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Der Widerruf eines gemeinschaftlichen Testaments muss von beiden Ehepartnern mitgetragen werden

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG München – Beschluss vom 31.10.2019 – 31 Wx 398/17

  • Erbschein wird auf Grundlage einer Kopie eines Testaments beantragt
  • Fraglich ist, ob das Testament von den Erstellern vernichtet worden war
  • OLG kann von Vernichtung und Widerruf des Testaments nicht überzeugt werden

Das Oberlandesgericht München hatte in einer Erbscheinangelegenheit über die Wirksamkeit eines gemeinsamen Ehegattentestaments zu entscheiden.

In der Sache hatte ein Ehepaar am 20.03.2015 ein gemeinsames Testament errichtet.

In diesem Testament hatten sich die Eheleute für den ersten Erbfall wechselseitig als alleinige Erben bestimmt.

Verwandte werden im Testament als Erben eingesetzt

Nach dem Tod des zuletzt versterbenden Ehepartners waren in dem Testament vier Verwandte des Ehepaares als Schlusserben eingesetzt.

In der Folge verstarben die Ehefrau und nur vier Tage später der Ehemann.

Einer der im Testament vom 20.03.2015 eingesetzten Schlusserben beantragte daraufhin beim Nachlassgericht einen Erbschein, der den verstorbenen Ehemann als alleinigen Erben seiner Frau ausweisen sollte.

Testament liegt nur in Kopie vor

Dieser Erbscheinantrag war deswegen etwas kritisch, da der Antragsteller das Testament der Eheleute vom 20.03.2015 nicht im Original, sondern lediglich in Kopie vorlegen konnte. Das Original des Testaments war verschwunden.

Das Nachlassgericht ging dann auch prompt davon aus, dass mangels im Original vorgelegten Testaments die gesetzliche Erbfolge gelten würde und wies den Erbscheinsantrag zurück.

Gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichts legte der betroffene Antragsteller Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

OLG hebt das Nachlassgericht auf

Dort sah man die Sache anders als das Ausgangsgericht und gab der Beschwerde statt.

Im Ausgangspunkt gingen sowohl das Nachlassgericht als auch das OLG davon aus, dass das nur noch in Kopie vorliegende Testament der Eheleute im März 2015 wirksam errichtet worden war.

Anders als das Nachlassgericht war das OLG aber nicht davon überzeugt, dass die Eheleute ihr Testament in Widerrufsabsicht vernichtet hatten.

Keine Vermutung für die Vernichtung des Testaments

So bestehe, so das OLG, bei Unauffindbarkeit eines Testaments keine Vermutung dahingehend, dass das Testament vernichtet und damit widerrufen worden sei.

Zwar könne auch ein gemeinsames Testament von den Eheleuten durch Vernichtung widerrufen werden. Von dem Umstand der Vernichtung des Testaments müsse ein Gericht aber überzeugt sein.

Direkte Beweismittel, die Hinweise auf eine Vernichtung hätten geben können, lagen dem Gericht nicht vor.

Vielmehr hielt das OLG eine Vernichtung ohne gleichzeitige Abfassung eines neuen Testaments für wenig plausibel.

Eheleute wollten keine gesetzliche Erbfolge

Die nach Vernichtung des Testaments greifende Geltung der gesetzlichen Erbfolge hatten die Eheleute nämlich erklärtermaßen nicht gewollt.

Weiter hätte ein Widerruf eines gemeinsamen Testaments jedenfalls erfordert, dass beide Eheleute das Testament mit gemeinsamen Willen vernichtet hätten.

Dass beide Eheleute diesen gemeinsamen Vernichtungs- und Widerrufswillen hatten, wollte das OLG aufgrund der Sachlage nicht annehmen.

Entsprechend verblieb es im Beschwerdeverfahren bei der Wirksamkeit des nur in Kopie vorliegenden Testaments und damit bei der Begründetheit des Erbscheinsantrags.

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