Rechtsanwalt Dr. Georg Weißenfels ・ Theresienstraße 1 ・ 80333 München

Wann muss ein Gericht zu der Frage, ob ein Testament vom Erblasser stammt, ein Sachverständigengutachten einholen?

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Hamburg – Beschluss vom 27.08.2020 – 2 W 46/20

  • Erblasserin verfasst im hohen Alter mehrere private Testamente
  • Nach dem Erbfall zweifelt der Sohn der Erblasserin die Echtheit der Testamente an
  • Gerichte sehen keine Veranlassung, die Echtheit der Testamente von einem Gutachter untersuchen zu lassen

Das Oberlandesgericht Hamburg hatte zu klären, ob ein Nachlassgericht auf den Einwand der Testamentsfälschung mit der Einholung eines Sachverständigengutachtens reagieren muss.

In der Angelegenheit war eine Erblasserin am 06.07.2019 verstorben.

Die verwitwete Erblasserin hinterließ einen Sohn und eine Tochter sowie zwei Enkelkinder, die Kinder der Tochter.

Erblasserin errichtet mehrere Testamente

Das Vermögen der Erblasserin bestand im Wesentlichen aus einer Beteiligung an einer Immobilie im Wert von 510.000 Euro.

Die Erblasserin hatte im Laufe der Jahre mehrere handschriftliche Testamente verfasst.

So lautete ein Testament vom 07.11.2013:

„Mein letzter Wille
nach reiflicher Überlegung, möchte ich hiermit die Anteilsverhältnisse für meine 50% - Anteile an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts Rechts, die ich mit meinem Mann, H. J., im Jahre 1968 zum Erwerb des Grundstücks, …, … H., gründete, neu verteilen. Somit widerufe ich hiermit auch sämtliche Verfügungen meines vorherigen Testaments, die diese Immobilie samt Grundbesitz betreffen. § 2253 BGB. mein Wille ist es nun, daß meine Tochter, E… E… Geb. J…, meine 50%-Anteile der Gesellschaft als Alleinerbin im Falle meines Ablebens erhält.

Sollte mein Mann, H. J., vor mir Ableben, möchte ich, daß meine durch seinen Tot erworbenen Anteile in Höhe von 25% an der Gesamt Imobilie zwischen J… und F… E… mit je 12,5% der Gesamt Imobilie verteilt werden.“

Ein weiteres Testament vom 14.09.2014 hatte u.a. folgenden Wortlaut:

„Mein Mobiliar inklusive Teppichen und Schmuck soll wie folgt aufgeteilt werden:
- Panzerarmband 3 farbig gold
- Perlenkette mit Schloß aus Saphir
- Perlenarmband
- weißgoldring mit Brilliand 1,2 karat
- weißgoldarmband mit Brillianden
- Rolex Damenuhr mit Diamandziffernblatt
- Goldbrosche
- weißgoldring mit Brilliandumrandung soll meine Tochter E… E.. erben.
- Manschettenknöpfe mit Grandeln soll mein Enkel F… bekommen.
Sämtliche Kontensalden erbt meine Tochter E. 

“Sämtliches restliche Inventar meines Wohnhauses wie Möbel, Teppiche, Gobbelin und aller Dinge auf dem Dachboden und im Keller - Garage sollen mein Enkel F… bekommen. Dies ist mein Wille.“

Gestützt auf diese Testamente beantragte die Tochter der Erblasserin nach dem Erbfall die Erteilung eines Erbscheins, der sie als alleinige Erbin ihrer Mutter ausweisen sollte.

Tochter der Erblasserin beantragt einen Erbschein

Die Tochter vertrat die Auffassung, dass sie alleinige Erbin nach ihrer Mutter geworden sei, da ihr die wesentlichen Vermögensgegenstände hinterlassen worden seien.

Der Sohn der Erblasserin widersprach diesem Erbscheinsantrag.

Er stellte gegenüber dem Gericht in Abrede, dass die vorliegenden Testamente überhaupt von seiner Mutter verfasst worden seien. Weder Schrift noch Stil der letztwilligen Verfügungen würden, so der Sohn, zur Erblasserin passen. 

Sohn behauptet eine Fälschung der Testamente seiner Mutter

Ebenfalls würden die vielen Rechtsschreibfehler gegen eine Urheberschaft der Erblasserin sprechen.

Die Schrift sei unregelmäßig und unsicher. Der Sohn argwöhnte, dass die Testamente von einer dritten Person verfasst worden seien.

Für das Nachlassgericht waren aber trotz dieses Vortrages keine Indizien für eine Testamentsfälschung ersichtlich und das Gericht stellte in Aussicht, einen Erbschein zu erlassen, in dem sowohl die Tochter der Erblasserin als auch ihre Enkel als Erben mit unterschiedlichen Erbquoten ausgewiesen sein sollten.

Sohn legt Beschwerde zum OLG ein

Gegen diese Entscheidung legte der Sohn der Erblasserin Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Das OLG verwies die Angelegenheit aus formalen Gründen zum Nachlassgericht zurück.

Nachdem die Tochter der Erblasserin ausdrücklich einen Erbschein als Alleinerbin beantragt hatte, durfte das Nachlassgericht vorliegend keinen Erbschein erlassen, in dem die Tochter der Erblasserin neben den Enkelkindern als Miterbin ausgewiesen war.

OLG teilt die Rechtsauffassung des Nachlassgerichts

In Bezug auf die rechtliche Bewertung der Angelegenheit teilte das OLG aber die Einschätzung des Nachlassgerichts.

Insbesondere sah auch das OLG keine Veranlassung, den Hinweisen des Sohnes der Erblasserin auf eine angebliche Testamentsfälschung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens weiter nachzugehen.

Das OLG wies darauf hin, dass nicht jedes Bestreiten der Echtheit eines Testaments zwingend durch ein Sachverständigengutachten aufzuklären sei.

Das Nachlassgericht könne die Echtheit eines Testaments vielmehr zunächst selber anhand von Vergleichsschriftproben überprüfen.

Ein Gutachten wird nur bei besonderen Umständen benötigt

Nur wenn nach einer solchen Überprüfung besondere Umstände vorliegen würden, müsse ein Gutachten eingeholt werden.

Das Nachlassgericht habe im Einzelfall immer nur die „erforderlichen“ Ermittlungen anzustellen.

Das Gericht sei jedenfalls nicht verpflichtet, allen nur erdenklichen Hinweisen nachzugehen.

„Liegen keine besonderen Umstände vor, die gegen eine eigenhändige Errichtung eines privatschriftlichen Testaments sprechen, genügt es, wenn der Tatrichter selbst die Schriftzüge des ihm vorliegenden Testaments mit anderen Schriftproben vergleicht und das Ergebnis würdigt. Die Einholung eines Gutachtens zur Echtheit eines eigenhändigen Testaments ist nur in Zweifelsfällen geboten.“ 

Im Ergebnis konnte das OLG im zu entscheidenden Fall ebenso wenig wie das Nachlassgericht besondere Umstände erkennen, die die Einschaltung eines Schriftsachverständigen erforderlich gemacht hätte.

Hierzu erschien den Richtern der Vortrag des Sohnes der Erblasserin als zu dünn.

Im Ergebnis konnte der Sohn der Erblasserin damit mit seinen Einwänden gegen das Testament nicht durchdringen.

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