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Eltern vereinbaren in einem gemeinsamen Testament einen Änderungsvorbehalt, der von der Zustimmung eines Dritten abhängig ist

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Bremen – Beschluss vom 30.08.2017 – 5 W 27/16

  • Eheleute errichten gemeinsames Testament
  • Änderungen sollen in Übereinstimmung mit dem Testamentsvollstrecker möglich sein
  • Überlebender Ehemann stimmt sich vor Änderung aber nicht mit den Testamentsvollstreckern ab

Das Oberlandesgericht Bremen hatte zu klären, ob ein überlebender Ehepartner ein gemeinsames Ehegattentestament abändern kann, wenn die Eheleute in dem Testament vorgesehen hatten, dass eine Abänderung des gemeinsamen Testaments nur in „Übereinstimmung mit dem Testamentsvollstrecker“ zulässig sein soll.

In der Angelegenheit hatte ein offenbar begütertes Ehepaar diverse privatschriftliche gemeinsame Testamente errichtet.

Zuletzt hatte das Ehepaar am 10.07.2000 gemeinschaftlich ein Testament verfasst. In diesem Testament setzten sich die Eheleute zunächst wechselseitig als Erben ein.

Weiter bestimmten die Eheleute in diesem Testament, dass nach dem Tod des zunächst überlebenden Ehepartners die beiden Töchter A und B zu je 40% und die Enkel zu 20% Erben sein sollen.

Eheleute benennen Testamentsvollstrecker

Weiter wurde in diesem gemeinsamen Testament eine Testamentsvollstreckung angeordnet und auch Personen benannt, die später einmal das Amt des Testamentsvollstreckers übernehmen sollten.

Schließlich enthielt das Testament vom 10.07.2000 auch noch folgende Klausel:

„Der Überlebende von uns kann dieses Testament in allen Punkten ändern und anderweitig letztwillig verfügen, jedoch nur in Übereinstimmung mit den Testamentsvollstreckern.“

Im Jahr 2007 verstarb die Ehefrau.

Ehemann errichtet notarielles Einzeltestament

Im Jahr 2011 errichtete der überlebende Ehemann ein notarielles Einzeltestament. In diesem Testament ordnete er an, dass seine beiden Töchter zu gleichen Teilen Erben sein sollen.

Gleichzeitig bestimmte der Ehemann aber, dass die Tochter B nur Nacherbin nach der Tochter A als Vorerbin sein soll. Weiter bestimmte der Ehemann, dass die Tochter A Testamentsvollstreckerin sein soll.

In diesem Testament aus dem Jahr 2011 erklärte der Ehemann weiter, dass das in dem gemeinsamen Testament aus dem Jahr 2000 enthaltene Erfordernis, dass sich der überlebende Ehepartner bei geplanten Änderungen mit den Testamentsvollstreckern ins Benehmen setzen müsse, jedenfalls nicht dahingehend zu verstehen sei, dass sich die Eheleute bei geplanten Änderungen dem „Diktat“ der Testamentsvollstrecker unterwerfen wollten.

Keine Abstimmung mit Testamentsvollstreckern

Entsprechend unterblieb auch eine Abstimmung des Testamentsinhaltes mit den in dem gemeinsamen Testament aus dem Jahr 2000 benannten Testamentsvollstreckern.

Im Jahr 2013 verstarb dann der Ehemann.

Die Tochter A beantragte nach dem Tod ihres Vaters beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins. Diesen Erbscheinsantrag stützte sie auf das Einzeltestament ihres Vaters aus dem Jahr 2011. Der Erbschein sollte die Tochter A mithin als Vorerbin und als Testamentsvollstreckerin ausweisen.

Die Tochter B wurde zu diesem Erbscheinsantrag ihrer Schwester vom Nachlassgericht angehört und hatte zunächst keine Einwände.

Der Erbschein wurde in der Folge am 06.05.2014 vom Nachlassgericht wie beantragt erlassen.

Einziehung des Erbscheins wird beantragt

Zwei Jahre später überlegte es sich die Tochter B aber offenbar anders und beantragte beim Nachlassgericht, den Erbschein wieder einzuziehen.

Diesen Antrag begründete die Tochter B mit dem Argument, dass das Einzeltestament ihres Vaters unwirksam sei. Der Änderungsvorbehalt in dem gemeinsamen Testament der Eheleute sei, so die Tochter B weiter, sei nicht wirksam.

Und jedenfalls habe sich ihr Vater vor Änderung des gemeinsamen Testaments nicht mit den Testamentsvollstreckern abgestimmt.

Das Nachlassgericht weigerte sich, den erteilten Erbschein einzuziehen. Hiergegen legte die Tochter B Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Das OLG gab der Beschwerdeführerin Recht und wies das Nachlassgericht an, den Erbschein einzuziehen.

OLG: Erbfolge richtet sich nach dem gemeinsamen Testament

In der Begründung seiner Entscheidung wies das OLG darauf hin, dass der Erbschein einzuziehen sei, da er die Erbfolge nicht zutreffend wiedergebe.

Das notarielle Einzeltestament des Ehemannes aus dem Jahr 2011 verstoße gegen wechselbezügliche Verfügungen in dem gemeinsamen Ehegattentestament aus dem Jahr 2000.

Eine einseitige Änderung des gemeinsamen Testaments aus dem Jahr 2000 sei dann möglich, wenn dieses Testament eine entsprechende Abänderungsmöglichkeit für den überlebenden Ehepartner vorgesehen hätte.

Die von den Eheleuten in dem gemeinsamen Ehegattentestament aus dem Jahr 2000 vorgesehene Abänderungsmöglichkeit beurteilte das OLG als wirksam.

Nachdem der Ehemann aber vor Errichtung seines notariellen Einzeltestaments keine „Übereinstimmung“ mit den namentlich benannten Testamentsvollstreckern hergestellt habe, hätte er das gemeinsame Testament auch nicht abändern dürfen.

Dieses Übereinstimmungserfordernis mit dritten Personen vor Abänderung des Testaments verstoße insbesondere nicht gegen § 2065 BGB und führe nicht dazu, dass ein Dritter über die Geltung des Testaments bestimmen darf.

Vielmehr könne, so das OLG, „das Recht zur Abänderung der gemeinschaftlichen letztwilligen Verfügung … von den Ehegatten mit beliebigen Einschränkungen versehen werden“.

Nachdem der Ehemann sich aber bei der Änderung des gemeinsamen Testaments nicht an die gemeinsam mit seiner Ehefrau aufgestellten Regeln gehalten hatte, konnte das zeitlich spätere Einzeltestament keine Wirkung entfalten und der Erbschein war einzuziehen.

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