Rechtsanwalt Dr. Georg Weißenfels ・ Theresienstraße 1 ・ 80333 München

Notarielles Nachlassverzeichnis beim Pflichtteil – Was tun, wenn der Notar den Nachlass nur halbherzig ermittelt?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Ein Notar muss die Grundlagen für den Pflichtteil selbständig ermitteln
  • Im Zweifel sind vom Notar Kontoauszüge des Erblassers für die letzten 10 Jahre zu überprüfen
  • Ist das notarielle Nachlassverzeichnis mangelhaft, drohen dem Erben Zwangsgelder

Wenn ein naher Angehöriger nach dem Erbfall erfährt, dass er vom Erblasser in einem Testament oder in einem Erbvertrag von der Erbfolge ausgeschlossen wurde, dann ist der Betroffene aus zweierlei Gründen nicht zu beneiden.

Zum einen steht für den enterbten Abkömmling oder auch den enterbten Ehepartner des Erblassers mit der Nachricht von seiner Enterbung fest, dass er am Nachlass des Verstorbenen nur in einem reduzierten Umfang partizipiert.

Hat der Betroffene diese Information erst einmal verdaut, dann muss der Pflichtteilsberechtigte weiter davon ausgehen, dass auch die Geltendmachung und Durchsetzung seines Pflichtteils unter Umständen ein extrem belastendes Unterfangen wird.

Die gesetzliche Konstruktion zum Auskunftsrecht kommt in der Praxis an seine Grenzen

Die Probleme, die der Pflichtteilsberechtigte regelmäßig mit der Realisierung seines Anspruchs bekommt, liegen in der vom Gesetz vorgesehenen Grundkonstellation des Pflichtteilrechts begründet.

Schuldner des Pflichtteils ist nämlich der Erbe.

Gegenüber dem Erben muss der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch beziffert einfordern.

Der Pflichtteilsberechtigte ist oft ahnungslos

Der Pflichtteilsberechtigte hat aber oft keine Ahnung, in welcher Höhe ihm Ansprüche gegen den Erben zustehen, da dem Pflichtteilsberechtigten häufig keine oder nur ungenügende Informationen zu Zusammensetzung und Wert des Nachlasses vorliegen.

Diese Wissenslücke soll, so die Vorstellung des Gesetzes, durch einen umfangreichen Auskunftsanspruch in § 2314 BGB geschlossen werden, der dem Pflichtteilsberechtigten gegen den Erben zusteht.

Der Schuldner eines Anspruchs soll also dafür sorgen, dass der Gläubiger des Anspruchs diejenigen Informationen erhält, die den Gläubiger in die Lage versetzen, seinen Anspruch in voller Höhe realisieren zu können.

Erbe hat keinerlei Interesse daran, alle Karten aufzudecken

Man muss nicht Rechtswissenschaften studiert haben, um ahnen zu können, dass diese Gleichung in vielen Fällen nicht aufgeht.

Der mit dem Pflichtteil belastete Erbe hat überhaupt kein Interesse daran, den Pflichtteilsberechtigten in die Lage zu versetzen, seinen Anspruch in der ihm zustehenden Höhe einfordern zu können.

Vielmehr versucht der Erbe regelmäßig Nachlassvermögen vor dem Pflichtteilsberechtigten zu verschweigen oder zu verschleiern.

Auch ein notarielles Nachlassverzeichnis hilft nur bedingt

In seiner Not versucht der Pflichtteilsberechtigte dann seine Informationsdefizite durch die Anforderung eines „notariellen Nachlassverzeichnisses“ zu beheben.

Alleine der Umstand, dass zu Qualität und Umfang eines solchen notariellen Nachlassverzeichnisses vor deutschen Gerichten regelmäßig heftige gerichtliche Auseinandersetzungen entbrennen, lassen den Pflichtteilsberechtigten ahnen, dass das notarielle Nachlassverzeichnis offenbar auch nicht in jedem Fall eine Gewähr dafür bietet, dass er endlich Klarheit über den Nachlass und seinen Pflichtteil erhält.

Tatsächlich lassen auch notarielle Nachlassverzeichnisse in der Praxis regelmäßig zu wünschen übrig.

Der Notar muss selbständig ermitteln

Dabei lesen sich die einschlägigen Gerichtsurteile zu den Pflichten eines Notars für den Pflichtteilsberechtigten zunächst noch relativ hoffnungsfroh.

So hat z.B. das Oberlandegericht Hamm (Beschluss vom 09.03.2021, Az.: I-10 U 90/20) in einer unlängst veröffentlichen Entscheidung die Pflichten des Notars wie folgt zusammengefasst:

  • Der Notar muss den Bestand des Nachlasses selbst und eigenständig ermitteln.
  • Der Notar darf sich bei seinen Ermittlungen nicht auf die Angaben des Erben beschränken, sondern er muss selber ermitteln.
  • Der Notar muss sowohl den Nachlass selber als auch den so genannten fiktiven Nachlass (Schenkungen des Erblassers!) selbständig ermitteln.
  • Im Zweifel muss der Notar in die vollständigen Kontoauszüge des Erblassers für einen Zeitraum von 10 Jahren vor dem Erbfall Einsicht nehmen. Kosten für die Beibringung der Kontoauszüge sind vom Erben zu tragen.

Diese vom OLG Hamm unter Bezugnahme auf verschiedene obergerichtliche Entscheidungen dargestellten Grundsätze sind eigentlich Binsenweisheiten.

Trotzdem darf man getrost davon ausgehen, dass solche oder ähnliche Auseinandersetzungen, wie vom OLG Hamm entschieden, auch noch in den kommenden Jahren zahllose Gerichte in Deutschland beschäftigen werden.

Wenn Sie in Ihrer Angelegenheit anwaltliche Hilfe benötigen, dann können Sie hier Kontakt aufnehmen.

Das könnte Sie auch interessieren:
Welche Pflichten hat der Notar beim notariellen Nachlassverzeichnis?
Das notarielle Nachlassverzeichnis ist unbrauchbar – Welche Ansprüche hat der Pflichtteilsberechtigte?
Wieder einmal: Notarielles Nachlassverzeichnis beim Pflichtteil erfüllt nicht die gesetzlichen Anforderungen
Über 1.000 aktuelle Entscheidungen der Gerichte zum Erbrecht

  • Brauchen Sie Hilfe beim Erstellen oder Ändern Ihres Testaments?
  • Gerne berate ich Sie auch in allen anderen erbrechtlichen Angelegenheiten.
  • Senden Sie mir über das Kontaktformular oder per Mail eine Nachricht.
  • Gerne besuche ich Sie bei Bedarf auch bei Ihnen zu Hause.
Anwalt für Erbrecht
Rechtsanwalt
Dr. Georg Weißenfels
Theresienstraße 1
80333 München
Telefon: 089 / 20 500 85191

Mit Ihrer umsichtigen Hilfe haben wir die Dinge in die richtige Richtung lenken können; entscheidend war dabei vor allem Ihr erstklassiges schriftsätzliches Vorbringen vor dem Nachlassgericht und Ihre zielgerichteten Verhandlungen mit den anderen Parteien zur Beilegung von festgefahrenen Gegensätzen.

G.v.U. aus Feldafing

Wir verdanken Herrn Dr. Weißenfels ein für alle Seiten positives Ende eines außergerichtlichen Vergleiches, zu dem es ohne seine Taktik und seine starke Positionierung der Fakten nie gekommen wäre. Wir würden Herrn Dr. Weißenfels mit seiner speziellen Kompetenz in Erbsachen jedem guten Freund weiter empfehlen.

D.K. aus Augsburg

Ich möchte mich recht herzlich für die erfolgreiche kompetente Unterstützung und sehr angenehme und schnelle Zusammenarbeit mit Ihnen bedanken. Ich kann Sie an "ALLE Unwissenden in Sachen Erbe" mit gutem (bestem) Gewissen weiterempfehlen.

E.R. aus Teneriffa, Spanien

Für die erfolgreiche Vertretung in meinem Nachlassverfahren ein herzliches DANKE! Herr Dr. Weißenfels arbeitet äußerst professionell, zielbewusst und prägnant. Hervorheben möchte ich auch die stets freundliche, zuverlässige und zeitnahe Kommunikation. Ich habe mich bei ihm zu jeder Zeit "gut aufgehoben" gefühlt.

K.H. aus Marktsteft

Die Professionalität und überaus kompetente Vorgehensweise von Herrn Dr. Weißenfels haben mir meinen Pflichtteil der Erbschaft ermöglicht. Da ich in Österreich lebe und die Erbschaft aus Deutschland kam, wurde mir von ihm in unkompliziertem Schriftverkehr in kürzester Zeit geholfen.

W.J. aus Wien

Ich habe mich bei Ihnen auch dank Ihrer sehr gründlichen Befassung mit dem Hintergrund meines Anliegens auf Grundlage umfangreicher Briefwechsel und Unterlagen, bei gleichzeitig umsichtigen Vorgehen stets in guten und verantwortungsbewussten Händen gewusst.

A.P. aus Wiesbaden

Hier ist man in guten Händen und die Beratung ist exzellent. Ein ehrlicher Anwalt!

M.P. aus München

Wir waren mit der Beratung äußerst zufrieden - Exzellent formulierte Schriftsätze - Zuverlässig in der Kommunikation. Die Ratschläge haben uns sehr weitergeholfen.

U. und F. C. aus München

Erbrecht