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Eheleute setzen sich in Testament gegenseitig zu Alleinerben ein – Wird der überlebende Ehepartner Vollerbe oder nur Vorerbe?

Von: Dr. Georg Weißenfels

KG – Beschluss vom 16.11.2018 – 6 W 54/18

  • Eheleute setzen sich in einem vermeintlich klaren Testament gegenseitig als Alleinerben ein
  • Das Gericht ermittelt den Willen der Eheleute zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung
  • Nach dem Eintritt des Erbfalls kommt der überlebenden Ehefrau nur die Rolle als Vorerbin zu

Das Kammergericht hatte über den Inhalt eines gemeinschaftlichen Testaments von Eheleuten zu befinden.

Die Eheleute hatten zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter.

Das Ehepaar hatte am 20.03.1992 ein gemeinsames Testament errichtet. Dieses Testament hatte folgenden Wortlaut:

Unser letzter Wille
1. Wir, die Eheleute … setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein. Nach dem Tod des Überlebenden setzen wir unsere Kinder, F... und T..., zu Erben ein.
2. Sollte eines unserer Kinder nach dem Erstversterbenden den Pflichtteil verlangen, soll es auch nach dem Letztversterbenden nur den Pflichtteil erhalten.
3. Das Grundstück mit Bebauung soll unbedingt unser Sohn F... erhalten.

Nach dem Ableben des Ehemannes beantragte die Ehefrau einen Erbschein, der sie auf Grundlage des Testaments aus dem Jahr 1992 als alleinige Erbin ihres Ehemannes ausweisen sollte.

Ehefrau erhält einen Erbschein als alleinige Vollerbin

Dieser Erbschein wurde der Ehefrau am 11.05.2012 erteilt.

In der Folge hatte der Sohn der Eheleute die Befürchtung, dass das ihm in dem Testament zugesagte Grundstück von seiner Mutter an den Sohn der Tochter der Eheleute übertragen wird.

Dies wollte er verhindern und stellte vor dem Nachlassgericht daher den Antrag, den seiner Mutter erteilten Erbschein als unrichtig einzuziehen.

Sohn beantragt Jahre später die Einziehung des Erbscheins

Der Sohn argumentierte zur Begründung dieses Antrags, dass der überlebende Ehepartner in dem Testament gar nicht als Vollerbe, sondern lediglich als befreiter Vorerbe eingesetzt worden sei. Diese Einschränkung des Erbrechts gehe aber aus dem Erbschein nicht hervor. Der Erbschein sei mithin unrichtig und einzuziehen.

Das Nachlassgericht lehnte den Antrag auf Einziehung des Erbscheins ab. Die Ehefrau sei Vollerbin geworden, der Passus bezüglich des Grundstücks in dem Testament sei als Teilungsanordnung zu werten.

Gegen diese Entscheidung legte der Sohn Beschwerde zum Kammergericht ein.

Kammergericht gibt der Beschwerde statt

Dort fand er Gehör. Das Kammergericht gab der Beschwerde statt und wies das Nachlassgericht an, den der Ehefrau erteilten Erbschein einzuziehen.

Das Kammergericht wies in der Begründung seiner Entscheidung darauf hin, dass das zugrunde liegende Testament der Eheleute auszulegen sei.

Diese Auslegung ergebe, dass es der Wille der Eheleute gewesen sei, dass der überlebende Ehepartner lediglich befreiter Vorerbe und gerade nicht Vollerbe des zuerst versterbenden Partners werden sollte.

Dabei wies das Gericht ausdrücklich darauf hin, dass der Wortlaut eines Testaments einer im Einzelfall erforderlichen Auslegung keine Grenzen setze.

Es komme mithin immer alleine entscheidend auf den Willen der Erblasser an, mag dieser festgestellte Wille auch vermeintlich im Widerspruch zum Wortlaut des Testaments stehen.

Die zwei Ziele der Eheleute im Testament

Das Gericht identifizierte vor diesem Hintergrund zwei Ziele, die die Eheleute mit ihrem gemeinsamen Testament verwirklichen wollten.

Zum einen sollte der überlebende Ehepartner in seiner Verfügungsmacht über das fragliche Grundstück nicht beschränkt sein, soweit es um die finanzielle Absicherung der zukünftigen Lebensgestaltung des überlebenden Ehepartners ging.

Weiter sollte das Testament aber auch sicherstellen, dass der gemeinsame Sohn nach dem Tod des zuletzt versterbenden Ehepartners das Familiengrundstück erhalten soll.

Mit diesen beiden Zielen sei aber eine Vollerbeneinsetzung des überlebenden Ehepartners nicht vereinbar, da der überlebende Ehepartner das Grundstück in diesem Fall auch unentgeltlich auf einen Dritten übertragen könne.

Da mit einer unentgeltlichen Übertragung des Grundstücks aber weder eine finanzielle Absicherung des überlebenden Ehepartners noch dessen finanzielle Absicherung darstellbar sei, könne der Ehefrau im zu entscheidenden Fall nur die Rolle einer Vorerbin zufallen.

Im Ergebnis wurde der der Ehefrau bereits erteilte Erbschein vom Nachlassgericht eingezogen.

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