Die dreijährige Verjährungsfrist für den Pflichtteil kann sich drastisch verlängern, wenn der Erbe den Pflichtteilsanspruch anerkannt hat!
- Der Pflichtteil verjährt grundsätzlich in drei Jahren
- Erkennt der Erbe den Pflichtteil an, beginnt die Verjährungsfrist aufs Neue an zu laufen
- Ein Anerkenntnis kann vom Erben ausdrücklich oder auch durch schlüssiges Verhalten erklärt werden
Das Gesetz gewährt dem Pflichtteilsberechtigten grundsätzlich drei Jahre, um seinen Pflichtteilsanspruch geltend zu machen.
Sind drei Jahre verstrichen, dann kann der Erbe gegen den Anspruch auf den Pflichtteil die Einrede der Verjährung geltend machen.
Ist nach drei Jahren die Verjährung eingetreten, dann kann der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch nicht mehr erfolgreich geltend machen.
Klagen vor Gericht werden wegen Verjährung abgewiesen
Beruft sich der Erbe nämlich in einem Gerichtsverfahren auf die eingetretene Verjährung, dann wird die Klage vom Gericht als unbegründet abgewiesen.
Die dreijährige Verjährungsfrist des Pflichtteils beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Pflichtteilsberechtigte von dem Erbfall, dem Erben als Schuldner und dem Testament bzw. Erbvertrag, die seine Enterbung anordnen, Kenntnis erlangt, §§ 195, 199 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).
Ist ein Erbfall zum Beispiel im Jahr 2014 eingetreten, dann haben beispielsweise die durch ein Testament enterbten Kinder des Erblassers bis zum Ende des Jahres 2017 Zeit, ihren Pflichtteil durch Erhebung einer Klage vor Gericht geltend zu machen.
Erben haben es mit der Regulierung des Pflichtteils nie eilig
Verschiedene Faktoren führen in der Praxis zuweilen dazu, dass ein Pflichtteilsanspruch auch nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist noch nicht endgültig geklärt und reguliert ist.
Häufig nehmen pflichtteilsberechtigte Kinder nach dem Tod eines Elternteils aus Pietätsgründen davon Abstand, ihren unstreitigen Pflichtteil bei dem Erben – häufig dem überlebenden Elternteil – einzufordern.
Immer wieder sorgen aber auch Erben selber mit mehr oder weniger offensichtlichen Winkelzügen dafür, dass sich die Klärung von Pflichtteilsansprüchen möglichst in die Länge zieht.
Der Auskunftsanspruch wird vom Erben nur sehr zögerlich erfüllt
So offenbaren Erben im Stadium der Auskunftserteilung häufig nur sehr zögerlich und bruchstückhaft Informationen zu Zusammensetzung und zum Wert des Nachlasses.
Einziger Zweck einer solchen Vorgehensweise durch den Erben ist es oft, dem Pflichtteilsberechtigten die Realisierung seines Anspruchs so schwer wie möglich zu machen und … das vermeintlich rettende Ufer der Verjährung zu erreichen.
Ein solcher zur Verzögerungstaktik neigender Erbe rechnet dabei aber regelmäßig nicht damit, dass die dreijährige Verjährungsfrist für den Pflichtteil in vielen Fällen vom Pflichtteilsberechtigten relativ unproblematisch verlängert werden kann.
Mit einem Anerkenntnis beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen
Ausgangspunkt einer solchen verlängerten Verjährungsfrist ist die Vorschrift in § 212 BGB. Danach gilt folgendes:
Die Verjährung beginnt erneut, wenn der Schuldner (Erbe) dem Gläubiger (Pflichteilsberechtigter) gegenüber den Anspruch … anerkennt.
Bestätigt der Erbe dem Pflichtteilsberechtigten gegenüber also kurz vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist zum Beispiel durch eine Abschlagszahlung oder auch durch ein ausdrückliches Anerkenntnis, dass er den Pflichtteilsanspruch dem Grunde nach für begründet hält, dann beginnt am Tag nach diesem Anerkenntnis eine weitere Dreijahresfrist zu laufen, binnen der der Pflichtteil noch erfolgreich eingeklagt werden kann.
Wie kann ein Anerkenntnis aussehen?
Ein Anerkenntnis im Sinne von § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist
jedes tatsächliche Verhalten des Erben dem Pflichtteilsberechtigten gegenüber, aus dem sich klar und unzweideutig ergibt, dass dem Erben das Bestehen der Schuld bewusst ist, und das deswegen das Vertrauen des Pflichtteilsberechtigten begründet, der Erbe werde sich nicht nach Ablauf der Verjährungsfrist alsbald auf Verjährung berufen (BGH, Urteil vom 04.06.2014, IV ZR 348/13).
Sobald der Erbe mithin gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten zu Verstehen gibt, dass dem Pflichtteilsberechtigten die geltend gemachten Auskunfts- und darauf beruhend die Pflichtteilsansprüche zustehen, wird in aller Regel ein Anerkenntnis im Sinne von § 212 BGB und damit ein Neubeginn der Verjährung vorliegen (OLG Brandenburg, Urteil vom 14.09.2021, 3 U 136/20).
Die Durchsetzung des Pflichtteils ist in diesen Fällen gegebenenfalls auch noch weit nach Ablauf der primären dreijährigen Verjährungsfrist möglich.
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