Ein Kind wird von den Eltern finanziell bevorzugt – Im Erbfall müssen die Zuwendungen der Eltern im Verhältnis zu den Geschwistern ausgeglichen werden!
OLG Düsseldorf – Urteil vom 06.04.2018 – I-7 U 34/17
- Eltern geben einem von mehreren Kinder Geld und lassen ihn Immobilien nutzen
- Im Testament der Eltern sind die Kinder als gleichberechtigte Erben vorgesehen
- Die Geschwister erhalten im Erbfall einen Ausgleich
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte über die Frage zu befinden, ob Kinder eines Ehepaares untereinander ausgleichspflichtig sind, wenn ein Kind bereits zu Lebzeiten der gemeinsamen Eltern bereits mehr erhalten hat, als seine Geschwister.
In der Angelegenheit war die Mutter der Kinder verstorben. Der Vater der Kinder war bereits vorverstorben.
Die Eltern hatten ihre Erbfolge durch ein Berliner Testament geregelt. Nach den Bestimmungen dieses Testaments setzten sich die Eheleute zunächst gegenseitig als Alleinerben ein. Nach dem Tod des zuletzt versterbenden Ehepartners sollten die gemeinsamen Kinder der Eheleute nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge als Erben zum Zuge kommen.
Der Familienvater hatte zu Lebzeiten einem der Kinder besondere Zuwendungen gemacht.
Kind bekommt von den Eltern Geldzuwendungen
So erhielt dieses Kind einen Geldbetrag in Höhe von 26.000 DM, damit das betroffene Kind Räumlichkeiten in einem Anwesen der Eltern zu einer Heilpraktiker-Praxis umbauen konnte.
Weiter überließen die Eltern dem betroffenen Kind die fraglichen Räume über Jahre kostenfrei zur Nutzung für seine Heilpraktikertätigkeit.
Auch durfte das betroffene Kind über Jahre kostenfrei in einer Wohnung der Eltern wohnen.
Schließlich flossen dem betroffenen Kind Mieteinnahmen aus der Vermietung von Wohnraum zu, die rechtlich und wirtschaftlich den Eltern zugestanden wären.
Nach dem Tod der Eltern fordern die Geschwister einen Ausgleich
Nachdem beide Eltern verstorben waren, verlangten die Geschwister des bevorzugten Kindes nach § 2050 BGB einen Ausgleich für die vorbezeichneten Zuwendungen der Eltern. Die Geschwister wollten ein größeres Stück von der Erbschaft haben.
Nachdem sich die Geschwister auf einen solchen Ausgleich nicht einigen konnten, ging die Sache zu Gericht.
In erster Instanz wurde der Klage der Geschwister zum Teil stattgegeben. Gegen das Urteil erster Instanz wurde Berufung zum Oberlandesgericht eingelegt.
OLG gibt der Klage weitgehend statt
Das OLG gab der Klage der Geschwister gegen ihren von den Eltern bevorzugten Bruder weitgehend statt.
Das OLG wies in der Begründung seiner Entscheidung einleitend darauf hin, dass ein Ausgleichsanspruch der klagenden Geschwister bestehe, wenngleich die Zuwendungen an den Beklagten vom vorverstorbenen Vater der Beteiligten und nicht von der zuletzt verstorbenen Mutter gemacht worden waren.
Da die Eltern aber ihre Erbfolge durch ein Berliner Testament geregelt hatten, sei insoweit von einem „erweiterten Erblasserbegriff“ auszugehen.
Zuwendungen der Eltern sind Ausstattungen im Sinne von § 2050 BGB
Mit dem Landgericht bewertete das OLG die Zuwendung in Höhe von 26.000 DM, die der Beklagte von seinen Eltern für die Einrichtung einer Heilpraktikerpraxis bekommen hatte, als ausgleichspflichtige Ausstattung im Sinne von § 2050 Abs. 1 BGB.
Auch die – unentgeltliche – Einräumung von Nutzungsrechten an den Praxisräumen bewerteten die Richter mit einem Wert von 64.678,81 Euro als Ausstattung, die vom Beklagten auszugleichen war.
Auch in dem Umstand, dass die Eltern dem bevorzugten Kind Mieteinnahmen für Immobilien zukommen ließen, wertete das OLG als ausgleichungspflichtig.
Als nicht ausgleichspflichtig sahen die Richter hingegen an, dass der Beklagte umsonst in einer Wohnung seiner Eltern wohnen durfte.
Nachdem das OLG auch dem Einwand des Beklagten, seine Mutter habe eine Ausgleichungspflicht zugunsten der Geschwister im Nachhinein ausgeschlossen, nicht folgen wollte, hatte die Klage der Geschwister gegen den von den Eltern bevorzugten Bruder größtenteils Erfolg.
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