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Gemälde ist nicht im Werkkatalog verzeichnet – Gemälde ist möglicherweise Beutekunst – Was bedeutet das für den Pflichtteil?

Von: Dr. Georg Weißenfels

LG Köln – Urteil vom 06.04.2016 – 4 O 118/03

  • Erbe und Pflichtteilsberechtigter streiten über den Wert von Gemälden
  • Gericht stellt alleine auf den Wert der Kunstgegenstände zum Zeitpunkt des Erbfalls ab
  • Angelegenheit wird in Berufungsinstanz verglichen

Das Landgericht Köln hatte im Rahmen eines Pflichtteilsstreits darüber zu entscheiden, mit welchem Wert zwei Gemälde in Ansatz zu bringen sind, deren Authentizität und Herkunft streitig waren.

Der Erblasser war in der Angelegenheit am 18.11.2002 verstorben.

In seinem Testament vom 06.09.2002 hatte der Erblasser seine zweite Ehefrau und zwei Kinder aus erster Ehe als Erben eingesetzt.

Ein drittes Kind aus erster Ehe war vom Erblasser in seinem Testament enterbt worden. Dieses dritte Kind forderte nach dem Ableben des Erblassers von den Erben seinen Pflichtteil.

Streitig wurde die Pflichtteilsauseinandersetzung zwischen den Erben und dem Pflichtteilsberechtigten auch wegen der Zugehörigkeit zweier Gemälde zum Nachlass. Über den Wert dieser Gemälde waren die Parteien diametral unterschiedlicher Auffassung.

Echtheit des Gemäldes ist fraglich

Bei dem einen Bild war nämlich im Zeitpunkt des Erbfalls nicht klar, ob es tatsächlich ein Original eines bestimmten Künstlers war. Im Werkkatalog des betreffenden Künstlers war das Gemälde zumindest zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht aufgeführt.

Bei dem anderen Gemälde war zum Zeitpunkt des Erbfalls in einer Datenbank einer Kunstplattform als Beutekunst des zweiten Weltkrieges verzeichnet.

Diese Fakten waren zwischen den Parteien des Rechtsstreits soweit unstreitig.

Zu beiden Gemälden vertraten die Erben vor diesem Hintergrund die Auffassung, dass die Gemälde zu entscheidenden Zeitpunkt des Erbfalls unverkäuflich gewesen seien und entsprechend einen Wert von 0 Euro hatten. Auf den Pflichtteilsanspruch hätten die beiden Gemälde, so die Ansicht der Erben, keinen Einfluss.

Pflichtteilsberechtigter legt Privatgutachten vor

Der Pflichtteilsberechtigte sah dies naturgemäß anders. Er legte in dem Verfahren Privatgutachten vor, wonach das erste Gemälde tatsächlich von dem Künstler stammte, dem es zugeschrieben wurde. Unabhängig von der Tatsache, dass das Gemälde nicht im offiziellen Werkverzeichnis des Künstlers enthalten war, bezifferte der private Sachverständige das Gemälde mit einem Wert von 5 Mio. Euro.

Auch in Bezug auf das Gemälde, das im Verdacht stand, Beutekunst zu sein, war nach Angaben eines ebenfalls vom Pflichtteilsberechtigten eingeschalteten Gutachter nie Raubkunst.

Das Landgericht setzte einen eigenen Sachverständigen auf die entscheidende Frage an, welchen Wert die Gemälde zum Zeitpunkt des Erbfalls gehabt hatten.

Gerichtsgutachter stützt die Auffassung der Erben

Dieser gerichtliche Sachverständige kam in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass das zum Zeitpunkt des Erbfalls in dem Register für Beutekunst eingetragene Gemälde einen Wert von 0 Euro hatte, da es aufgrund der Eintragung in dem Register unverkäuflich gewesen sei.

Und auch das zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht als echt anerkannte Gemälde wurde vom Gericht mit 0 Euro bewertet.

Für das Gericht waren mithin bezüglich beider Gemälde die Umstände zum Zeitpunkt des Erbfalls für die Bewertung der Gemälde entscheidend.

Soweit der Pflichtteilsberechtigte seine gegen die Erben gerichtete Klage mithin auf den Wert der beiden Gemälde gründete, wurde seine Klage vom Landgericht abgewiesen.

Vor dem OLG kommt ein Vergleich zustande

Dass die Angelegenheit doch vielschichtiger war, als in der Entscheidung des Landgerichts angenommen, bewies der weitere Verlauf der Angelegenheit.

Der Pflichtteilsberechtigte ging nämlich vor dem Oberlandesgericht gegen die Entscheidung erster Instanz in Berufung.

Dort verglichen sich die beiden Streitparteien. Nicht ganz unmaßgeblich an dieser Entwicklung dürfte gewesen sein, dass das Gemälde, dessen Echtheit zunächst bestritten worden war, 11 Jahre nach dem Erbfall als echt anerkannt wurde und im Jahr 2014 für einen Betrag in Höhe von 4 Mio. Euro verkauft wurde.

Auch trug der Pflichtteilsberechtigte bezüglich des Gemäldes, das im Register für Beutekunst aufgeführt war, im weiteren Verfahren vor, dass die Vorraussetzungen für eine Löschung dieses Gemäldes aus dem Register vorliegen würden.

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