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Pflichtteil: Notare haben keine Lust auf die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses – Ist der Erbe damit aus dem Schneider?

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Düsseldorf – Beschluss vom 31.10.2016 – 7 W 67/16

  • Pflichtteilsberechtigte fordert von der Erbin ein notarielles Nachlassverzeichnis
  • Erbin berichtet von 27 Absagen von angefragten Notaren
  • Gericht verhängt trotzdem ein Zwangsgeld gegen die Erbin

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte in einer vollstreckungsrechtlichen Angelegenheit darüber zu befinden, wie intensiv sich ein Erbe in einem Pflichtteilsstreit um die Beibringung eines notariellen Nachlassverzeichnisses kümmern muss.

Der Fall begann als gewöhnlicher Pflichtteilsstreit. Der Erblasser hatte seine Tochter enterbt. Die Tochter machte gegenüber der alleinigen Erbin nach dem Eintritt des Erbfalls ihren Anspruch auf den Pflichtteil geltend.

Nachdem außergerichtlich keine Einigung zu erzielen war, ging die Sache vor Gericht. Die Pflichtteilsberechtigte erstritt dort ein Urteil, wonach die Erbin verpflichtet war, der Pflichtteilsberechtigten durch die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu erteilen.

Erbin muss notarielles Nachlassverzeichnis vorlegen

Die Pflichtteilsberechtigte forderte die Erbin daraufhin unter Fristsetzung auf, ein entsprechendes Nachlassverzeichnis von einem Notar errichten zu lassen.

Die Erbin ließ ihren Anwalt daraufhin ausweichend antworten, wonach man doch an einer Einigung interessiert und ein notarielles Nachlassverzeichnis vor diesem Hintergrund gegebenenfalls überflüssig sei.

Die Pflichtteilsberechtigte wollte sich aber nicht hinhalten lassen und beantragte gegen die Erbin bei Gericht die Festsetzung eines Zwangsgeldes, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen.

27 Notare weigern sich, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen

In diesem Verfahren zur Festsetzung des Zwangsgeldes kam dann Erstaunliches zu Tage: Die Erbin trug nämlich vor, dass sie insgesamt 27 Notare in Düsseldorf und Umgebung angeschrieben und sich von allen Notaren eine Absage eingehandelt hätte. Kein einziger Notar sei willens gewesen, das Nachlassverzeichnis zu errichten.

Der Einzelrichter des Landgerichts war von diesem Vortrag offensichtlich beeindruckt und wies den Antrag auf Festsetzung des Zwangsgeldes zurück. Begründet wurde die Zurückweisung des Antrags unter anderem mit dem Argument, dass die Pflichtteilsberechtigte selber einen Notar mit der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses beauftragen könne.

Gegen diesen Beschluss legte die Pflichtteilsberechtigte Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Das OLG hob den Beschluss des Landgerichts auf und verhängte gegen die Erbin antragsgemäß ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro.

Erbin hätte gegen Notare vorgehen müssen

Das OLG ließ die Erbin in der Begründung seiner Entscheidung wissen, dass sie verpflichtet sei, die Mitwirkung eines Notars bei der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses „mit der gebotenen Intensität einzufordern, die ihr zustehenden tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen und den Dritten zu einer Mitwirkung zu bewegen.“

Dieser Verpflichtung sei die Erbin, so das OLG, trotz unterstellter Kontaktaufnahme zu 27 Notaren nicht nachgekommen.

Nach § 15 Abs. 1 BNotO dürfe ein Notar seine Urkundstätigkeit nämlich nicht ohne triftigen Grund verweigern. Verweigert sich ein Notar ohne Grund, könne gegen den Notar nach § 15 Abs. 2 BNotO Beschwerde zum Landgericht erhoben werden. Dieses Rechtsmittel hätte die Erbin, so das OLG, nutzen müssen.

Im Ergebnis musste sich die Erbin also wieder auf die Suche nach einem arbeitswilligen Notar machen.

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