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Demenz – Ist der Erblasser testierunfähig und das Testament unwirksam?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Demenzielle Erkrankungen gibt es in verschiedenen Ausprägungen und Schweregraden
  • Demenz ist nicht gleichbedeutend mit Testierunfähigkeit
  • Demenz-Kurztests sind wenig aussagekräftig

Immer mehr und insbesondere ältere Menschen erkranken an Demenz.

Betroffenen, die an Demenz erkranken, kommen nach und nach wichtige Funktionen ihres Gehirns abhanden: Gedächtnis, Denken, Orientierung, Auffassung, Rechnen, Lernfähigkeit, Sprache und Urteilsvermögen werden durch die Krankheit mehr oder weniger stark beeinträchtigt.

Im Jahr 2018 waren Schätzungen zufolge über 1,7 Millionen Deutsche an Demenz erkrankt.

Gerichte müssen sich immer wieder mit dem Thema Demenz beschäftigen

Das Thema Demenz beschäftigt in erbrechtlichen Auseinandersetzungen auch immer wieder die Gerichte.

Nach § 2229 Abs. 4 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) kann nämlich derjenige, der wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit , wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, kein Testament errichten.

Damit kann ein Testament, das von einer an Demenz erkrankten Person errichtet worden ist, unwirksam sein.

Wusste der Erblasser, was er tat?

Wer nicht erkennt, dass er ein Testament errichtet, welche Tragweite die Anordnungen in seinem Testament haben, welche Gründe für und welche gegen die Anordnungen im Testament sprechen, der kann keinen wirksamen letzten Willen verfassen.

Die Crux in nachlassgerichtlichen Streitverfahren rund um die Wirksamkeit von Testamenten demenzkranker Personen ist der Umstand, dass es nicht die eine Demenz als Krankheit gibt.

Demenzen treten vielmehr in verschiedenen Schweregraden und Mischformen auf.

Eine Demenz kann stark schwankend verlaufen

Es ist nicht ausgeschlossen, dass an Demenz erkrankte Personen lichte Momente haben und mitunter verläuft eine Demenz auch stark schwankend.

Ein Gericht ist vor diesem Hintergrund im Streitfall aufgerufen zu entscheiden, wann eine Demenz einen Erblasser am Tag der Testamentserrichtung so stark beeinträchtigt hat, dass ein Testament als unwirksam angesehen werden muss.

Es liegt auf der Hand, dass eine solche Entscheidung – gerade in Grenzfällen – für ein Gericht im Einzelfall extrem schwierig sein kann.

Es gilt der Grundsatz: Jeder Erblasser ist bis zum Beweis des Gegenteils testierfähig

Im Grundsatz hat ein Gericht im Streitfall immer davon auszugehen, dass ein Erblasser testierfähig war und das Testament damit wirksam ist, als nicht die Testierunfähigkeit des Erblassers zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen ist.

Bevor ein Gericht zu dem Ergebnis kommen kann, dass ein Testament wegen eines demenziellen Symptoms des Testamentverfassers unwirksam ist, muss es zweierlei Feststellungen treffen:

Zum einen muss zur Überzeugung des Gerichts feststehen, dass bei dem Betroffenen am Tag der Testamentserrichtung überhaupt eine Geisteskrankheit vorgelegen hat.

Hat sich die Demenz überhaupt auf das Testament ausgewirkt?

Alleine ein solcher Befund reicht aber nicht aus, um einen Erblasser für testierunfähig zu erklären.

In einem zweiten Schritt muss das Gericht nämlich klären, ob und in welchem Maß sich die Geisteskrankheit auf die Einsichts- und Willensfähigkeit des Erblassers bei der Erstellung seines Testaments ausgewirkt hat.

Nahezu immer und mit Recht setzen die Gerichte zur Klärung dieser Fragen psychiatrische Sachverständige ein.

Dabei muss ein Gericht aber den zu begutachtenden Sachverhalt und die Anknüpfungstatsachen selber ermitteln und dem Sachverständigen als Arbeitsgrundlage vorgeben.

Ein Sachverständiger benötigt Anknüpfungstatsachen für sein Gutachten

Wenn der gerichtliche Sachverständige Glück hat, dann liegen bei einem an Demenz erkrankten Patienten nicht nur Aussagen von medizinischen Laien, sondern Patientenakten oder sogar psychiatrische oder psychologische Gutachten vor, die zu Lebzeiten des Betroffenen erstellt wurden und wertvolle Informationen über den geistigen Zustand des Betroffenen liefern können.

Gerade bei älteren Menschen werden von Ärzten in diesem Zusammenhang häufig Demenz-Kurztests, so z.B. der Mini-Mental-Status-Test (MMST) eingesetzt.

Die Aussagekraft solche Kurztests in nachlassgerichtlichen Verfahren sollte man aber nicht überschätzen.

Demenz-Kurztests sind wenig aussagekräftig

So erlauben solche Kurztests nach Experteneinschätzung „weder eine Aussage zum Vorliegen bzw. Nichtvorliegen einer Demenz“ (so Cording/Nedopil, Psychiatrische Begutachtung im Zivilrecht, S. 102).

Bei diesen Tests sei stets die begrenzte Sensivität zu berücksichtigen, „die nicht den rechtlichen Anforderungen an die Aussagekraft für den Einzelfall genügt“ (a.a.O.).

Auch sei zu beachten, dass „diese Kurztests … nur einfache Gedächtnis- und kognitive Leistungen erfassen, auf die es bei der Beurteilung der Geschäftsfähigkeit nicht alleine ankommt, während die komplexen Symptome, die für die Beurteilung der freien Willensbestimmung vor allem wichtig sind, in der Regel überhaupt nicht erhoben werden“ (a.a.O.).

„Die aus den Summenscores von standardisierten Testverfahren üblicherweise gebildeten Kategorien (z.B. leichte Demenz) stellen gruppenstatistisch gewonnene Erfahrungswerte mit erheblichen Varianzbreiten dar, sind stark stichprobenabhängig und erlauben keine zuverlässige Aussage über den Einzelfall (a.a.O.).

„Oft fallen nicht mehr als 60-70 % der untersuchten Personen tatsächlich in die behauptete Kategorien“ (a.a.O.).

Eine Entscheidung eines Nachlassgerichts, die demnach bei der Entscheidung über die Testierfähigkeit maßgeblich auf solche Demenz-Kurztests setzt, ist in aller Regel angreifbar.

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