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Pflichtteilsberechtigter hat in aller Regel ein Recht auf Grundbucheinsicht

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Zweibrücken – Beschluss vom 12.08.2020 – 3 W 121/19

  • Mutter enterbt ihren Sohn und entzieht ihm den Pflichtteil
  • Sohn beantragt nach dem Ableben seiner Mutter Grundbucheinsicht
  • Grundbucheinsicht darf nicht mit Hinweis auf den Entzug des Pflichtteils verweigert werden

Das Oberlandesgericht Zweibrücken hatte über einen Antrag auf Grundbucheinsicht eines Pflichtteilsberechtigten zu entscheiden.

In der Angelegenheit hatte eine Mutter ihren Sohn in einem notariellen Testament von der Erbfolge ausgeschlossen.

Damit ließ es die Mutter aber nicht bewenden, sondern sie ordnete in dem Testament gleichzeitig an, dass sie ihrem Sohn den Pflichtteil entzieht.

Entzug des Pflichtteils wird im Testament nur dürftig begründet

Dieser Pflichtteilsentzug wurde von der Mutter in dem Testament mit folgenden Worten begründet:

Darüber hinaus entziehe ich ihm sein gesetzliches Geldpflichtteil gem. § 2333 BGB, da er einerseits mich mehrfach tätlich angegriffen hat (Zeuge: (...) und Nachbar (...)) und andererseits er gegen meinen Willen einen ehrlosen aber auch unsittlichen Lebenswandel im Sinne des § 2333 Ziff. 5 BGB führt.

Nach dem Tod der Mutter machte der so enterbte Sohn sein Pflichtteilsrecht geltend.

Sohn beantragt umfassende Grundbucheinsicht

Um die Grundlagen für seinen Pflichtteilsanspruch zu klären, beantragte der Sohn beim zuständigen Grundbuchamt

„die Erteilung eines amtlichen Grundbuchausdrucks für sämtliche im (Mit-)Eigentum seiner verstorbenen Mutter stehenden Grundstücke im Grundbuchbezirk sowie einer Abschrift sämtlicher Übertragungsverträge zu den Grundstücken.“ 

Das Grundbuchamt verweigerte dem Antragsteller allerdings die begehrte Auskunft.

Das Grundbuchamt begründete seine Haltung u.a. mit dem Umstand, dass der Betroffene durch das Testament seiner Mutter von der Erbfolge ausgeschlossen und ihm darüber hinaus der Pflichtteil entzogen worden sei.

Sohn legt Beschwerde zum OLG ein

Gegen diese Entscheidung legte der Betroffene Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Das OLG gab der Beschwerde statt.

In der Begründung seiner Entscheidung wies das OLG darauf hin, dass ein Antrag auf Grundbucheinsicht nach § 12 Abs. 1 GBO grundsätzlich immer dann gerechtfertigt sei,

„wenn ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse des Antragstellers vorliegt.“

Ein solches Interesse sei, so das OLG, beim Pflichtteilsberechtigten grundsätzlich anerkannt.

Ist der Entzug des Pflichtteils offenkundig gerechtfertigt?

Den Erwägungen des Grundbuchamts, dass dem Pflichtteilsberechtigten dann die Einsicht in das Grundbuch verweigert werden könne, wenn ihm der Pflichtteil entzogen worden sei, wollte sich das OLG nicht anschließen.

Eine Verweigerung der Grundbucheinsicht sei in solchen Fällen allenfalls dann denkbar, wenn der Entzug des Pflichtteils offenkundig gerechtfertigt sei.

Ein solcher Fall sei aber ersichtlich nicht gegeben, da die Angaben der Mutter in ihrem Testament zu den Gründen, die den Entzug des Pflichtteils rechtfertigen sollten, entgegen § 2336 Abs. 2 BGB viel zu vage ausgefallen waren.

Es sei daher fern liegend, dass die von der Mutter in ihrem Testament angeführten Gründe den Entzug des Pflichtteils rechtfertigen würden.

Im Ergebnis musste das Grundbuchamt dem Pflichtteilsberechtigten daher die beantragte Auskunft in vollem Umfang gewähren.

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