Wann verjährt ein Immobilienvermächtnis?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Regelverjährung beträgt drei Jahre
  • Gilt eine längere Zehn-Jahres-Frist nach § 196 BGB?
  • Vermächtnisnehmer sollte auf Nummer sicher gehen

Hat der Erblasser in seinem Testament oder in einem Erbvertrag ein Vermächtnis zugunsten einer bestimmten Person ausgesetzt, dann muss sich diese Person, der so genannte Vermächtnisnehmer, nach dem Eintritt des Erbfalls um die Geltendmachung seines Vermächtnisses kümmern.

Gleich, ob Gegenstand des Vermächtnisses ein bestimmter Geldbetrag, eine Münzsammlung oder auch eine Immobilie ist, der Vermächtnisnehmer muss nach dem Tod des Erblassers aktiv werden, um sein Vermächtnis zu realisieren.

Regelmäßig erfährt der Vermächtnisnehmer im Rahmen der Testamentseröffnung von der Zuwendung durch den Erblasser. Im Normalfall ist der Erbe derjenige, der das Vermächtnis zu erfüllen hat. Der Vermächtnisnehmer muss sich demnach an den Erben wenden und diesem mitteilen, dass er das Vermächtnis annimmt.

Wenngleich ein in einem letzten Willen angeordnetes Vermächtnis eine relativ sichere Anspruchsgrundlage für den Vermächtnisnehmer ist, so kommt es in der Praxis bei der Realisierung des Vermächtnisanspruchs doch immer wieder zu Verzögerungen und Problemen.

Notfalls muss das Vermächtnis eingeklagt werden

Wenn der Erbe im Einzelfall nicht bereit ist, das vom Erblasser ausgesetzte Vermächtnis zu erfüllen, dann bleibt dem Vermächtnisnehmer oft nichts anderes übrig, als seinen Anspruch mittels einer Klage vor Gericht geltend zu machen.

Für ein solches klageweises Vorgehen gegen den Erben hat der Vermächtnisnehmer nicht unbegrenzt Zeit. Er muss nämlich immer die so genannte Verjährung seines Anspruchs im Auge behalten.

Verjährung bedeutet nicht, dass der Anspruch auf das Vermächtnis erlischt. Die Verjährung führt vielmehr dazu, dass der Vermächtnisanspruch vor Gericht nicht mehr durchgesetzt werden kann. Ist das Vermächtnis verjährt und wendet der Erbe im Prozess die Verjährung ein, dann wird die Klage des Vermächtnisnehmers bereits aus diesem Grund abgewiesen. Der Vermächtnisnehmer kann in diesem Fall sein Vermächtnis abschreiben und muss darüber hinaus noch sämtliche Prozesskosten tragen.

Für den Vermächtnisnehmer ist die Kenntnis und Beachtung der für seinen Anspruch einschlägigen Verjährungsfrist also essentiell.

Wann verjährt ein Immobilienvermächtnis?

Und bei genau diesem Punkt wird es für den Fall, dass Gegenstand des Vermächtnisses ein Haus, eine Wohnung oder ein Grundstück ist, spannend.

Bei einem Grundstücksvermächtnis konkurrieren nämlich zwei verschiedene Verjährungsfristen, deren Anwendbarkeit kontrovers diskutiert wird.

So gilt seit dem Jahr 2010 für erbrechtliche Ansprüche im Allgemeinen die so genannte Regelverjährung von drei Jahren, §§ 195,199 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Sobald der Vermächtnisnehmer von den näheren Umständen seines Anspruchs erfährt, läuft mit dem Schluss des Jahres, in dem der Vermächtnisanspruch entstanden ist eine dreijährige Frist.

Liegen Erbfall und Testamentseröffnung also beispielsweise im Jahr 2017, dann kann sich der Vermächtnisnehmer in der Regel bis zum Ende des Jahres 2020 Zeit lassen, bis er gegen den Erben eine Klage erhebt. Eine im Jahr 2021 erhobene Klage könnte hingegen wegen Verjährung abgewiesen werden.

Mit der dreijährigen Regelverjährung nach §§ 195, 199 BGB kollidiert aber gegebenenfalls die Vorschrift des § 196 BGB.

Nach § 196 BGB gilt folgendes:

„Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung des Inhalts eines solchen Rechts sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung verjähren in zehn Jahren.“

Ein Immobilienvermächtnis ist ein solcher Anspruch auf „Übertragung des Eigentums an einem Grundstück“.

Welche Verjährungsfrist gilt?

Die große Frage ist nunmehr, ob für ein Immobilienvermächtnis die – längere – Zehn-Jahres-Verjährungsfrist des § 196 BGB oder die die – kürzere – Drei-Jahres-Verjährungsfrist der §§ 195,199 BGB gilt.

In der Fachliteratur wird diese Frage kontrovers diskutiert.

Das OLG München vertritt die Auffassung, dass die Verjährungsfrist für den Anspruch aus einem Grundstücksvermächtnis zehn Jahre beträgt (OLG München, Urteil vom 26.07.2017, 7 U 302/17)..

Einem Vermächtnisnehmer, der seinen Anspruch auf die ihm zugewandte Immobilie erst nach vier oder mehr Jahren gerichtlich geltend macht, kann es also durchaus passieren, dass seine Klage alleine unter dem Gesichtspunkt der Verjährung abgewiesen wird.

Wer als Vermächtnisnehmer auf Nummer sicher gehen will, sollte im Bedarfsfall sein Immobilienvermächtnis daher zwingend binnen der kürzeren Drei-Jahres-Verjährungsfrist der §§ 195,199 BGB einklagen.

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