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Worauf ist zu achten, wenn es mehrere Erben gibt?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Mehrere Erben bilden eine Erbengemeinschaft ... ob sie wollen oder nicht
  • Alle Erben verwalten den Nachlass gemeinsam
  • Ein Erbe allein kann nicht über einen Nachlassgegenstand verfügen

Sobald der Erblasser mehr als einen Erben hinterlassen hat, kann eine Auseinandersetzung zwischen den Miterben um das Erbe erfahrungsgemäss unangenehm werden.

Da drohen Söhne ihren eigenen Müttern nach dem Tod des Vaters mit der Zwangsversteigerung des elterlichen Wohnhauses und Wohnsitzes der Mutter, fünf Geschwister und Erben spalten sich in zwei Fraktionen und beschließen sich fürderhin mit allen möglichen und unmöglichen Mitteln im Rahmen der Erbauseinandersetzung zu bekämpfen oder Bruder und Schwester sind sich im Rahmen der Erbschaft nach dem Tod der Eltern derart herzlich verbunden, dass man sich am Ende wechselseitig des Betruges, der Urkundenfälschung und sonstiger Straftaten zeiht, ohne allerdings auch nur den Hauch eines Beweises zu haben.

Bedauerlicherweise bleibt in solchen Fällen oftmals nur der Gang vor die Gerichte, der alle Beteiligte viel Geld und noch mehr Nerven kostet und meistens trotzdem nicht zum gewünschten Ergebnis führt.

Daher kann vorab nur der Rat gegeben werden, dass Miterben, so groß die Interessengegensätze und finanziellen Vorstellungen auch sein mögen, nicht vergessen sollten, vernünftig miteinander zu reden.

Nachdem es aber manchmal nicht ohne Streit abgeht, sollen im folgenden die wichtigsten Grundsätze einer Erbengemeinschaft dargestellt werden.

Mehrheit von Erben bilden Gesamthandsgemeinschaft

Technisch gesehen bilden zwei oder mehr Erben eine sogenannte Gesamthandsgemeinschaft.

Dies bedeutet, dass jeder einzelne Nachlassgegenstand, jede einzelne zum Nachlass gehörende Forderung allen Miterben gemeinschaftlich gehört.

Konsequenz aus dieser gesetzlich vorgegebenen Konstruktion ist, dass ein Miterbe bis zur Teilung des Nachlasses allein nie über einen einzelnen Nachlassgegenstand verfügen kann. Miterben können immer nur gemeinsam Vermögenswerte, die in den Nachlass fallen, veräußern oder sonst über diese Werte verfügen.

Unbenommen ist es hingegen einem jeden Miterben, seinen kompletten Anteil an dem noch ungeteilten Nachlass zu verkaufen.

Häufig ist hier in der Praxis der Fall anzutreffen, dass ein Miterbe seinen Anteil an einen weiteren Miterben veräußert, sich quasi auszahlen lässt.

In diesem Zusammenhang sieht das Gesetz auch ein Vorkaufsrecht zugunsten der Miterben vor, sobald ein Miterbe seinen Erbanteil an eine Dritten außerhalb der Erbengemeinschaft verkaufen will. Dieses Vorkaufsrecht soll das Eindringen unerwünschter, weil familienfremder, Dritter in die Erbengemeinschaft verhindern und muss binnen einer Frist von zwei Monaten ausgeübt werden.

Verwaltung des Nachlasses durch alle Erben gemeinsam

Bis zur Auseinandersetzung muss der Nachlass verwaltet werden.

Dabei wird je nach Wichtigkeit und Bedeutung der jeweiligen Maßnahme unterschieden, ob diese Maßnahme von allen Miterben gemeinsam, durch die Mehrheit der Erben oder sogar von einem Miterben alleine durchgeführt werden kann.

Grundsätzlich bedürfen jegliche den Nachlass betreffende Verwaltungsmaßnahmen der Zustimmung und Mitwirkung aller Miterben.

Dahingegen können Maßnahmen, die der ordnungsgemäßen Verwaltung dienen, von der Stimmenmehrheit der Erben beschlossen werden.

Als solche Maßnahmen wurden in der Vergangenheit z.B. der Abschluss eines Mietvertrages über eine zum Nachlass gehörende Immobilie oder auch die Fortführung eines Gewerbebetriebes angesehen.

Schließlich kann jeder Miterbe allein ohne Mitwirkung der anderen Erben für den Nachlass absolut notwendige Erhaltungsmaßnahmen treffen. Dieses Alleinverwaltungsrecht ist allerdings nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig. Die Maßnahme muss unaufschiebbar sein und es muss dem handelnden Erben unmöglich sein, die Zustimmung der anderen Erben einzuholen.

Am Ende steht die Teilung des Nachlasses

Ziel einer jeden Erbengemeinschaft ist eine baldige Teilung des Nachlasses. Jeder Miterbe soll den auf ihn entfallenden Anteil am Erbe erhalten.

Es ist empfehlenswert, diese Auseinandersetzung des Nachlasses alsbald nach dem Erbfall in Angriff zu nehmen, da andernfalls die Gefahr besteht, dass Mitglieder der Erbengemeinschaft ihrerseits versterben, deren Erbteil seinerseits weitervererbt und die ursprüngliche Erbengemeinschaft auf diesem Weg mit immer mehr und neuen Mitgliedern konfrontiert wird.

Eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft kann in verschiedenen Formen ablaufen, jeder Miterbe kann, von wenigen Ausnahmen abgesehen, eine Auseinandersetzung jederzeit verlangen.

Der einfachste Weg eine Erbengemeinschaft auseinander zu setzen ist eine einvernehmliche Vereinbarung unter den Miterben.

Alle Miterben nehmen hier teil und einigen sich über die Verteilung des Nachlasses. Sobald in den Nachlass auch Grundstücke fallen, ist zu beachten, dass der Auseinandersetzungsvertrag möglicherweise der notariellen Beurkundung bedarf.

Bei Bedarf gibt es Hilfestellung vom Notar

Kommt keine einvernehmliche Vereinbarung unter den Miterben zustande, besteht die Möglichkeit, einen Notar als vermittelnde Stelle anzurufen.

Der Notar lädt in diesem Fall alle Beteiligten und versucht eine Einigung unter den Beteiligten zu erzielen. Dabei stehen dem Notar jedoch keinerlei Zwangsmittel zur Verfügung. Widersetzt sich auch nur ein Miterbe dem Vermittlungsversuch des Notars, so kommt keine Einigung zustande.

Können sich die Erben auf keine gemeinsame Lösung verständigen, bleibt nur der Weg der sogenannten Auseinandersetzungsklage. Mit dieser Klage begehrt ein Miterbe von den anderen Mitgliedern der Erbengemeinschaft Zustimmung zu einem in der Klage enthaltenen Teilungsplan.

Mit Rechtskraft des Urteils, das auf die Klage hin ergeht, sind die Voraussetzungen für eine Versteigerung der zum Nachlass gehörenden Grundstücke und beweglichen Sachen geschaffen.

Aus den auf diesem Weg erzielten Einnahmen, sowie sonstigen im Nachlass befindlichen Vermögenswerten, werden dann zunächst die Nachlassverbindlichkeiten beglichen. Der dann noch bestehende Überschuss wird an die Erben nach der jeweiligen Erbquote verteilt.

Lebzeitige Zuwendungen an einzelne Miterben müssen ausgeglichen werden

Weiter ist bei Existenz mehrerer Erben wichtig zu wissen, dass im Falle der gesetzlichen Erbfolge (also grundsätzlich nicht soweit die Erben durch Testament eingesetzt wurden) die Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, Enkel, Urenkel) unter Umständen verpflichtet sind, Leistungen, die sie noch zu Lebzeiten des Erblassers von diesem erhalten haben, untereinander zur Ausgleichung zu bringen, § 2050 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Das bedeutet, dass Kinder oder Enkel des Erblassers unter Umständen unterschiedlich hohe Beträge aus dem Nachlass erhalten, obwohl sie mit der gleichen Erbquote am Nachlass beteiligt sind.

Ihren Grund hat diese Ausgleichungspflicht in der gesetzlichen Vermutung, dass der Erblasser seine Abkömmlinge gleichmäßig an seinem Vermögen beteiligen will, wenn er durch Testament oder Erbvertrag keine abweichende Regelung trifft.

Welche Zuwendungen müssen ausgeglichen werden?

Ausgleichungspflichtig sind dabei sogenannte Ausstattungen, sogenannte Zuschüsse und andere Zuwendungen, soweit der Erblasser es bei letzteren angeordnet hat. Ausstattungen sind Zahlungen der Erblassers an einen oder mehrere Abkömmlinge, die dieser "mit Rücksicht auf seine Verheiratung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zur Begründung oder zur Erhaltung der Wirtschaft", wie es im Gesetz heißt, erhalten hat.

Nachdem die Frage, ob und wann es sich bei Zahlungen des Erblassers um Ausstattungen, Zuschüsse oder sonstige Zuwendungen handelt oftmals nicht einfach zu beantworten ist, kann hier wiederum nur empfohlen werden, fachmännischen Rat einzuholen.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang noch, dass jeder Miterbe nach dem Gesetz verpflichtet ist, den übrigen Erben auf deren Verlangen hin Auskunft über möglicherweise ausgleichungspflichtige Zuwendungen zu erteilen und die Richtigkeit dieser Angaben nötigenfalls auch an Eides statt zu versichern.

Ausgleichung bei gesetzlicher Erbfolge und ausnahmsweise auch bei Existenz eines Testaments

Hat der Erblasser ein Testament oder einen Erbvertrag errichtet und dort seine Kinder auf das eingesetzt, was sie als gesetzliche Erben erhalten würden, oder hat er die Erbteile der Kinder so bestimmt, dass sie zueinander in demselben Verhältnis stehen wie die gesetzlichen Erbteile, dann enthält § 2052 BGB eine Auslegungsregel dahingehend, dass auch für diesen Fall der gewillkürten Erbfolge im Zweifel eine Ausgleichung für eine Ausstattung stattzufinden hat.

Die Ausgleichung richtet sich auch in diesem speziellen Fall der gewillkürten Erbfolge nach den Regelungen in § 2050 BGB.

Schließlich besteht die Möglichkeit, dass Ausgleichungen unter Abkömmlingen als gesetzlichen Erben zugunsten eines Abkömmlings vorgenommen werden müssen, da dieser noch zu Lebzeiten des Erblassers Sonderleistungen erbracht hat, die dem Erblasser zugute gekommen sind.

Eine solche Ausgleichungspflicht zugunsten eines Miterben setzt voraus, dass "ein Abkömmling durch Mitarbeit im Haushalt, Beruf oder Geschäft des Erblassers während längerer Zeit, durch erhebliche Geldleistungen oder in anderer Weise in besonderem Maße dazu beigetragen hat, dass das Vermögen des Erblassers erhalten oder vermehrt wurde".

Dieser Ausgleichungsanspruch entfällt allerdings, wenn für diese vom Abkömmling als Erben erbrachten Leistungen ein angemessenes Entgelt gewährt oder zumindest vereinbart wurde.

In letzterem Fall hat der Miterbe dann zwar keinen Ausgleichsanspruch, dafür aber eine Forderung gegen den Nachlass.

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