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Pflichtteil – Notarielles Nachlassverzeichnis ist grob mangelhaft – Der Notar muss ein neues Nachlassverzeichnis erstellen

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Celle – Urteil vom 29.10.2020 – 6 U 34/20

  • Notar erstellt ein ersichtlich mangelhaftes Nachlassverzeichnis
  • Pflichtteilsberechtigter klagt auf Vorlage eines neuen Nachlassverzeichnisses
  • Gerichte geben der Klage in vollem Umfang statt

Das Oberlandesgericht Celle hatte im Rahmen eines Pflichtteilsstreits über die Güte eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu urteilen.

In der Angelegenheit war der Erblasser am 13.06.2016 verstorben.

Der Erblasser hatte seine Ehefrau als alleinige Erbin eingesetzt. Seinen Sohn hatte der Erblasser von der Erbfolge ausgeschlossen.

Der Sohn des Erblassers forderte nach dem Eintritt des Erbfalls seinen Pflichtteil. Zu diesem Zweck begehrte der Pflichtteilsberechtigte von der Alleinerbin Auskunft über die Zusammensetzung des Nachlasses.

Privates Nachlassverzeichnis ist nicht zufriedenstellend

Ein von der Erbin in diesem Zusammenhang übergebenes privates Nachlassverzeichnis war offenbar nicht sonderlich überzeugend.

Der Pflichtteilsberechtigte sah sich nämlich veranlasst, mit Schreiben vom 08.05.2017 bei der Erbin ein notarielles Nachlassverzeichnis anzufordern.

Am 15.01.2018 übersandte der von der Erbin beauftragte Notar schließlich dem Erben das notarielle Nachlassverzeichnis.

Aber auch dieses von einem Notar erstellte Nachlassverzeichnis war offenbar grob lückenhaft.

Pflichtteilsberechtigter erhebt Klage gegen die Erbin

Der Pflichtteilsberechtigte sah sich nämlich veranlasst, die Erbin im Rahmen einer Stufenklage auf Vorlage eines ordnungsgemäßen notariellen Nachlassverzeichnisses vor dem Landgericht in Anspruch zu nehmen.

Die Erbin verkündete in diesem Klageverfahren dem Notar den Streit, woraufhin der Notar dem Verfahren auf Seiten der Erbin beitrat.

Mit ihrer Auffassung, wonach das vorgelegte notarielle Nachlassverzeichnis vollständig und nicht zu beanstanden sei, konnten die Erbin und der Notar das Landgericht allerdings nicht überzeugen.

Landgericht gibt der Klage des Pflichtteilsberechtigten statt

Das Landgericht verurteilte die Erbin nämlich antragsgemäß zur Vorlage eines – ordnungsgemäßen – notariellen Nachlassverzeichnisses.

Gegen dieses Urteil des Landgerichts legte der Notar für die Erbin Berufung zum Oberlandesgericht ein.

Das OLG teilte aber die Rechtsauffassung des Ausgangsgerichts und wies die Berufung als unbegründet ab.

Nachlassverzeichnis erfüllt nicht einmal die Mindestanforderungen

In der Begründung seiner Entscheidung verwies das OLG darauf, dass die Erbin ihre Verpflichtung, ein ordnungsgemäßes notarielles Nachlassverzeichnis vorzulegen, bis zuletzt nicht nachgekommen sei.

Das bisher vorgelegte notarielle Nachlassverzeichnis würde, so das OLG, nicht einmal Mindestanforderungen genügen.

Ein Notar müsse „den Bestand des Nachlasses selbst und eigenständig ermitteln“ und nicht lediglich eine Plausibilitätsprüfung der Angaben des Erben vornehmen.

Dabei habe „er diejenigen Nachforschungen anzustellen, die ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde.“

Notar stellt keine eigenen Ermittlungen an

Vor diesem Hintergrund monierte das OLG, dass u.a. die Angaben in dem notariellen Nachlassverzeichnis zu Kunstgegenständen und Schmuck des Erblassers nicht nachvollziehbar seien.

Weiter sei der Notar Anhaltspunkten zu Konten und einem Wertpapierdepot des Erblassers nicht weiter nachgegangen.

Auch eigene Ermittlungen des Notars zu pflichtteilsrelevanten Versicherungen oder Steuerrückerstattungen des Erblassers hatten offenbar nicht stattgefunden.

Schließlich blieben auch die Angaben des Notars zu pflichtteilsrelevanten Schenkungen des Erblassers so vage, dass der Pflichtteilsberechtigte mit den Angaben nichts anfangen konnte.

Nachdem es vorliegend auch nicht nur um geringfügige Unvollständigkeiten des Nachlassverzeichnisses ging, akzeptierte das OLG ebenfalls die Verurteilung der Erbin zur Vorlage eines komplett neuen notariellen Nachlassverzeichnisses.

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