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Ein Testament liegt nur noch in Kopie vor und regelt trotzdem die Erbfolge!

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Hamm – Beschluss vom 09.02.2024 – 10 W 60/23

  • Testament liegt nicht im Original vor
  • Tochter des Verstorbenen hält das Testament für unwirksam
  • Gerichte entscheiden gegen die Tochter

Das Oberlandesgericht Hamm hatte über die Wirksamkeit eines Testaments zu befinden, das nicht mehr im Original, sondern nur noch in Kopie vorlag.

In der Angelegenheit war der Erblasser im Dezember 2021 verstorben und hinterließ eine Tochter.

Zu dieser Tochter hatte der Erblasser aber seit Jahren keinen Kontakt mehr gehabt.

Erbe soll ein Bekannter des Erblassers werden

In den letzten Jahren hatte sich lediglich ein guter Bekannter um den Erblasser gekümmert.

Der Erblasser hatte am 15.09.2016 ein handschriftliches Testament errichtet, das zum Zeitpunkt seines Ablebens aber nur noch in Kopie vorlag.

In diesem Testament hatte der Erblasser festgelegt, dass seine Tochter von seinem Vermögen nichts erhalten sollte, da er zu dieser Tochter seit 30 Jahren keinen Kontakt mehr habe.

Tochter und Bekannter des Erblassers stellen einen Antrag auf einen Erbschein

Alleiniger Erbe, so das Testament, solle sein Bekannter werden.

Nach dem Tod des Erblassers beanspruchten sowohl dieser im Testament benannte Bekannte als auch die Tochter des Erblassers die Erbschaft für sich.

Beide stellten einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins jeweils als Alleinerbe.

Die Tochter des Erblassers erklärte darüber hinaus die Anfechtung des in Kopie vorliegenden Testaments ihres Vaters.

Das Nachlassgericht entscheidet sich gegen die Tochter

Das Nachlassgericht entschied, dass der Erbscheinsantrag des Bekannten des Erblassers begründet sei und wies den Erbscheinsantrag der Tochter des Erblassers als unbegründet ab.

Gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichts legte die Tochter des Erblassers Beschwerde  zum Oberlandesgericht ein.

Das OLG wies die Beschwerde der Tochter aber als unbegründet ab.

Grundsätzlich gilt nur das Original eines Testaments

Das Gericht verwies dabei in seiner Entscheidung darauf, dass ein Testament grundsätzlich im Original vorgelegt werden müsse.

Ein Testament bleibe aber wirksam, wenn es „ohne Willen und Zutun des Erblassers vernichtet worden, verloren gegangen oder sonst nicht mehr auffindbar ist“.

Im vorliegenden Fall sei die Existenz des Testaments durch die vorliegende Kopie und die Aussagen von Zeugen im Prozess bewiesen worden.

Zeugen bestätigen den Inhalt des Testaments

Mehrere Zeugen hatten in dem Prozess glaubhaft bestätigt, dass das in Kopie vorliegende Testament vom Erblasser verfasst worden sei und dem letzten Willen des Erblassers entsprechen würde.

Das OLG konnte auch nicht feststellen, dass dieses Testament vom Erblasser widerrufen oder bewusst vernichtet wurde.

Die Tochter hätte in dem Verfahren beweisen müssen, dass der Erblasser sein Testament willentlich widerrufen oder vernichtet hatte.

Die Anfechtung des Testaments bleibt ohne Wirkung

Alleine durch den Umstand, dass das Original des Testaments nicht mehr aufgefunden werden konnte, wurde dieser Beweis aber nicht geführt.

Nachdem auch die von der Tochter des Erblassers erklärte Anfechtung des Testaments rechtlich nicht erheblich war, verblieb es bei der Erbfolge, die aus der Testamentskopie hervorging.

Der Bekannte des Erblassers wurde dessen alleiniger Erbe.

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