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Ein Testament kann auch auf einem Kneipenblock geschrieben werden!

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Oldenburg – Beschluss vom 20.12.2023 – 3 W 96/23

  • Erblasser schreibt sein Testament in einem Einzeiler auf einem Kneipenblock
  • Die in den Testament als Alleinerbin eingesetzte Parterin beantragt einen Erbschein
  • Die gesetzlichen Erben machen der Alleinerbin die Erbschaft streitig

Das Oberlandesgericht Oldenburg hatte über die Frage zu befinden, ob ein auf einem Kneipenblock geschriebenes Testament wirksam ist.

In der Angelegenheit war ein Dorfkneipenwirt im Jahr 2022 verstorben.

Der Erblasser war nicht verheiratet und hatte keine Kinder.

Die Partnerin wird vom Erblasser als alleinige Erbin eingesetzt

Der Erblasser hatte eine Partnerin, die er seit dem Jahr 1985 kannte.

Nach dem Tod des Erblassers legte diese Partnerin bei dem zuständigen Nachlassgericht einen Notizzettel einer Brauerei.

Auf diesem Zettel waren handschriftlich folgende Worte geschrieben:

"BB kriegt alles AA 04.12.22"

BB war dabei der Vorname der Partnerin des Erblassers, AA der volle Name des Erblassers.

Die Partnerin beantragt einen Erbschein als alleinige Erbin

Die Partnerin beantragte auf Grundlage dieses Testaments bei Gericht einen Erbschein als Alleinerbin.

Gegen diesen Erbscheinsantrag legten aber vier Kinder einer vorverstorbenen Schwester des Erblassers Protest ein.

Sie trugen vor, dass das Testament gar nicht vom Erblasser verfasst worden sei, nicht mit Sicherheit festgestellt werden könne, wer die Person „BB“ in dem Testament eigentlich sei und dem Erblasser jedenfalls ein für ein wirksames Testament notwendiger Testierwille gefehlt habe.

Verwandte des Erblassers wollen als gesetzliche Erben zum Zuge kommen

Die Kinder der Schwester des Erblassers setzten mithin auf die gesetzliche Erbfolge und wollten das Vermögen des Erblassers erben.

Das Nachlassgericht ließ sich von den Argumenten der Kinder der Schwester des Erblassers überzeugen und kündigte an, zu deren gunsten einen Erbschein erlassen zu wollen.

Gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichts legte die Partnerin Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

OLG hebt die Entscheidung des Nachlassgerichts auf

Das OLG gab der Beschwerde statt und wies das Nachlassgericht an, der Partnerin des Erblassers den von ihr beantragten Erbschein zu erteilen.

Mit entscheidend für die Bewertung der Angelegenheit durch das Gericht war eine Zeugenaussage der Tochter der Partnerin des Erblassers vor dem OLG.

Diese Zeugin hatte nämlich ausgesagt, dass der Erblasser seine Partnerin am Tag der Testamentserrichtung zuhause besucht habe und dort den Wunsch geäußert habe, dass seine Partnerin ihn beerben solle.

Zeugin bestätigt den Testierwillen des Erblassers

Daraufhin habe die Tochter dem Erblasser empfohlen, dass er diesen Wunsch schriftlich niederlegen solle.

Die von den Kindern der Schwester des Erblassers gegen das Testament vorgebrachten Einwände erachtete das OLG nicht für durchgreifend.

Von der Urheberschaft des Erblassers für das Geschriebene überzeugte sich das OLG kraft eigener Sachkunde und zog für diese Frage nicht einmal einen Schriftsachverständigen hinzu.

OLG ist überzeugt, dass das Testament vom Erblasser stammt

Auch die Auffindestelle des Testaments hinter der Theke im Gastraum der vom Erblasser betriebenen Kneipe spreche, so das OLG, für die Echtheit des Testaments.

Auch seien mit der Handschriftlichkeit und einer Unterschrift des Erblassers die gesetzlichem Mindestanforderungen an die Wirksamkeit eines Testaments erfüllt.

Vom Testierwillen des Erblassers überzeugte sich das Gericht mit Hinweis auf das Treffen des Erblassers mit seiner Partnerin und deren Tochter am 04.04.2022, dem Tag der Testamentserrichtung.

Anlässlich dieses Treffens sei, so die Überzeugung des Gerichts, besprochen worden, dass die Partnerin des Erblassers dessen alleinige Erbin werden solle.

Im Ergebnis gingen die gesetzlichen Erben leer aus und die Partnerin des Erblassers erbte das gesamte Vermögen des Erblassers.

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