Der Erbe kann die Erfüllung eines Vermächtnisses vorläufig verweigern
- Der Erbe hat für die Entscheidung, ein Erbe anzunehmen oder auszuschlagen, nur sechs Wochen Zeit
- Nach der Annahme der Erbschaft kann der Erbe die Erfüllung eines Vermächtnisses für drei Monate verweigern
- Der Vermächtnisnehmer kann den Erben aber in Verzug setzen
Hat man von der Tatsache Kenntnis erhalten, dass man kraft gesetzlicher oder gewillkürter Erbfolge als Erbe eingesetzt worden ist, dann hat man grundsätzlich sechs Wochen Zeit, sich zu überlegen, ob man die Erbschaft auch tatsächlich annehmen will.
Ist der Nachlass überschuldet und hat der Erblasser mehr Verbindlichkeiten als positives Vermögen hinterlassen, dann tut man gut daran, die Erbschaft auszuschlagen.
Die Ausschlagungserklärung kann nur binnen eines Zeitraums von grundsätzlich sechs Wochen ab Kenntnis der Erbschaft erfolgen, § 1944 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).
Die Frist für die Ausschlagung der Erbschaft ist extrem kurz
Die Ausschlagungsfrist von grundsätzlich nur sechs Wochen erweist sich für den Erben oft als zu kurz bemessen, als dass er sich einen fundierten Überblick über den Bestand des Nachlasses verschaffen könnte.
Nachdem die Erbschaft aber nach Ablauf der sechwöchigen Ausschlagungsfrist kraft Gesetz als angenommen gilt, bietet das Gesetz dem Erben diverse Möglichkeiten an, um einer endgültigen und umfassenden Haftung für Schulden des Erblassers – auch mit seinem Privatvermögen – zu entgehen.
Eine Möglichkeit für den Erben, Ansprüche – vorübergehend – abzuwehren, ist die so genannte Dreimonatseinrede nach § 2014 BGB.
Danach ist der Erbe berechtigt, die Berichtigung einer Nachlassverbindlichkeit für einen Zeitraum von drei Monaten nach der Annahme der Erbschaft zu verweigern.
Die Dreimonatsfrist beginnt mir der Annahme der Erbschaft zu laufen
Wenn die Annahme der Erbschaft durch Verstreichenlassen der sechswöchigen Ausschlagungsfrist erfolgte, kann der Erbe demnach für einen Zeitraum von viereinhalb Monaten nach Erbfall die Erfüllung eines Vermächtnisses verweigern.
Hat er die Annahme der Erbschaft ausdrücklich erklärt, beginnt die Dreimonatsfrist des § 2014 BGB gegebenenfalls entsprechend früher.
Zu den Nachlassverbindlichkeiten, deren Erfüllung man als Erbe für einen Zeitraum von drei Monaten nach Annahme verweigern kann, gehören auch Vermächtnisse, die vom Erblasser ausgesetzt wurden.
Der Erbe muss keine Begründung liefern
Eine Begründung für die Geltendmachung dieser Einrede braucht der Erbe nicht zu liefern. Das Recht zur Leistungsverweigerung steht dem Erben – unter anderem gegen den Vermächtnisnehmer – kraft Gesetz zu.
Erhebt der Erbe die Dreimonatseinrede nach § 2014 BGB, dann kann sich der Erbe für den Zeitraum von drei Monaten nach Annahmen der Erbschaft gegen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern, also auch von Vermächtnisnehmern, wehren.
Er kann hingegen mit der Einrede nicht verhindern, dass er überhaupt vor Gericht auf Erfüllung des Vermächtnisses in Anspruch genommen wird.
Möglicher Verzug des Erben - Zinsen für den Vermächtisnehmer
Ebenfalls steht die Dreimonatseinrede nach § 2014 BGB nicht einem möglichen Schuldnerverzug des Erben entgegen.
Hat der Vermächtnisnehmer den Erben beispielsweise verzugsbegründend gemahnt und beispielsweise ein zu seinen Gunsten ausgesetztes Geldvermächtnis angefordert, dann schuldet der Erbe ab dem Zugang der Mahnung auch Verzugszinsen.
Hat der Erbe ein Nachlassinventar nach §§ 1993 ff. BGB errichtet, dann endet die ihm zur Verfügung stehende Schonfrist nach § 2014 BGB gegebenenfalls früher mit Errichtung des Inventars.
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