillig gestellt worden sei.
Folgende Punkte waren für die Abweisung des Prozesskostenhilfeantrags entscheidend:
- Der Erbe hatte den Pflichtteils- sowie den Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten zu keinem Zeitpunkt bestritten, sondern vielmehr unverzüglich anerkannt.
- Ein Notar habe mindestens vier Monate Zeit, um ein Nachlassverzeichnis zu erstellen.
- Die Vier-Monatsfrist könne sich in schwierigen Fällen auch verlängern.
- Den Gerichten ist bekannt, „dass es sich unter Umständen äußerst schwierig gestaltet, in Hamburg einen Notar zu finden, der bereit ist, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen“.
Im zu entscheidenden Fall war die Vorgehensweise des Pflichtteilsberechtigten gegen den Erben etwas zu ungestüm.
Gerichtliche Hilfe, sei es in Form von Prozesskostenhilfe oder in Form der Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den Erben, sollte man als Pflichtteilsberechtigter nicht zu früh und jedenfalls nicht vor Ablauf einer Frist von mindestens vier Monaten in Anspruch nehmen.
Geht man zu früh zu Gericht, dann hat man, wie in dem vom OLG entschiedenen Fall, die Kosten des Verfahrens zu übernehmen.
Wenn Sie in Ihrer Angelegenheit anwaltliche Hilfe benötigen, dann können Sie hier Kontakt aufnehmen.
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