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Erblasser verteilt in seinem Testament verschiedene Immobilien an unterschiedliche Personen – Am Ende gilt die gesetzliche Erbfolge!

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG München – Beschluss vom 19.02.2020 – 31 Wx 231/17, 31 Wx 502/19

  • Erblasser verteilt in seinem Testament Immobilien und sonstiges Vermögen
  • Erblasser klärt in seinem Testament nicht, wer sein Erbe sein soll
  • Am Ende gilt die gesetzliche Erbfolge

Das Oberlandesgericht München hatte in Anbetracht eines unklaren Testaments über die Erbfolge eines Erblassers zu entscheiden.

Der Erblasser nach dem Tod seiner Frau die Nichte seiner Ehefrau im Wege der Erwachsenenadoption als Kind an.

In der Angelegenheit hatte der verwitwete und kinderlose Erblasser weiter am 22.08.2015 ein handschriftliches Testament errichtet.

Der Inhalt des Testaments ist nur vermeintlich klar

Das Testament hatte folgenden Inhalt:

1. Mein Haus vermache ich meiner Freundin. Alles was sich auf der Flur-Nr. .../... befindet gehört meiner Freundin.
2. Meine Ferienwohnung (Gardasee) vermache ich meinen Geschwistern und Anteile von … und Aktien.
3. Grundstück Fl. Nr. … vermache ich dem Sohn meines adoptierten Kindes.
4. Grundstück Fl. Nr. …/… vermache ich ?

Mit diesen Anordnungen in seinem Testament hatte der Erblasser bei einem Gesamtnachlassvermögen von 1.054.688 Euro über einen Nachlassvermögen in Höhe von 354.188 Euro nicht verfügt.

Was bedeutet das Fragezeichen in dem Testament?

Unter anderem hatte der Erblasser in seinem Testament offensichtlich ausdrücklich offengelassen, welche Person das unter Ziffer 4. des Testaments erwähnte Grundstück erhalten soll. Dort hatte der Erblasser vielmehr ausdrücklich ein Fragezeichen in seinem Testament aufgenommen.

Nach dem Tod des Erblassers wurden beim Nachlassgericht von den diversen Beteiligten sich widersprechende Anträge eingereicht.

Die Geschwister des Erblassers, die die Ferienwohnung am Gardasee erhalten sollten, sahen sich jeweils als Erben zu ¼ und die Freundin des Erblassers als Erbin zu ½. Sie beantragten, dass das Nachlassgericht ein entsprechendes Europäisches Nachlasszeugnis erlässt.

Europäisches Nachlasszeugnis auf Grundlage gesetzlicher Erbfolge wird beantragt

Das adoptierte Kind des Erblassers konnte in dem Testament dahingegen gar keine Erbeinsetzung erkennen und beantragte ein Europäisches Nachlasszeugnis, das sie als Alleinerbin kraft gesetzlicher Erbfolge ausweisen sollte.

Das Nachlassgericht neigte der Auffassung der beiden Geschwister zu und kündigte eine entsprechende Entscheidung an.

Gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichts legte das adoptierte Kind des Erblassers Beschwerde zum Oberlandesgericht ein und hatte dort Erfolg. Die Entscheidung des Nachlassgerichts wurde aufgehoben.

Auch eine Auslegung des Testaments ergibt keine Erbeinsetzung

Das OLG begründete seine Entscheidung mit dem Argument, dass sich eine Erbeinsetzung weder ausdrücklich aus dem Testament vom 22.08.2015 ergebe noch sich eine Erbeinsetzung durch eine Auslegung des Testaments ergibt.

Nach § 2087 Abs. 2 BGB sei eine Zuwendung nur einzelner Gegenstände in einem Testament im Zweifel nicht als Erbeinsetzung aufzufassen.

Eine Erbeinsetzung könne hingegen angenommen werden, wenn der zugewendete Gegenstand den Nachlass wertmäßig ganz oder nahezu erschöpft.

Der Erblasser habe aber in seinem Testament nicht seinen ganzen Nachlass verteilt, sondern unter Ziffer 4. des Testaments durch das Setzen eines Fragezeichens ausdrücklich offen gelassen, wer ein weiteres vorhandenes Grundstück erhalten soll.

Auch hatte der Erblasser über das Aktien- und Anlagevermögen hinaus, das er im Testament seinen Geschwistern zugewiesen hatte, weiteres Aktienvermögen, das er in seinem Testament gerade keiner bestimmten Person zugewiesen hatte.

Erblasser wollte in seinem Testament keinen Rechtsnachfolger einsetzen

Nach Überzeugung des OLG wollte der Erblasser damit in seinem Testament lediglich einzelne Vermögensgegenstände zuweisen und keinen Rechtsnachfolger für sein Gesamtvermögen bestimmen.

Auch konnte das OLG diversen Zeugenaussagen, wonach der Erblasser angeblich zu Lebzeiten geäußert hätte, sein adoptiertes Kind solle am Nachlass nicht teilhaben, keine gesicherte Erkenntnis über eine vom Erblasser gewünschte Enterbung seines adoptierten Kindes entnehmen.

Im Ergebnis wurde das Nachlassgericht vom OLG angewiesen, dem adoptierten Kind als Alleinerbe ein Nachlasszeugnis auf Basis gesetzlicher Erbfolge zu erteilen.

Alle anderen Beteiligten hatten lediglich die Rolle als Vermächtnisnehmer.     

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