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Welches Recht ist bei einer Erbschaft in der Türkei anwendbar?

Von: Dr. Georg Weißenfels

Ende des Jahres 2011 lebten über 1,6 Millionen türkische Staatsbürger in Deutschland. Nach welchen Regeln sich grenzübergreifende deutsch-türkische Erbfälle richten, soll im Folgenden dargestellt werden.

Türkischer Staatsbürger stirbt in Deutschland

Hat ein Erblasser mit türkischer Staatsangehörigkeit seinen Wohnsitz in Deutschland, so ist im Erbfall zu klären, welches Recht anwendbar ist. Nach Art. 22 IPRG (Türkisches Gesetz über das Internationale Privat- und Verfahrensrecht) unterliegt eine Erbschaft dem Recht des Heimatstaates des Erblassers. Unter „Recht des Heimatstaates“ ist dabei das Staatsangehörigkeitsprinzip zu verstehen. Für die Abwicklung einer Erbschaft eines in Deutschland wohnenden türkischen Staatsangehörigen ordnet diese Norm des türkischen IPR also zwingend die Anwendung türkischen Rechts an.

Damit ist jedoch die Klärung des anzuwendenden Rechts noch nicht beendet. Zu berücksichtigen ist nämlich bei der Abwicklung von Erbschaften neben den Normen des IPRG auch noch der deutsch-türkische Konsularvertrag aus dem Jahr 1929 sowie das Haager Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht vom 05.10.1965. Diese Internationale Abkommen haben nach Art. 1 Abs. 2 IPRG grundsätzlich Vorrang vor den Bestimmungen des türkischen internationalen Privatrechts.

Dabei enthalten insbesondere die §§ 14 Abs. 2, 18 des deutsch-türkischen Konsularvertrages hinsichtlich Immobilienvermögen des Erblassers in Erbfällen eine wichtige Ausnahme: Danach wird nämlich der unbewegliche Nachlass nach dem Recht des Ortes vererbt, an dem die Immobilie liegt. Hatte der in Deutschland wohnhafte türkische Staatsbürger also ein Hausgrundstück in Düsseldorf, so richtet sich die Vererbung dieses Grundstücks nach deutschem und nicht nach türkischem Recht. Für das bewegliche Vermögen (Geld, Aktien, Autos) verbleibt es bei der Anwendbarkeit des türkischen Heimaterbrechts. Es kommt zu einer so genannten Nachlassspaltung. Auf ein und denselben Erbfall sind verschiedene Rechtsordnungen anzuwenden.

Eine weitere relevante Regelung enthält auch § 16 Abs. 1 des deutsch-türkischen Konsularvertrages, wonach die Formwirksamkeit von letztwilligen Verfügungen des türkischen Erblassers mit Wohnsitz in Deutschland sowohl nach türkischem als auch nach deutschem Recht beurteilt werden kann. Diese Vorschrift ist zumindest für Erbverträge anwendbar, während die Wirksamkeit der Errichtung von Testamenten wohl nach dem insoweit vorrangigen „Haager Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht“ zu beurteilen ist.

Deutscher Staatsbürger verstirbt in der Türkei

Nach Art. 25 Abs. 1 EGBGB (Einführungsgesetz zum BGB) gilt für den in der Türkei lebenden deutschen Staatsbürger bei der Abwicklung seiner Erbschaft deutsches Erbrecht. Auch für den deutschen Erblasser gilt jedoch nach §§ 14 Abs. 2, 18 des deutsch-türkischen Konsularvertrages, dass in der Türkei belegenes Immobilenvermögen nach türkischem Erbrecht vererbt wird.

Türkischer Erblasser hat Grundvermögen in Deutschland

Hat ein in der Türkei lebender türkischer Erblasser Grundvermögen in Deutschland, so richtet sich die Vererbung dieser Immobilen nach §§ 14 Abs. 2, 18 des deutsch-türkischen Konsularvertrages nach deutschem Erbrecht.

Deutscher Erblasser hat Grundvermögen in der Türkei

Hat ein in Deutschland lebender deutscher Erblasser Grundvermögen in Deutschland, so richtet sich die Vererbung dieser Immobilen nach §§ 14 Abs. 2, 18 des deutsch-türkischen Konsularvertrages nach türkischem Erbrecht.

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