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Vorweggenommene Erbfolge – Wann kann eine Schenkung zurückgefordert werden?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Man kann sich die Rückforderung im Schenkungsvertrag vorbehalten
  • Rückforderungsrecht bei Verarmung des Schenkers
  • Der Wegfall der Geschäftsgrundlage rechtfertigt eine Rückforderung

Hat man – beispielsweise zum Zweck der vorweggenommenen Erbfolge – Vermögenswerte auf eine dritte Person durch eine Schenkung übertragen, dann kommt es vor, dass man diese Entscheidung Jahre später bereut.

Diese Reue kann daher rühren, dass man plötzlich feststellt, dass man die weggegebenen Vermögenswerte selber gut brauchen könnte, um den eigenen Lebensunterhalt sicherzustellen.

Aber auch enttäuschte Erwartungen in ein bestimmtes Verhalten des Beschenkten, die mit der Schenkung verbunden waren, haben schon so manch einen Schenker nach Wegen suchen lassen, wie man den Vermögenstransfer wieder rückgängig machen kann.

Tatsächlich eröffnet das deutsche Recht verschiedene Möglichkeiten, eine Schenkung wieder zurückzufordern.

Rückforderungsvorbehalt im Vertrag

Am einfachsten hat es der Schenker, wenn er sich im Vertrag, der der Schenkung zugrunde liegt, ein Rückforderungsrecht ausdrücklich vorbehalten hat.

Ein solches Rückforderungsrecht kann im Vertrag in das Ermessen des Schenkers gestellt werden oder man vereinbart konkrete Bedingungen, bei deren Eintritt das Geschenk an den Schenker zurückgegeben muss.

Zu denken wäre beispielsweise an ein Rückforderungsrecht im Falle des Ablebens des Beschenkten vor dem Schenker oder im Fall der Scheidung der Ehe des Beschenkten.

Der Phantasie sind bei Formulierung der Bedingung für die Rückforderung der Schenkung kaum Grenzen gesetzt.

Hat man sich im Vertrag kein Rückforderungsrecht vorbehalten, hilft gegebenenfalls das Gesetz weiter:

Gesetzliche Rückforderungsrechte bei einer Schenkung

Das BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) kennt insgesamt drei Tatbestände, unter denen eine Schenkung zurückgefordert werden kann.

§ 527 BGB bestimmt ein Rückforderungsrecht wegen Nichtvollziehung einer mit der Schenkung verbundenen und durch den Beschenkten zu erfüllenden Auflage.

§ 528 BGB eröffnet dem Schenker das Recht, die Schenkung zurückzufordern, wenn er außerstande ist, für seinen eigenen Unterhalt zu sorgen oder eigenen Unterhaltspflichten gegenüber nächsten Verwandten nachzukommen.

Wenn der Schenker „verarmt“ ist, kann er die in besseren Zeiten gemachten Geschenke zurück verlangen.

§ 530 BGB sieht schließlich ein Widerrufsrecht für den Schenker vor, wenn sich der Beschenkte durch eine Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers des groben Undanks schuldig gemacht hat.

Der Wegfall der Geschäftsgrundlage

Ein weiterer durch Richterrecht geprägter Rückforderungsgrund ist der so genannte Wegfall der Geschäftsgrundlage.

Eine Geschäftsgrundlage für eine Schenkung ist nach der Rechtsprechung „die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien sowie die der einen Vertragspartei erkennbaren und von ihr nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut“ (BGH, Urteil vom 10. September 2009).

Fällt eine solche Geschäftsgrundlage für eine Schenkung im Nachhinein weg, kann der Schenker das Geschenk vom Beschenkten zurückfordern.

Der BGH hatte erst unlängst mit Urteil vom 03.02.2010 in einem sehr praxisrelevanten Zusammenhang Gelegenheit, den Rückforderungsgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage im Zusammenhang mit einer Schenkung genauer zu definieren.

Schwiegereltern fordern Schenkung zurück

In dem vom obersten deutschen Zivilgericht entschiedenen Fall hatten Schwiegereltern dem Lebenspartner der Tochter im Jahr 1996 ein Geldgeschenk in Höhe von DM 60.000 gemacht.

Ein Jahr später heirateten Tochter und Lebenspartner. Die Ehe wurde im Jahr 2003 geschieden. Die Eltern scheiterten zunächst mit ihrer Forderung auf Rückgabe des Geldgeschenkes vor dem Land- und dem Oberlandesgericht.

Der BGH hob diese Urteile allerdings in dritter Instanz auf und sprach den Eltern ein Rückforderungsrecht zu. Der BGH stellte nämlich fest, dass Geschäftsgrundlage der Schenkung der Eltern im Jahr 1996 deren für den Schwiegersohn erkennbare Erwartung war, der Schwiegersohn werde mit der Tochter der Kläger eine dauerhafte Ehe eingehen.

Mit Scheidung der Ehe im Jahr 2003 entfiel diese Geschäftsgrundlage.

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