Auskunftsanspruch wegen Pflichtteil – Anwaltsschreiben ersetzt kein Bestands- und Vermögensverzeichnis
OLG Köln – Urteil vom 26.09.2014 – 20 U 48/14
- Erbin weigert sich, einem Pflichtteilsberechtigten Auskunft über den Nachlass zu erteilen
- Einwände der Erbin gegen den Auskunftsanpruch überzeugen das Gericht nicht
- Erbin entkommt ihrer Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht
Einen Streit zwischen Pflichtteilsberechtigter und Erbin hatte das Oberlandesgericht Köln zu schlichten.
Die Pflichtteilsberechtigte hatte vor dem Landgericht Köln Klage gegen die Erbin erhoben. Gegenstand der Klage war in erster Stufe die Forderung der Pflichtteilsberechtigten, die Erbin möge ihr über den Bestand des Nachlasses Auskunft erteilen, § 2314 BGB.
Nachdem sich die Parteien in erster Instanz nicht gütlich einigen konnten, verurteilte das Landgericht die Erbin zur Erteilung der von der Pflichtteilsberechtigten begehrten Auskunft.
Erbin legt Berufung zum Oberlandesgericht ein
Die Erbin war mit diesem Urteil allerdings nicht einverstanden und legte Berufung zum Oberlandesgericht ein. Dort konnte man allerdings in der Begründung des Urteils erster Instanz keinen rechtlichen Fehler erkennen und wies die Berufung kostenpflichtig ab.
In der Begründung des Berufungsurteils wies das OLG darauf hin, dass einem Pflichtteilsberechtigten nach § 2314 BGB ein umfassender Auskunftsanspruch gegen den Erben zustehen würde. Der Erbe habe dem Pflichtteilsberechtigten ein Bestands- und Vermögensverzeichnis vorzulegen, das sich nach den in § 260 BGB niedergelegten Grundätzen zu richten habe.
Das Verzeichnis müsse, so das OLG, ein vollständiges und einheitliches Verzeichnis des Erblasservermögens mit allen Aktiv- und Passivwerten sein und hat den Stand des dem Erben hinterlassenen Vermögens zum Todeszeitpunkt zu dokumentieren.
Vorgelegtes Verzeichnis ist unzureichend
Diesen Erfordernissen entsprach aber das von der Erbin im zu entscheidenden Fall vorgelegte Verzeichnis nicht.
Ebenso unbehelflich war der Hinweis der Erbin, wonach der Erblasser selber ca. ein halbes Jahr vor seinem Ableben selber ein Vermögensverzeichnis erstellt habe. Maßgeblich sei insoweit alleine der Bestand des Vermögens zum Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls und nicht ein halbes Jahr zuvor.
Die Pflichtteilsberechtigte könne auch berechtigterweise darauf bestehen, dass das Vermögensverzeichnis von einem Notar aufgenommen wird.
Erbin wendet Überschuldung des Nachlasses ein
Für nicht berechtigt hielten die Richter auch den Einwand der Erbin, wonach der Nachlass überschuldet und sie aus diesem Grund nicht zur Auskunft verpflichtet sei. Die Erbin legte dem Gericht in diesem Zusammenhang einen Darlehensvertrag vor, aus dem sich ergeben sollte, dass sie dem Erblasser vor dessen Ableben ein Darlehen in Höhe von 930.000 Euro gewährt haben wollte.
Hierzu wiesen die Richter darauf hin, dass die Erbin jedenfalls den Nachweis nicht geführt habe, wonach das Darlehen von ihr tatsächlich ausgezahlt bzw. vom Erblasser nicht längst zurückerstattet wurde.
Weiter stand dem Auskunftsanspruch der Pflichtteilsberechtigten nicht der Hinweis der Erbin entgegen, wonach die Pflichtteilsberechtigte zu Lebzeiten des Erblassers Zahlungen von diesem erhalten habe und diese Zahlungen auf den Pflichtteil anzurechnen seien.
Einwände der Erbin stehen einem Auskunftsanspruch nicht entgegen
In diesem Zusammenhang stehe der Erbin gegen den geltend gemachten Auskunftsanspruch kein Zurückbehaltungsrecht zu und eine von der Erbin wegen der behaupteten Zahlungen erhobene Widerklage sei ebenfalls unbegründet.
Die Erbin sei nämlich, so das OLG, auch ohne Kenntnis der genauen Umstände dieser von ihr behaupteten Zahlungen sehr wohl in der Lage, die begehrte Auskunft zu erteilen und ein Nachlassverzeichnis zu erstellen. Ob und in welchem Umfang sich die Pflichtteilsberechtigte eigene lebzeitige Leistungen des Erblassers auf ihren Pflichtteilsanspruch anrechnen lassen muss, sei keine Frage, die es im Rahmen des Auskunftsanspruchs zu klären gelte.
Diese Frage werde erst dann relevant, wenn die Pflichtteilsberechtigte basierend auf der von der Erbin erteilten Auskunft ihren Pflichtteilsanspruch in bezifferter Form geltend mache.
Nach diesen durchaus deutlichen Hinweisen wurde die Berufung abgewiesen.
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