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Einnahme von Schmerzmitteln führt nicht zur Testierunfähigkeit - Testament ist wirksam

Von: Dr. Georg Weißenfels

Brandenburgisches OLG - Beschluss vom 13.01.2014 - 3 W 49/13

  • Krebskranker Erblasser verfasst ein Testament und setzt seine Schwester als Erbin ein
  • Bruder des Erblassers ficht nach dem Erbfall das Testament an
  • Gericht holt nicht einmal ein Gutachten ein - Schwester des Erblasers bleibt Erbin

Das Brandenburgische Oberlandesgericht hatte im Rahmen eines Erbscheinverfahrens über die Gültigkeit eines Testaments zu befinden.

In der Angelegenheit hatte ein schwer krebskranker Erblasser am 21.08.2011 ein handschriftliches Testament verfasst. In diesem Testament hatte der Erblasser seine Schwester als alleinige Erbin eingesetzt.

Zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments hatte der Erblasser eine schwere Operation gerade hinter sich gebracht und befand sich in einer Rehabilitationseinrichtung. Dort wurde er nach den Feststellungen des Gerichts unter anderem mit den Schmerzmitteln Fentanyl, Ibuprofen, Metamizol und Pethidin behandelt.

Testamentserbin beantragt einen Erbschein

In der Folge verstarb der Erblasser. Die als Alleinerbin eingesetzte Schwester beantragte sodann auf Grundlage des vorliegenden Testaments beim Nachlassgericht den Erlass eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin nach dem Tod des Erblassers ausweisen sollte.

Hiergegen erhob ein Bruder des Erblassers Widerspruch. Er teilte dem Nachlassgericht mit, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments seiner Auffassung nach testierunfähig im Sinne von § 2229 Abs. 4 BGB gewesen sei.

Die dem Erblasser in der Klinik verabreichten Schmerzmittel würden, so der Beschwerdeführer, "zu einer Beeinträchtigung der Wahrnehmungsfähigkeit und zu einer Bewusstseinstrübung" führen, sodass seiner Einschätzung nach in jedem Fall weitere Untersuchungen von Seiten des Gerichts erforderlich seien.

Nachlassgericht holt Stellungnahme der Klinik ein

Das Nachlassgericht holte daraufhin eine Stellungnahme der Reha-Klinik ein, aus der hervorging, dass der Erblasser nach Auffassung der behandelnden Ärzte trotz Einnahme der starken Schmerzmittel bis zum 24.08.2011, also über den Tag der Testamentserrichtung hinaus, voll orientiert war.

Diese Aussage der Ärzte reichte dem Nachlassgericht und es kündigte an, dass es von der Wirksamkeit des Testaments ausgehe und den von der Schwester des Erblassers beantragten Erbschein erlassen wolle.

Hiergegen legte der Bruder des Erblassers Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Rechtschreibfehler als Hinweis auf Testierunfähigkeit?

Er vertiefte seinen Vortrag und wies ergänzend darauf hin, dass auch die Tatsache, dass der Erblasser seinen, des Bruders, Namen in dem Testament in einem Buchstaben falsch geschrieben habe, weise auf den Zustand des Erblassers und dessen Testierunfähigkeit hin.

Weiter wies der Bruder darauf hin, dass das Testament auch deswegen zweifelhaft sei, da der Erblasser seine Lebensgefährtin im Testament nicht erwähnt habe, obwohl er noch zu Lebzeiten mitgeteilt habe, dass er die Lebensgefährtin finanziell absichern wolle.

Die vom Beschwerdeführer vorgetragenen Bedenken gegen die Wirksamkeit des Testaments konnten das OLG hingegen nicht überzeugen.

OLG: Erblasser war bei Erstellung des Testaments orientiert

Insbesondere wies das Beschwerdegericht darauf hin, dass vom Beschwerdeführer keine konkreten Tatsachen für seine Behauptung vorgetragen worden seien, dass sich der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments aufgrund der Medikamente in einem Zustand der Testierunfähigkeit befunden habe.

Aus der ärztlichen Stellungnahme ergebe sich vielmehr, dass der Erblasser im maßgeblichen Zeitpunkt durchaus orientiert gewesen sei.

Auch die Tatsache, dass ein Buchstabe im Namen des Beschwerdeführers in dem Testament falsch geschrieben worden sei, stand der Wirksamkeit des Testaments nicht entgegen.

Beschwerdeführer hatte keinen Kontakt zum Erblasser

Das Gericht wies vielmehr darauf hin, dass die Namen seiner vier Geschwister in dem Testament im wesentlichen richtig wiedergegeben seien.

Die fehlende Erwähnung der Lebensgefährtin in dem letzten Willen konnte ebenfalls dahingehend geklärt werden, dass es neben dem Testament Versorgungsabsprachen mit der Schwester als Alleinerbin gegeben habe.

Weiter wies das Gericht darauf hin, dass der Beschwerdeführer den Erblasser im entscheidenden Zeitpunkt der Testamentserrichtung gar nicht persönlich erlebt habe und ebenso wenig Kontakt zu ihm gehabt habe.

Alleine der Hinweis auf eine theoretische Beeinträchtigung der Testierfähigkeit eines Erblassers gebiete, so das OLG, jedenfalls nicht weitergehende Untersuchungen durch das Gericht.

Die Beschwerde wurde im Ergebnis kostenpflichtig zurückgewiesen.

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