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Ist die Kopie eines Testaments wirksam? Gericht muss zur Klärung besonderes Verfahren wählen!

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Karlsruhe – Beschluss vom 08.10.2015 – 11 Wx 78/14

  • Ehefrau kann nach dem Tod ihres Mannes nur die Kopie eines gemeinsamen Testaments vorlegen
  • Ein enterbter Sohn zweifelt die Echtheit des Testaments an
  • Gerichte schenken dem Vortrag der Ehefrau Glauben

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte im Rahmen eines Erbscheinverfahrens zu klären, ob die Erbfolge nach einem Erblasser auch durch die Vorlage einer Kopie eines Testaments nachgewiesen werden kann.

In der Angelegenheit hatte ein Ehepaar am 03.05.2004 privatschriftlich ein gemeinsames Testament errichtet. In diesem Testament setzten sich die Eheleute zunächst gegenseitig als alleinige Erben ein. Als so genannter Nacherbe nach dem Tod des zuletzt versterbenden Ehegatten wurde in diesem Testament ein Sohn 1 eingesetzt.

Ein Sohn 2, so der Inhalt des Testaments, sollte nach dem Tod des zuletzt versterbenden Ehepartners nach dem Willen der Eheleute von der Erbfolge ausgeschlossen sein und lediglich den Pflichtteil erhalten.

Ehefrau liefert lediglich Kopie des Testaments bei Gericht ab

Nach dem Tod des Ehemannes lieferte die Ehefrau Ende 2013 jedoch nicht das Original dieses Testaments, sondern lediglich eine Kopie beim Nachlassgericht ab.

Im Februar 2014 beantragte die Ehefrau dann, gestützt auf die Kopie des Testaments, beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins, der sie als alleinige Erbin ausweisen sollte.

Zu der Frage, warum sie nur eine Kopie und nicht das Original des Testaments zum Nachweis ihres Erbrechts vorlegen könne, führte die Ehefrau folgendes aus:

Sie habe sich zusammen mit ihrem Mann vor Errichtung des Testaments von einem Anwalt beraten lassen, der dem Ehepaar dann auch den Entwurf des Testaments habe zukommen lassen. Dieser Entwurf sei dann von den Eheleuten gemeinsam abgeschrieben und von beiden Eheleuten unterzeichnet worden.

Testament verschwindet aus unerfindlichen Gründen

Das Original des Testaments sei „unter der Tischdecke mit der Nähmaschine darauf im Vorraum zwischen Küche und Bad“ des elterlichen Hauses verwahrt worden. Von dort sei das Original des Testaments aber aus für die Ehefrau nicht nachvollziehbaren Gründen verschwunden.

Die Eheleute hätten aber von dem Testament Kopien angefertigt, die sie ursprünglich ihren Söhnen hätten aushändigen wollen. Von diesem Plan habe man dann aber wieder Abstand genommen.

Zu dem so begründeten Antrag auf Erteilung eines Erbscheins meldete sich dann aber auch der von der Erbfolge ausgeschlossene Sohn. Er ließ das Nachlassgericht wissen, dass er den Erbscheinantrag seiner Mutter für unbegründet halte, da das Testament nicht im Original vorliege.

Sohn hält die Unterschrift des Vaters auf dem Testament für gefälscht

Weiter teilte der Sohn mit, dass er die Unterschrift seines Vaters unter dem Testament für falsch halte.

Nachdem die Ehefrau die Richtigkeit ihrer Angaben durch eine eidesstattliche Versicherung bekräftigt hatte, teilte das Nachlassgericht mit, dass es dem Erbscheinsantrag der Ehefrau zu entsprechen gedenke.

Hiergegen legte der Sohn Beschwerde zum Oberlandesgericht ein. Hierbei rügte der Sohn ausdrücklich, dass das Nachlassgericht vorliegend rechtsfehlerhaft im so genannten Freibeweisverfahren entschieden habe.

Gericht holt Sachverständigengutachten ein

Das OLG hörte in der Folge sowohl die Ehefrau als auch den Sohn an. Ebenfalls holte das Beschwerdegericht ein Sachverständigengutachten zur Frage der Echtheit der Unterschrift unter dem Testament ein.

Auf Grundlage dieser Ermittlungen wies das OLG die Beschwerde des Sohnes als unbegründet zurück. Damit reichte die Kopie des Testaments im Ergebnis aus, um die Erbfolge nachzuweisen.

In der Begründung seiner Entscheidung übte das OLG jedoch deutliche Kritik an dem Beschluss der ersten Instanz.

Freibeweisverfahren in erster Instanz war unzulässig

Als unzureichend rügte das OLG insbesondere, dass die vom Nachlassgericht durchgeführte Beweisaufnahme in erster Instanz im so genannten Freibeweisverfahren abgewickelt worden war.

Das Nachlassgericht hätte, so das OLG, jedenfalls eine förmliche Beweisaufnahme auf Grundlage der Zivilprozessordnung durchführen müssen, § 30 FamFG. Nur so hätte gewährleistet werden können, dass insbesondere dem Anwesenheits- und Fragerecht des Sohnes in ausreichendem Umfang Rechnung getragen wird.

Alleine auf Grundlage der eidesstattlichen Versicherung der Ehefrau und Antragstellerin hätte der Erbschein nicht erteilt werden dürfen.

Nachdem das OLG die entsprechende Beweisaufnahme aber in zweiter Instanz nachgeholt hatte, konnte es in der Sache entscheiden.

Kopie eines Testaments ist regelmäßig nicht ausreichend

Grundlegend wies das OLG dabei darauf hin, dass eine bloße Kopie eines Testaments nicht die Anforderungen an ein formgültiges privatschriftliches Testament erfülle.

Es stehe aber auch bei einer bloßen Kopie eines Testaments immer die Möglichkeit offen, mit anderen Mitteln nachzuweisen, dass der Erblasser in der in der Testamentskopie wiedergegebenen Weise seine Erbfolge geregelt hat.

An einen solchen Nachweis seien immer strenge Anforderungen zu stellen. Vorliegend sei der Ehefrau dieser Nachweis aber gelungen. Die Ausführungen der vom OLG persönlich angehörten Ehefrau zu den näheren Umständen der Testamentserrichtung konnten das OLG überzeugen.

Und ebenfalls konnte der Sohn mit seinem Einwand, die Unterschrift seines Vaters unter dem Testament sei gefälscht, nicht durchdringen. Das vom OLG eingeholte Gutachten des Schriftsachverständigen konnte diesen Vortrag widerlegen.

Im Hinblick auf die fehlerhafte Sachbehandlung der Angelegenheit durch das Nachlassgericht verfügte das OLG schließlich noch, dass für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens keine Gerichtskosten erhoben werden.

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