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Eines von fünf Kindern soll laut Testament der Eltern ein Haus erhalten – Teilungsanordnung oder Vorausvermächtnis?

Von: Dr. Georg Weißenfels

Saarländisches OLG – Urteil vom 25.06.2014 – 5 U 3/14

  • Eltern lassen in Testament die Frage offen, wer Schlusserbe werden soll
  • Im Testament wird aber ein Vermächtnis zugunsten eines Kindes angeordnet
  • Die übrigen vier Geschwister bestreiten das Vermächtnis

Das saarländische Oberlandesgericht hatte über die Frage zu befinden, ob eines von fünf Kindern nach dem Tod der Eltern gegen seine Geschwister einen Anspruch auf Übertragung eines Hausgrundstücks hat.

In der Angelegenheit hatte ein Ehepaar im Jahr 1993 ein gemeinsames privates Testament errichtet.

Eltern setzen sich gegenseitig als Erben ein

In diesem Testament setzten sich die Eheleute gegenseitig als alleinige Erben ein.

Weiter enthielt das Testament folgende Anordnung:

„Nach dem Tod des Letztverstorbenen soll unser Sohn K. das Mehrfamilienhaus in S., K. erhalten. K. muss die damit verbundenen Verpflichtungen bezüglich dieses Hauses bei der Kreissparkasse Blieskastel und der Bausparkasse Schwäbisch Hall übernehmen.“

Weitere Anordnungen zur Erbfolge nach dem Tod des zuletzt versterbenden Ehepartners enthielt das Testament nicht. Insbesondere wurden die fünf Kinder des Ehepaares in dem Testament nicht weiter erwähnt.

In der Folge verstarb der Familienvater. Alleinige Erbin wurde seine Ehefrau.

Im Jahr 2010 verstarb dann auch die Mutter der fünf Kinder.

Fünf Kinder werden gesetzliche Erben

Nach dem Tod der Mutter beantragten und erhielten die Kinder vom zuständigen Nachlassgericht einen Erbschein, nachdem sie ihre Mutter aufgrund gesetzlicher Erbfolge mit einem Anteil von je einem Fünftel beerbt haben.

Im Rahmen des Erbscheinverfahrens gaben die Kinder den Wert des Hausgrundstücks, das in dem Testament erwähnt wurde, übereinstimmend mit 100.000 Euro an. Den Wert des Gesamtnachlasses bezifferten die Erben mit einem Wert von 327.079,65 Euro.

Der Sohn, dem in dem Testament der Eltern das Mehrfamilienhaus zugedacht war, verlangte nachfolgend von seinen Geschwistern, dass sie das Eigentum an der Immobilie auf ihn übertragen.

Nachdem sich die Geschwister aber weigerten, dieser Aufforderung nachzukommen, verklagte der Miterbe seine Geschwister einer Auflassung an ihn zuzustimmen.

Vermächtnis wird geltend gemacht

Die übrigen vier Geschwister traten der Klageforderung mit dem Argument entgegen, dass dem Testament nicht zu entnehmen sei, dass die Eltern eines ihrer fünf Kinder habe besser stellen wollen.

Die Anordnung in dem Testament sei allenfalls als reine Teilungsanordnung zu verstehen, die in jedem Fall eine Ausgleichspflicht für den Sohn gegenüber seinen Geschwistern als Miterben auslöse.

Das Landgericht verurteilte die beklagten Geschwister in erster Instanz antragsgemäß. Nach Auffassung des Landgerichts stellte die Anordnung der Eltern in ihrem Testament ein Vermächtnis zugunsten des Sohnes dar.

Die Geschwister legten gegen dieses Urteil Berufung ein. Das Oberlandesgericht wies die Berufung aber als unbegründet ab.

In der Begründung seines Berufungsurteils wies das OLG darauf hin, dass das Landgericht zu Recht davon ausgegangen sei, dass dem Testament der Eltern ein Vermächtnis zugunsten des klagenden Sohnes zu entnehmen sei.

Eine Erbeinsetzung sei mit der in Frage stehenden Anordnung in Anbetracht des Verhältnisses des Wertes der Immobilie zum Wert des gesamten Nachlasses nicht verbunden.

Teilungsanordnung setzt Erbfolgeregelung voraus

Eine bloße Teilungsanordnung konnten die Richter in der Anordnung nicht erkennen. Hierbei stellte das OLG maßgeblich darauf ab, dass dem Testament der Eltern keine Erbfolgeregelung nach dem Tod des zuletzt versterbenden Ehepartners zu entnehmen sei.

Eine Teilungsanordnung betreffe nämlich, so das OLG, den Fall der Mehrheit von Erben und die Auseinandersetzung des ihnen als Erben zugefallenen Nachlasses. Eine Teilungsanordnung setze mithin eine Erbeinsetzung denknotwendig voraus.

Eine Erbfolgeregelung nach dem Tod des überlebenden Ehepartners sei dem Testament der Eltern aber nicht einmal im Wege der Auslegung zu entnehmen. Die Zuwendung der Immobilie war nach Ansicht des OLG vielmehr unabhängig von einer Erbeinsetzung erfolgt.

Auch für eine Ausgleichspflicht des so begünstigten Sohnes konnten die Richter dem Testament nichts entnehmen.

Im Ergebnis hatte der eine Sohn als Vermächtnisnehmer einen Anspruch gegen seine Geschwister auf Übertragung der Immobilie.

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