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Erben einsetzen oder Vermächtnis zusprechen – Was wollte die Erblasserin?

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Düsseldorf - Beschluss vom 18.10.2019 - 3 Wx 99/19

  • Erblasserin hinterlässt ein unklares Testament
  • Testamentsvollstrecker will testamentarische Anordnungen umsetzen
  • Grundbuchamt verweigert die Änderung des Grundbuchs

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte in einer grundbuchrechtlichen Angelegenheit zu ermitteln, ob ein Testament eine Erbeinsetzung oder eine Vermächtnisanordnung enthält.

In der Sache war eine vermögende Erblasserin im Jahr 2018 verstorben.

Die Erblasserin hatte ein privatschriftliches Testament vom 31.12.2015 hinterlassen.

Anordnungen im Testament sind eher unklar

In diesem Testament hatte die Erblasserin unter anderem folgendes angeordnet:

„Mein Nießbrauch-Vermögen bei der Firma ... soll im Fall meines Todes zu gleichen Teilen (je 25%) auf die Enkel-Kinder meines verstorbenen Ehemanns ... übertragen werden (vererbt werden).“

Weiter legte die Erblasserin in ihrem Testament folgendes fest:

„Mein restliches Vermögen vermache ich meinen Stiefsohn A. ... und meinem Adoptiv-Enkel Dr. B. ... zu gleichen Teilen.“

Der Wert des Nießbrauchvermögens bezifferte sich auf einen Betrag in Höhe von 225.884 Euro, das restliche Vermögen hatte einen Wert in Höhe von 1.373.087 Euro.

Testament enthält die Anordnung einer Testamentsvollstreckung

Der Adoptiv-Enkel Dr. B. wurde von der Erblasserin in ihrem Testament gleichzeitig als Testamentsvollstrecker eingesetzt.

Im November 2018 übertrug der Adoptiv-Enkel Dr. B. in seiner Eigenschaft durch notariellen Vertrag eine in den Nachlass fallende Immobilie zu ½ an sich und zu ½ an den Stiefsohn A. der Erblasserin.

Das zuständige Grundbuchamt weigerte sich aber, diesen Vertrag grundbuchrechtlich zu vollziehen.

Grundbuchamt fordert einen Erbschein an

Es forderte den Antragsteller auf, eine Zustimmungserklärung der Erben vorzulegen, da die Verfügung des Testamentsvollstreckers unentgeltlich sei, § 2205 S. 3 BGB.

Weiter ließ das Grundbuchamt den Testamentsvollstrecker wissen, dass für die Umschreibung der Immobilie ein Erbschein erforderlich sei.

Schließlich ließ das Grundbuchamt den Testamentsvollstrecker wissen, dass Zweifel bestehen würden, ob die im Testament getroffenen Anordnungen als Vermächtnis oder als Erbeinsetzung auszulegen seien.

Gegen diese Zwischenverfügung legte der Testamentsvollstrecker Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

OLG hebt die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes auf

Dort bekam er auch Recht. Das OLG urteilte, dass die Verfügung des Grundbuchamtes nicht hätte ergehen dürfen.

Zunächst wies das OLG darauf hin, dass eine Verfügung eines Testamentsvollstreckers nie unentgeltlich im Sinne von § 2205 S. 3 BGB sei, wenn die Verfügung in Erfüllung einer letztwilligen Verfügung des Erblassers vorgenommen wurde.

Vorliegend hatte der Testamentsvollstrecker aber mit der Übertragung der Immobilie lediglich eine Anordnung der Erblasserin aus dem Testament umgesetzt.

Gesetzliche Auslegungsregel klärt den Inhalt des Testaments

Weiter ergebe sich, so das OLG weiter, aus der Auslegungsregel in § 2087 BGB dass der Testamentsvollstrecker und der Stiefsohn A. der Erblasserin im Testament als Miterben zu je ½ eingesetzt worden waren.

Trotz missverständlicher Bezeichnungen in dem Testament ergebe sich dieser Umstand aus dem Wert der den einzelnen Beteiligten zugewandten Vermögensgegenstände.

Die Enkelkinder des vorverstorbenen Ehemannes seien, so das OLG, lediglich Vermächtnisnehmer; dem Testamentsvollstrecker und dem Stiefsohn A. der Erblasserin komme hingegen die Rolle als Miterben zu.

Die Vorlage eines Erbscheins sei gleichwohl entbehrlich, da der Testamentsvollstrecker jederzeit das Recht habe, die testamentarischen Anordnungen der Erblasserin umzusetzen.

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