Wann verjährt der Pflichtteil eines nichtehelichen Kindes?
BGH - Urteil vom 12.03.2025 - IV ZR 88/24
- Nichteheliche Tochter lässt die Vaterschaft des Erblassers erst fünf Jahre nach dem Erbfall feststellen
- Sechs Jahre nach dem Erbfall klagt die Tochter ihren Pflichtteil ein
- In drei gerichtlichen Instanzen wird über die Verjährung des Pflichtteils gestritten
Wenn ein Kind von einem Elternteil enterbt wurde, dann steht dem Kind nahezu immer ein Recht auf seinen Pflichtteil zu.
In aller Regel hat das enterbte Kind nach dem Tod des Elternteils auch genügend Zeit, seinen Pflichtteilsanspruch bei dem Erben geltend zu machen und nötigenfalls auch mit einer Klage vor Gericht durchzusetzen.
Der Anspruch auf den Pflichtteil verjährt nämlich nach dem Gesetz in drei Jahren.
Der Pflichtteil verjährt in drei Jahren
Diese Drei-Jahres-Frist beginnt regelmäßig mit dem Schluss des Jahres, in dem der Pflichtteilsberechtigte von dem Erbfall, von dem Testament des Erblassers und der Person des Erben Kenntnis erlangt hat.
In der Praxis beginnt die Drei-Jahres-Frist in der Regel mit dem Schluss des Jahres, in dem der Pflichtteilsberechtigte vom Nachlassgericht im Rahmen der Testamentseröffnung vom Tod des Elternteils, von dem Testament und von der Person des Erben informiert wurde.
Wenn der Anspruch auf den Pflichtteil vom Pflichtteilsberechtigten nicht innerhalb der vorbeschriebenen Drei-Jahres-Frist vor Gericht geltend gemacht wird, dann ist der Anspruch verjährt und kann nicht mehr erfolgreich eingeklagt werden.
Wann beginnt die Drei-Jahres-Frist bei der Verjährung zu laufen?
Diese eigentlich klaren Regeln können in Sonderfällen heftig umstritten sein.
So zum Beispiel in einem im Jahr 2025 vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall, in dem eine nichteheliche Tochter eines Erblassers ihren Pflichtteil einforderte.
Der leibliche Vater der Tochter hatte in einem Testament vom 07.02.2017 seinen Lebensgefährten als Alleinerben eingesetzt und damit seine Tochter enterbt.
Im August 2017 verstarb der Erblasser, wovon die Tochter Kenntnis hatte.
Der Pflichtteil wird sechs Jahre nach dem Erbfall eingeklagt
Erst im Jahr 2022 und damit nach Ablauf der Verjährungsfrist leitete die Tochter ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren gegen ihren verstorbenen Vater ein.
Noch im Jahr 2022 wurde dann vom zuständigen Amtsgericht festgestellt, dass der im Jahr 2017 verstorbene Erblasser der leibliche Vater seiner Tochter ist.
Das Vaterschaftsfeststellungsverfahren wurde von der Tochter vor dem Hintergrund der Regelung in § 1600d Abs. 5 BGB betrieben:
„Die Rechtswirkungen der Vaterschaft können, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden.“
Nach erfolgreicher Feststellung der Vaterschaft erhob die Tochter im Jahr 2023 gegen den Erben ihres verstorbenen Vaters Klage auf ihren Pflichtteil.
Der Bundesgerichtshof hebt das Urteil des OLG auf
In dem gerichtlichen Klageverfahren wurde im Wesentlichen über die Frage gestritten, ob der Pflichtteilsanspruch der Tochter der Verjährung unterliegt oder nicht.
Das Landgericht wies die Klage der Tochter wegen Verjährung ab. Das Oberlandesgericht hob das Urteil aus erster Instanz auf und urteilte, dass der Pflichtteil der Tochter nicht verjährt sei.
In der Revision hob der BGH das Urteil des OLG auf.
Der BGH hielt in seinem Urteil ausdrücklich fest, dass im zu entscheidenden Fall eine Verjährung des Pflichtteils möglicherweise eingetreten sein könnte, obwohl die nichteheliche Tochter unstreitig bis zum Abschluss des Vaterschaftsfestellungs-verfahrens im Jahr 2022 keine Kenntnis von ihrer Abstammung hatte, da der Erblasser, der zum Zeitpunkt der Geburt seiner Tochter nicht mit ihrer Mutter verheiratet war, die Vaterschaft weder anerkannt hatte noch seine Vaterschaft vor dem Jahr 2022 gerichtlich festgestellt worden war.Wenn Sie in Ihrer Angelegenheit anwaltliche Hilfe benötigen, dann können Sie hier Kontakt aufnehmen.
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