Was muss man bei Gericht vortragen, um einen Testamentsvollstrecker loszuwerden?
- Gericht kann Testamentsvollstrecker entlassen
- Entlassungsgründe sind Pflichtverletzung oder Unfähigkeit
- Gericht wägt ab, ob ein Verbleiben des Testamentsvollstreckers im Amt vertretbar wäre
Ein Testamentsvollstrecker wird von Erben oder anderen Beteiligten oft als nachhaltig lästig empfunden.
Das Gesetz billigt einem Testamentsvollstrecker eine relativ starke Stellung zu. Nach Eintritt des Erbfalls und Antritt des Amtes durch den Testamentsvollstrecker geht die Macht über den Nachlass in aller Regel zunächst einmal auf den Testamentsvollstrecker über.
Der Vollstrecker hat regelmäßig alleine das Recht, den Nachlass in Besitz zu nehmen und über einzelne Nachlassgegenstände zu verfügen, § 2205 BGB. Mögen also dem einzelnen Erben auch Vermögensgegenstände im Millionenwert zustehen, so kommt der Erbe zunächst am Testamentsvollstrecker nicht vorbei.
Durch den Testamentsvollstrecker sind im Rahmen der Verwaltung des Nachlasses und der Auseinandersetzung der Erbschaft zahllose, manchmal auch wirtschaftlich sehr bedeutsame, Entscheidungen zu treffen. Diese Entscheidungen des Testamentsvollstreckers (oder auch ihr Unterlassen) sorgen bei Beteiligten manchmal für erhöhten Blutdruck.
Gerade wenn der Erblasser den Testamentsvollstrecker aus der Gruppe der sonst gleichberechtigten Erben ausgewählt und den Vollstrecker so zum „Primus inter Pares“ gemacht hat, schlagen die Wogen zwischen den Beteiligten oft hoch.
Erben wollen den Testamentsvollstrecker loswerden
Diejenigen Nachlassbeteiligten und Erben, die sich vom Testamentsvollstrecker in solchen Fällen benachteiligt sehen, die mit den Entscheidungen des Vollstreckers nicht einverstanden sind oder ihm gar grobe Pflichtverletzungen vorwerfen, sinnen nicht selten danach, den Testamentsvollstrecker aus seinem Amt zu entfernen.
Tatsächlich haben Nachlassbeteiligte nach § 2227 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) die Möglichkeit, beim Nachlassgericht die Entlassung des Testamentsvollstreckers zu beantragen:
„Das Nachlassgericht kann den Testamentsvollstrecker auf Antrag eines der Beteiligten entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung.“
Nachlassbeteiligte, die mit dem Gedanken spielen, einen Testamentsvollstrecker nach dieser Vorschrift aus dem Amt zu heben, sollten allerdings bedenken, dass die Hürden für den Erfolg eines solchen Antrags relativ hoch sind.
Dabei ist zunächst zu bedenken, dass die wechselseitigen Vorstellungen der Beteiligten, wann ein „wichtiger Grund“ für eine Entlassung vorliegt, wann der Testamentsvollstrecker tatsächlich „unfähig“ ist oder sich einer „groben Pflichtverletzung“ schuldig gemacht hat, durchaus sehr unterschiedlich sein können.
Einschätzungen gehen oft weit auseinander
Was ein beteiligter Erbe bereits als unverzeihlich und absolut dilettantisch brandmarkt, wertet der Testamentsvollstrecker selber regelmäßig als absolut normalen Vorgang und Erfüllung seiner Pflichten.
Aber selbst wenn dem Testamentsvollstrecker von den anderen Beteiligten nachweisbar grobe Pflichtverletzungen zur Last gelegt werden können, heißt das noch nicht, dass ein Gericht den Testamentsvollstrecker zwangsläufig aus seinem Amt entfernen muss.
Im Rahmen eines entsprechenden Antrages nach § 2227 BGB prüft das Gericht nämlich nicht nur das Vorliegen einer groben Pflichtverletzung durch den Testamentsvollstrecker.
Gericht prüft Entlassungsantrag in zwei Stufen
In einer zweiten Stufe prüft das Gericht dann aber auch, ob es nicht – trotz der Pflichtverletzungen – zwingende Gründe für einen Verbleib des Testamentsvollstreckers im Amt gibt.
Das Gericht wägt immer zwischen dem so genannten Entlassungs- und dem Fortführungsinteresse ab. Im Ergebnis rechtfertigen nur solche Gründe eine Entlassung des Testamentsvollstreckers, „die ein Gewicht haben, das sich auch gegenüber den für eine Fortführung des Amtes sprechenden Umständen durchsetzt“ (so z.B. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.02.2017, I-3 Wx 20/16).
Vom Gericht ist in diesem Zusammenhang regelmäßig die Kardinalfrage zu beantworten, ob es dem Willen und dem Interesse des Erblassers entsprochen hätte, den von ihm benannten Testamentsvollstrecker zu entlassen, wenn der Erblasser von den Verfehlungen Kenntnis gehabt hätte.
Wenn man sich als Nachlassbeteiligter demnach auf den Weg macht, einen Testamentsvollstrecker seines Amtes entheben zu lassen, dann sollte man zwingend nicht nur zu den Fehlern und Pflichtverletzungen des Vollstreckers vortragen. Mindestens genauso wichtig sind Hinweise an das Gericht, warum ein weiterer Verbleib des Testamentsvollstreckers im Amt die Rechte der Beteiligten gefährdet und deswegen unzumutbar ist.
Immer bedenken sollten die Beteiligten, dass Gerichte im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung auch untersuchen, ob der entstandene Konflikt möglicherweise auch auf eine mangelnde Bereitschaft zur Kooperation auf Seiten der Erben zurückzuführen ist und ob der Testamentsvollstrecker überhaupt eine faire Chance hatte, „sein Amt unter vernünftigen Bedingungen anzutreten und es ordnungsgemäß auszuüben“ (so OLG Düsseldorf a.a.O.).
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