Schlusserbeneinsetzung in gemeinschaftlichem Testament kann widerrufen werden
OLG Saarbrücken – Beschluss vom 16.09.2014 – 5 W 47/14
- Eheleute errichten ein Berliner Testament
- Nach dem Tod der Ehefrau widerruft der Ehemann das Testament
- Ehemann kann neu testieren und ist nicht an das alte Testament gebunden
In einem Prozesskostenhilfeverfahren hatte das OLG Saarbrücken über die Frage zu entscheiden, ob eine in einem gemeinschaftlichen Testament enthaltene Schlusserbeneinsetzung nach dem Tod eines der Ehepartner durch ein weiteres abweichendes Testament widerrufen werden kann.
In der Angelegenheit hatte sich ein Ehepaar im August 2001 in einem gemeinsamen Testament gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Beide Eheleute hatten je einen Sohn, die jedoch von anderen Partnern abstammten.
Nach dem Tod beider Eheleute, so die Anordnung in dem Testament, sollten der Sohn des Ehemannes und der Sohn der Ehefrau zu gleichen Teilen Schlusserben sein.
Ehemann reicht die Scheidung ein
Die Eheleute trennten sich im Jahr 2009 und am 08.11.2010 reichte der Ehemann die Scheidung ein.
Im März 2011 verstarb die Ehefrau noch bevor die Ehe rechtskräftig geschieden war.
Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete der Mann erneut und errichtete mit seiner neuen Frau am 20.05.2011 ein weiteres notarielles gemeinsames Testament. In diesem Testament widerrief der Ehemann sämtliche früheren Testamente und die Eheleute setzen sich gegenseitig zu Alleinerben ein.
Am 17.08.2011 verstarb der Ehemann.
Sohn reicht bei Gericht eine Feststellungsklage ein
Daraufhin reichte der Sohn des Erblassers bei Gericht den Entwurf einer Klageschrift nebst eines Prozesskostenhilfeantrages ein. Mit der Klage begehrte der Sohn des Erblassers die Feststellung, dass die neue Ehefrau des Erblassers nicht Erbin geworden sei.
Der Sohn begründete seinen Feststellungsantrag mit dem Argument, dass der Erblasser die Schlusserbeneinsetzung aus dem Testament aus dem August 2001 nach dem Ableben seiner ersten Frau nicht habe widerrufen dürfen.
Nach Auffassung des Klägers sei die dort getroffene Schlusserbeneinsetzung bindend, das weitere Testament aus dem Mai 2011 mithin unwirksam.
Das Landgericht wies den Antrag auf Prozesskostenhilfe in erster Instanz mangels Erfolgsaussichten der Klage als unbegründet zurück.
OLG weist Beschwerde als unbegründet ab
Auf die Beschwerde des Antragstellers hin war das OLG zur Entscheidung berufen. Es wies das Rechtsmittel des Sohnes des Erblassers aber ebenfalls zurück.
In der Begründung der Entscheidung verwies das OLG darauf, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg habe.
Die Richter am OLG sprachen nämlich der Schlusserbeneinsetzung in dem ersten Testament aus dem Jahr 2001 die bindende Wirkung ab. Lediglich wechselbezügliche Verfügungen könnten nach Ableben des zuerst versterbenden Ehepartners nicht widerrufen werden.
Schlusserbeneinsetzung ist frei widerruflich
Die Schlusserbeneinsetzung der jeweiligen Kinder in dem Testament aus dem Jahr 2001 sei aber, so das OLG, gar nicht wechselbezüglich im Sinne von § 2270 BGB und daher auch frei widerrufbar gewesen.
Zuwendungen zugunsten der eigenen (nicht gemeinsamen) Verwandten in einem Ehegattentestament seien regelmäßig nicht wechselbezüglich.
Nach allgemeiner Lebenserfahrung solle, so das OLG, bei Fehlen verwandtschaftlicher Beziehungen zwischen dem zuerst verstorbenen Ehegatten und dem eingesetzten Schlusserben der Längstlebende nämlich berechtigt bleiben, die Erbfolge anderweitig festzulegen und das Testament entsprechend abzuändern.
Der Erblasser war danach nicht gehindert, in einem weiteren Testament von der Schlusserbeneinsetzung aus seinem ersten Testament abzurücken. Klage und Prozesskostenhilfeantrag blieben ohne Erfolg.
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