Gutachten im Betreuungsverfahren rechtfertigt nicht die Annahme der Testierunfähigkeit der Erblasserin

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Celle - Beschluss vom 11.03.2003 - 6 W 16/03

  • Sohn will die Unwirksamkeit des Testaments seiner Mutter feststellen lassen
  • Das maßgebliche Gutachten zur Testierfähigkeit wurde erst nach Testamentserrichtung erstellt
  • Gericht weist den Antrag ab

Das Oberlandesgericht Celle hatte in einem Rechtsstreit über die Wirksamkeit eines Testaments zu urteilen.

Der Kläger hatte in dem Verfahren den Antrag gestellt, dass das Gericht die Unwirksamkeit des von seiner Mutter errichteten Testaments feststellen möge. Die Erblasserin hatte am 29.06.1999 ein notarielles Testament errichtet und war am 17.10.2002 verstorben.

Der Kläger trug in seiner Klagebegründung vor, dass das Testament seiner Mutter unwirksam sei, da die Erblasserin im Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierunfähig gewesen sei.

Der Kläger verwies in diesem Zusammenhang auf ein medizinisches Gutachten, das im Zusammenhang mit einem für seine Mutter angestrengten Betreuungsverfahren von einer Ärztin für Psychiatrie erstellt worden war.

Gutachten wird erst nach Testamentserrichtung erstellt

Dieses Gutachten trug das Datum vom 23.02.2000 und war damit mehrere Monate nach Errichtung des Testaments erstellt worden.

In diesem Gutachten attestierte die Sachverständige der Erblasserin eine Altersdemenz auf dem Boden einer cerebralen Durchblutungsstörung. Das Gutachten machte aber keine Angaben zu der Frage, in welchem Zustand sich die Erblasserin im Juni 1999, also zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments befunden hatte.

In dem Gutachten fand sich lediglich der Hinweis, wonach die Erblasserin gegenüber der Gutachterin angegeben habe, dass sie bereits Anfang des Jahres 1999 recht hilflos und sehr vergesslich gewesen sei und sich nur noch schlecht habe versorgen können.

Hinweise auf eine Testierunfähigkeit reichen nicht aus

Diese Hinweise reichten dem Gericht aber nicht, um von einer Testierunfähigkeit der Erblasserin im Zeitpunkt der Testamentserrichtung auszugehen.

Das Gericht verwies vielmehr darauf, dass die Erblasserin selber noch im Mai 1999 das zuständige Amtsgericht aufgesucht habe und die dort befindlichen letztwilligen Verfügungen zurück gefordert habe.

Die beim Amtsgericht zuständige Rechtspflegerin vermerkte anlässlich dieses Besuches der Erblasserin, dass sie von der Testierfähigkeit der Erblasserin ausgehe.

Und auch die das Testament beurkundende Notarin vermerkte anlässlich der Beurkundung im Juni 1999, dass sie von der Testierfähigkeit der Erblasserin überzeugt sei.

Wahrnehmungen Dritter müssen bei der Entscheidung berücksichtigt werden

Auch diese Wahrnehmungen Dritter müssten, so das Gericht, in eine Gesamtabwägung mit einfließen, selbst wenn weder die Rechtspflegerin noch die Notarin um medizinisch geschultes Fachpersonal handeln würde.

Schließlich könne auch aus dem Umstand, dass die Erblasserin in ihrem im Juni 1999 erstellten Testament einen Alleinerben eingesetzt habe, der familienfremd war und den die Erblasserin erst seit kurzer Zeit kannte, nicht auf eine Testierunfähigkeit geschlossen werden.

Für den Vortrag des Sohnes, wonach die Familie des in dem Testament eingesetzten Erben die Erblasserin mittels einer Täuschung zu der vorliegenden Erbfolgeregelung gebracht habe, fehlten dem Gericht jegliche Beweise.

Die vom Kläger begehrte Feststellung zur Frage der Unwirksamkeit des Testaments wurde danach abgewiesen.

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