Können „künftig geborene Kinder“ oder „künftige Enkelkinder“ Erben werden?
- Es gilt der Grundsatz: Man muss geboren sein, um Erbe werden zu können
- Es reicht für ein Erbrecht aber aus, dass man bereits gezeugt wurde
- Auch ein noch nicht gezeugter Mensch kann Nacherbe oder Vermächtnisnehmer werden
Nach deutschem Erbrecht können auch einen Tag alte Babies Erben werden.
Es gilt nämlich der Grundsatz, dass man in dem Moment eine (auch größere) Erbschaft machen kann, wenn man zur Zeit des Erbfalls lebt.
Wird also ein Baby am Montag, den 12.05.2025, geboren und verstirbt sein Vater am darauffolgenden Dienstag, den 13.05.2025, dann kann das Baby sowohl gesetzlicher als auch testamentarischer Erbe seines Vaters werden.
Auch ein bereits gezeugtes Kind kann Erbe werden
Die gesetzliche Regel in § 1923 Abs. 2 BGB erweitert den Kreis der möglichen Erben sogar noch weiter.
Nach § 1923 Abs. 2 BGB gilt nämlich:
Wer zur Zeit des Erbfalls noch nicht lebte, aber bereits gezeugt war, gilt als vor dem Erbfall geboren.
Danach könnte das Baby in dem vorstehenden Beispielsfall auch dann Erbe werden, wenn das Baby am Todestag seines Vaters, zwar noch nicht geboren, aber doch zumindest gezeugt war und anschließend lebend zur Welt kommt.
Ein bereits gezeugtes Kind wird wie ein geborenes Kind behandelt!
Das Baby wird in diesem Fall so behandelt, als ob es vor dem maßgeblichen Erbfall zur Welt gekommen wäre.
Das (nicht geborene aber bereits gezeugte) Baby wird in diesem Fall also Erbe, wenn es von seinem Vater in einem Testament als Erbe eingesetzt wurde oder wenn es (ohne Testament) nach dem Gesetz Erbe wird.
Ob ein Kind zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits gezeugt war, müssen im Streitfall die Gerichte klären.
Gesetzliche Abstammungsvermutungen wie z.B. in § 1593 BGB können Gerichten hier bei der Entscheidungsfindung helfen.
Man kann noch nicht gezeugte Personen zu Nacherben machen!
Wenn man seine Erbfolge mit Hilfe eines Testaments oder Erbvertrages regelt, dann kann man zukünftige Generationen und noch nicht geborene bzw. gezeugte Kinder sogar noch in einem weiteren Umfang in die eigene Erbfolge einbauen.
Das Gesetz lässt nämlich in den §§ 2108 Abs. 1, 1923 BGB zu, dass Personen, die zum Zeitpunkt des Erbfalls weder geboren noch gezeugt waren, Nacherben des Verstorbenen werden können.
Dem zukünftigen Erblasser steht es mithin frei, in seinem Testament einen so genannten Vorerben einzusetzen, der den Nachlass unmittelbar mit dem Erbfall erben soll.
Der Erblasser kann dann in seinem Testament weiter anordnen, dass zu einem zu definierenden Zeitpunkt (z.B. Geburt des Nacherben; Tod des Vorerben) der Nachlass an den Nacherben (das noch nicht gezeugte Kind) übergehen soll.
Es ist ausdrücklich nicht erforderlich, dass dieser vom Erblasser benannte Nacherbe zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits geboren oder auch nur gezeugt ist.
Eine noch nicht gezeugte Person kann auch Vermächtnisnehmer werden!
Weiter kann ein Erblasser in seinem Testament auch ein Vermächtnis zugunsten einer noch nicht gezeugten Person aussetzen.
Künftige Kinder oder künftige Enkelkinder können auch auch auf diesem Weg vom Erblasser an seinem Nachlass beteiligt werden.
Das Vermächtnis fällt dem zukünftigen Erdenbürger dann aber erst mit seiner Geburt an, § 2178 BGB.
Wenn Sie in Ihrer Angelegenheit anwaltliche Hilfe benötigen, dann können Sie hier Kontakt aufnehmen.
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