Vater enterbt seinen Sohn – Der Enkel kann seinen Pflichtteil fordern
OLG Hamm – Urteil vom 26.10.2017 – 10 U 31/17
- Vater enterbt seine Söhne und setzt seine Lebensgefährtin und seinen Bruder als Erben ein
- Ein Enkel des Erblassers fordert seinen Pflichtteil
- Gericht verurteilt die Erben zur Zahlung einer Millionensumme
Das Oberlandesgericht Hamm hatte darüber zu befinden, ob einem Enkel nach dem Tod seines Großvaters ein Anspruch auf seinen Pflichtteil zusteht.
In der Angelegenheit hatte der Erblasser am 20.04.1989 ein notarielles Testament errichtet. In diesem Testament hatte der Erblasser seine Lebensgefährtin und seinen Bruder als Erben zu je ½ eingesetzt.
Seine beiden Söhne X und Y hatte der Erblasser in seinem Testament von der Erbfolge ausgeschlossen. Er begründete dies in seinem Testament mit dem Umstand, dass seine beiden Söhne rauschgiftsüchtig seien. Außerdem verwies er darauf, dass sein Sohn X sich ihm gegenüber einer gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht habe. Für diese Straftat war der Sohn X auch tatsächlich im Jahr 1987 zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Nach dem Ableben des Erblassers im Jahr 2011 teilten sich die Lebensgefährtin und der Bruder des Erblassers das nicht unbeträchtliche Vermögen. Der Bruder erhielt einen Geldbetrag in Höhe von 1,04 Mio. Euro. Die Lebensgefährtin bekam Immobilien.
Enkel fordert von den Erben seinen Pflichtteil
Im Dezember 2012 erhob ein Sohn des Sohnes X gegen die beiden Erben eine Pflichtteilsklage. Nachdem die Beklagten bestritten hatten, dass der Kläger überhaupt der Enkel des Erblassers sei, legte der klagende Enkel eine zum Nachweis seiner Abstammung eine Geburtsurkunde vor. Diese Urkunde wies den Sohn X des Erblassers als seinen Vater aus.
In der Folge wurden die beiden Beklagten vom Landgericht verurteilt, dem klagenden Enkel des Erblassers Auskunft über den Bestand und den Wert des Nachlasses zu erteilen.
Auf Grundlage der von den beiden Erben erteilten Auskunft bezifferte der klagende Enkel seinen Pflichtteil schließlich auf einen Betrag in Höhe von 936.969,50 Euro. In Höhe eines Betrages von 926.946,16 Euro gab das Landgericht der Klage schließlich statt und verurteilte die beiden Erben als Gesamtschuldner zur Zahlung.
Die Lebensgefährtin des Erblassers akzeptierte das Urteil des Landgerichts. Der Bruder des Erblassers wollte seine Zahlungsverpflichtung nicht hinnehmen und legte gegen das Urteil Berufung zum Oberlandesgericht ein.
Bruder des Erblassers bestreitet die Abstammung des Enkels
Der Bruder des Erblassers monierte, dass die Abstammung des klagenden Enkels nach wie vor nicht geklärt sei. Im Übrigen habe der Erblasser in seinem Testament aus dem Jahr 1989 nicht nur seine beiden Söhne, sondern auch die Abkömmlinge der Söhne von der Erbfolge ausschließen wollen.
Schließlich wandte der Bruder des Erblassers ein, dass die Lebensgefährtin des Erblassers inzwischen vermögenslos und der komplette Pflichtteil mithin von ihm, dem Bruder, zu regulieren sei. Unter Berücksichtigung der von ihm zu entrichtenden Erbschaftsteuer in Höhe von 236.460 Euro müsse er damit im Ergebnis mehr bezahlen, als er überhaupt geerbt habe. Der Bruder machte insoweit geltend, dass er entreichert sei.
OLG weist Berufung als unbegründet zurück
All diese Argumente halfen dem Beklagten jedoch nicht weiter. Die Berufung wurde vom Oberlandesgericht als unbegründet zurückgewiesen.
Dabei verwies das OLG in der Begründung seiner Entscheidung darauf, dass der Pflichtteilsanspruch des Klägers dem Grunde nach gegeben sei, da er mittels der vorgelegten Geburtsurkunde nachgewiesen habe, dass er der Enkel des Erblassers ist.
Für das Pflichtteilsrecht komme es auf die – durch die Geburtsurkunde nachgewiesene – rechtliche Abstammung des Klägers von seinem Vater an. Die – vom Beklagten bestrittene – biologische Abstammung sei hingegen nicht entscheidend.
Weiter sei auch die Enterbung des Sohnes X durch den Erblasser als Voraussetzung für einen Pflichtteilsanspruch des Klägers gegeben und wirksam vom Erblasser in seinem Testament verfügt worden.
Durch die Enterbung des Sohnes habe aber der Enkel weder sein Erb- noch sein Pflichtteilsrecht verloren. Dem Testament des Erblassers könne in diesem Zusammenhang nicht entnommen werden, dass der Erblasser auch Abkömmlinge seiner beiden Söhne habe enterben wollen.
Nachdem der geltend gemachte Pflichtteil auch nicht verjährt war, wurde das Urteil erster Instanz vom OLG bestätigt und der Bruder des Erblassers hatte den Pflichtteil an den Enkel des Erblassers zu bezahlen.
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