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Auskunft beim Pflichtteil – Nachlassverzeichnis muss vom Notar selber erstellt werden

Von: Dr. Georg Weißenfels

LG Kleve – Teilurteil vom 09.01.2015 – 3 O 280/14

  • Erbin legt ein mangelhaftes notarielles Nachlassverzeichnis vor
  • Klage des Pflichtteilsberechtigten auf Nachbesserung ist erfolgreich
  • Ein Notar darf sich nicht nur auf Angaben des Erben verlassen

Das Landgericht Kleve hatte in einem Streit zwischen einem Pflichtteilsberechtigten und der vom Erblasser in seinem Testament eingesetzten Alleinerbin darüber zu befinden, ob ein von der Alleinerbin vorgelegtes Nachlassverzeichnis den gesetzlichen Anforderungen entspricht.

Der Erblasser hatte in der Angelegenheit am 06.12.2007 ein Testament errichtet. In diesem Testament setzte er seine Lebensgefährtin als alleinige Erbin ein. Mit dieser Entscheidung hatte der Erblasser aber auch seine beiden Kinder, einen Sohn und eine Tochter, enterbt.

Nach dem Eintritt des Erbfalls machte der Sohn bei der Alleinerbin Pflichtteilsansprüche geltend. Die Alleinerbin zahlte an den Sohn des Erblassers daraufhin einen Betrag in Höhe von 15.860,05 Euro.

Erbin soll über den Bestand des Nachlasses Auskunft erteilen

Dies schien dem Sohn und Pflichtteilsberechtigten jedoch zu wenig. Er machte gegenüber der Erbin von seinem Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB Gebrauch und forderte die Vorlage eines von einem Notar aufgenommenen Nachlassverzeichnisses.

Am 23.06.2014 erstellte dann ein Notar im Auftrag der Erbin dann auch ein solches Verzeichnis über die Aktiva und die Passiva des Nachlasses. Der Notar fügte seiner Aufstellung jedoch folgenden Satz hinzu:

"Alle nachfolgend aufgelisteten Aktiva und Passiva beruhen, soweit sie nicht durch Quittungen oder Bankbestätigungen belegt sind, auf den Angaben der Erschienenen. Der Notar wurde von der Erschienenen nicht beauftragt, den Nachlassbestand selbst zu ermitteln".

Nachdem weitere Informationen von der Erbin nicht zu erlangen waren, erhob der Sohn des Erblassers Klage zu Gericht.

Sohn des Erblassers klagt vor Gericht notarielles Nachlassverzeichnis ein

Im Wege einer Stufenklage beantragte er die Erbin zu verurteilen, ihm Auskunft über Bestand und Verbleib des Nachlasses seines Vaters zu erteilen und zwar durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses.

Die Erbin beantragte die Klage abzuweisen, da sie den geltend gemachten Auskunftsanspruch durch Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses doch bereits erfüllt habe.

Das Landgericht Kleve gab der auf Auskunft gerichteten Klage in vollem Umfang statt.

Notar muss den Bestand des Nachlasses selber ermitteln

In der Begründung seiner Entscheidung wies das Gericht darauf hin, dass die beklagte Erbin den Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses noch nicht erfüllt habe.

Ausweislich des von der Erbin vorgelegten Verzeichnisses habe der Notar den Bestand des Nachlasses nicht selber ermittelt, sondern lediglich die Angaben der Erbin selber zusammengefasst.

Ein notarielles Nachlassverzeichnis nach § 2314 BGB setze, so das LG Kleve mit Hinweis auf Rechtsprechung des BGH, allerdings eine eigene Ermittlungstätigkeit durch den Notar voraus. Der Notar sei zu eigenen Ermittlungen berechtigt und verpflichtet.

Notare müssen selber ermitteln

Soweit einzelne Notare keine Bereitschaft zeigten, im Falle eines Nachlassverzeichnisses nach § 2314 BGB entsprechend eigene Aktivitäten zu entfalten, sei auch über dienstrechtliche Konsequenzen gegenüber dem Notar nachzudenken.

Im Ergebnis war das von der Erbin vorgelegte Verzeichnis demnach nicht ausreichend.

Die Erbin musste abermals einen Notar beauftragen und dem Notar dieses Mal aufgeben, eigene Ermittlungen über den Bestand des Nachlasses anzustellen.

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