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Ehegattentestament – Einheits- oder Trennungslösung vorzugswürdig?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Eheleute haben verschiedene Möglichkeiten, die Erbfolge zu regeln
  • Oft steht die Absicherung des Partners im Vordergrund
  • Eheleute müssen das Pflichtteilsrecht ihrer Kinder bei der Planung der Erbfolge berücksichtigen

Wenngleich sich durch die Existenz von nichtehelichen Lebensgemeinschaften, eingetragenen Lebenspartnerschaften oder zahlreichen so genannten Patchworkfamilien die Ausgangssituation in vielen Erbfällen durch neue rechtliche Formen des Zusammenlebens von Paaren immer mehr auffächert, sind bei der „klassischen“ Ehe die Grundüberlegungen bei der Regelung der eigenen Erbfolge doch immer wieder dieselben.

Ehemann und Ehefrau wollen sich für den Fall des Ablebens eines der Partner wechselseitig wirtschaftlich absichern. Sind gemeinsame Kinder vorhanden, sollen diese, zumeist nach dem Tod des länger lebenden Ehepartners, am Ende das Familienvermögen erhalten.

Eine so geartete Weitergabe von Vermögen ist mit den vom deutschen Erbrecht zur Verfügung gestellten Instrumenten gut realisierbar.

Es gibt jedoch im Rahmen der vom Gesetz offerierten Regelungsmöglichkeiten unterschiedliche Modelle, die sich in entscheidenden Punkten voneinander abheben und die vor Errichtung eines letzten Willens von den Eheleuten sorgfältig abgewogen werden sollten.

Einzeltestament, Gemeinschaftliches Testament oder Erbvertrag?

Zunächst einmal müssen sich die Eheleute darüber im Klaren werden, in welcher Form sie ihren letzten Willen errichten wollen.

Nachdem bei einer geplanten und gelenkten Erbfolge die Abfassung eines letzten Willens zwingend erforderlich ist, müssen sich die Eheleute mit verschiedenen Formen von Testament und Erbvertrag beschäftigen.

Die gesetzliche Erbfolge scheidet hingegen zur bewussten Steuerung der Erbfolge von Eheleuten aus.

Grundsätzlich können die Eheleute alternativ sowohl durch die

  • Errichtung von Einzeltestamenten, durch die
  • Erstellung eines gemeinschaftlichen Testaments und auch durch den
  • Abschluss eines Erbvertrages

zum gewünschten Ergebnis kommen. Sämtliche gewünschten materiellen erbrechtlichen Regelungen lassen sich durch jede der drei genannten Testierformen realisieren.

Wo liegen die Unterschiede?

Dabei bestehen selbstverständlich zwischen Testament, gemeinschaftlichen Testament und Erbvertrag markante Unterschiede.

Die zentralen Punkte, über die sich die Eheleute bei der formellen Wahl ihrer letztwilligen Verfügung klar werden müssen, kann man unter den Stichworten „Bindungswirkung“, „Widerrufsmöglichkeit“ und „Kosten“ zusammenfassen.

Eheleute, die im Hinblick auf die Regelung der Erbfolge für die Zukunft keine wechselseitige Bindung eingehen, ihr Testament jederzeit formfrei widerrufen können und auch Kosten bei der Regelung der eigenen Erbfolge vermeiden wollen, fahren mit je einem Einzeltestament für beide Ehegatten am besten.

Wollen die Eheleute hingegen eine für beide Partner bindende erbrechtliche Regelung schaffen, von der sich der andere Partner nach Errichtung auch nicht mehr ohne weiteres oder gar nicht mehr verabschieden kann, sind gemeinschaftliches Testament oder Erbvertrag die richtige Wahl.

Einheits- oder Trennungslösung?

Ist von den Eheleuten die Wahl über die konkrete Form der letztwilligen Verfügung erst einmal getroffen, dann stehen sie im Hinblick auf den Inhalt ihres letzten Willens vor einer inhaltlichen Weichenstellung.

Sie müssen sich nämlich zwischen zwei prinzipiell möglichen inhaltlichen Regelungen entscheiden: Der so genannten Trennungs- oder der Einheitslösung.

Diese von Juristen kreierten Bezeichnungen beschreiben folgendes: In dem Bestreben der Eheleute, sich gegenseitig im Falle des Ablebens des ersten Partners abzusichern, haben die Eheleute die Wahl zwischen einer Vollerbeneinsetzung des Überlebenden (Einheitslösung) und einer bloßen Vorerbeneinsetzung bzw. einer Vermächtniseinsetzung zugunsten des überlebenden Ehepartners (Trennungslösung).

Wie sieht die Einheitslösung aus?

Mit der Einheitslösung schaffen die Eheleute klare Verhältnisse. Stirbt ein Ehepartner, bekommt der überlebende Ehepartner ohne Wenn und Aber das komplette Vermögen des verstorbenen Ehepartners.

Das gesamte Familienvermögen vereinigt sich in der Hand des überlebenden Ehepartners (daher auch der Begriff „Einheitslösung).

Zu Lebzeiten kann jeder der beiden Partner bei der Einheitslösung grundsätzlich frei über sein Vermögen verfügen.

Sind Kinder vorhanden, stellt sich im ersten Erbfall natürlich die Pflichtteilsproblematik. Mit der Alleinerbeneinsetzung des überlebenden Ehegatten enterbt man gleichzeitig pflichtteilsberechtigte Kinder.

Kinder können ihren Pflichtteil fordern

Kinder können im ersten Erbfall ihren Pflichtteil fordern. Ob man diesem Szenario mit einem notariellen Pflichtteilsverzicht der Kinder, mit einer so genannten Pflichtteilsstrafklausel oder überhaupt nicht begegnet, müssen die Eheleute abwägen.

Natürlich müssen sich die Eheleute bei der Einheitslösung nicht darauf beschränken, sich gegenseitig zu Alleinerben zu bestimmen. Sie können gleichzeitig und auch mit Bindungswirkung festlegen, wer das Familienvermögen als so genannter Schlusserbe nach dem Tod des länger lebenden Ehegatten erhalten soll.

Dies werden in aller Regel die gemeinsamen Kinder sein, es ist aber auch jede andere Lösung vorstellbar.

So können die Eheleute die Frage des Schlusserben auch ausdrücklich offen lassen und damit dem länger lebenden Ehegatten das Recht einräumen, darüber zu entscheiden, wer nach dem Ableben des länger lebenden Ehegatten das Familienvermögen erhalten soll.

Was gilt bei der Trennungslösung?

Im Gegensatz zur Einheitslösung sorgen bei der so genannten Trennungslösung erbrechtliche Anordnungen im Testament der Eheleute dafür, dass im ersten Erbfall das Vermögen des zuerst versterbenden Partners nicht mit dem Vermögen des überlebenden Partners verschmilzt.

Nach dem ersten Erbfall werden also beim überlebenden Ehepartner zwei Vermögensmassen gebildet: Das eigene Vermögen des überlebenden Ehepartner und das vom verstorbenen Ehepartner geerbte Vermögen. Beide Vermögensmassen sind streng voneinander zu trennen.

So sorgen die Eheleute durch die Anordnung einer so genannten Vor- und Nacherbschaft dafür, dass der überlebende Partner im ersten Erbfall lediglich so genannter Vorerbe wird und hinsichtlich seiner Verfügungsmacht über das geerbte Vermögen mehr oder weniger starken Beschränkungen ausgesetzt ist.

Welche Rechte hat ein Vorerbe?

Auch ist der überlebende Ehepartner als Vorerbe nicht in der Lage zu bestimmen, wer das Vermögen des zuerst verstorbenen Partners als Erbe erhalten soll. Diese Frage hat der zuerst verstorbene Partner vielmehr schon selber durch die Benennung eines Nacherben in seinem Testament geklärt.

Eine Trennungslösung nach dem Tod des zuerst versterbenden Ehepartners kann alternativ auch dadurch umgesetzt werden, indem der zuerst versterbende Partner seine Kinder als Erben benennt und zugunsten des überlebenden Ehepartners ein Nießbrauchsvermächtnis an seinem kompletten Vermögen aussetzt.

Im Ergebnis werden diejenigen Eheleute die Trennungslösung gegenüber der Einheitslösung favorisieren, die auf den Lauf ihres Vermögens stärker Einfluss nehmen wollen und im Interesse der Kinder mehr Wert auf den Erhalt ihres Vermögens legen.

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