Wie bindend ist ein Erbvertrag? Bindung durch Erbvertrag
- Ob die Regelungen in einem Erbvertrag bindend sein sollen, entscheiden die Vertragspartner
- Tritt eine Bindung an den Erbvertrag ein, dann verlieren die Betroffenen ihre Testierfreiheit
- Ein zeitlich späteres Testament kann dann unwirksam sein
Die Regelung der eigenen Erbfolge ist ein hochnotprivater Vorgang.
Es geht grundsätzlich niemand anderen außer den Erblasser selber etwas an, wem der Erblasser sein Vermögen nach dem Erbfall übertragen will.
Vor diesem Hintergrund ermöglicht das deutsche Erbrecht jedem Erblasser die Möglichkeit, seine Erbfolge geschützt vor den Einblicken Dritter zu regeln.
Ein privates Testament kann der Erblasser ohne Einschaltung Dritter errichten und dort seine Erbfolge regeln, ohne einem Familienmitglied oder Verwandten hierüber Rechenschaft ablegen zu müssen. Ebenso einfach kann der Erblasser so ein Testament auch widerrufen und seine Erbfolge in einem zweiten Testament vollkommen neu gestalten.
Ein Erbvertrag hat Bindungswirkung
Es gibt aber auch die Fälle, bei denen der Erblasser gegenüber einem Dritten gerade eine Bindung hinsichtlich seiner Erbfolgeregelung eingehen will.
Klassisches Beispiel für solch eine Konstellation ist das Ehepaar, das schon die letzten 20 Jahre glücklich verheiratet ist und auch mindestens die nächsten zwanzig Jahre das Leben zusammen verbringen will. Hier ist es durchaus nicht unüblich, wenn sich die Eheleute dazu entschließen, ihre Erbfolge so zu gestalten, dass sich ihre Entscheidung, das Leben zusammen zu verbringen, auch in der Regelung der Erbfolge niederschlägt.
Ebenso wie die Eheleute durch die Eingehung der Ehe eine Bindung eingegangen sind, wollen sie sich auch in Bezug auf ihre Erbfolgeregelung aneinander binden.
Ein anderes Beispiel für eine vom Erblasser gewünschte Bindungswirkung bei seiner Erbfolgeregelung ist der Fall, wenn der Erblasser einem Dritten verbindlich – und grundsätzlich unwiderrufbar – signalisieren will, dass der Dritte sein Erbe sein und nach dem Tod des Erblassers dessen Vermögen erhalten soll.
Das Mittel der Wahl, um in solchen Fällen eine Bindungswirkung bei der Erbfolgeregelung herbeizuführen, ist der Erbvertrag nach §§ 2274 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).
Ein solcher Erbvertrag unterscheidet sich von einem einfachen Testament bereits dadurch, dass die Erbvertragsparteien ihren Erbvertrag zwingend von einem Notar beurkunden lassen müssen. Ein nur privat abgeschlossener Erbvertrag ist unwirksam und nichtig.
Durch diese Beurkundungspflicht entstehen beim Abschluss eines Erbvertrages auch automatisch Kosten für den Notar.
Der Erbvertrag zeichnet sich – im Gegensatz zum Testament – vor allem dadurch aus, dass zentrale Regelungen in dem Erbvertrag, wie zum Beispiel eine Erbeinsetzung oder ein Vermächtnis, nicht ohne weiteres von einem der Vertragsparteien widerrufen werden kann.
Soweit nicht alle an dem Erbvertrag beteiligten Personen einer Änderung der Erbfolgeregelung zustimmen, ist sie dem Grunde nach unwiderruflich und bindend.
So sind beispielsweise Ehepartner, die sich in einem Erbvertrag wechselseitig als alleinige Erben eingesetzt haben, sind an diese Regelung grundsätzlich gebunden.
Wie weit geht die Bindungswirkung eines Erbvertrages?
Wenn man klären will, ob und inwieweit die Regelungen in einem Erbvertrag bindend sind, muss man allerdings vorsichtig sein.
Es ist grundsätzlich nie „der Erbvertrag“ an sich bindend.
Bindend sind zunächst nur so genannte „vertragsmäßige Verfügungen“ in dem Erbvertrag, § 2278 BGB. Solche vertragsgemäße Verfügungen können nur Erbeinsetzungen, Vermächtnisse oder auch Auflagen sein.
Ob die Vertragspartner eine solche vertragsgemäße Verfügung und damit eine Bindungswirkung wollten, ist dem Erbvertrag im Zweifel durch Auslegung zu entnehmen.
Die Feststellung, ob eine Verfügung in einem Erbvertrag vertragsgemäß und damit bindend ist, ist umso wichtiger, als § 2299 BGB ausdrücklich auch die Aufnahme einseitiger – und damit nicht bindender – Verfügungen zulässt.
Es können sich im Einzelfall in einem Erbvertrag also sowohl bindende – vertragsmäßige – als auch nicht bindende – einseitige – Verfügungen wieder finden.
Um der Nachwelt das Leben zu erleichtern, sollte in jedem Vertrag ausdrücklich festgestellt werden, welche Verfügung bindend und welche nicht bindend – und damit frei widerrufbar – sein soll.
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