Wer hat zu beweisen, dass der Erblasser ein Testament errichtet hat?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Ein nicht auffindbares Testament kann trotzdem existieren
  • Wie kann man die Existenz eines verschwundenen Testaments beweisen?
  • Beweisschwierigkeiten gehen zu Lasten des Anspruchstellers

In Erbsachen geht es meist um viel Geld.

Wer als Rechtsnachfolger in den Genuss des Vermögens des Erblassers kommt, richtet sich häufig nach den Bestimmungen in einem Testament.

Rund um so ein Testament entbrennen im Erbfall oft erbitterte Streitigkeiten. Insbesondere diejenigen Beteiligten, die in dem Testament zu kurz kommen oder am Ende gar nicht erwähnt sind, wittern in Zusammenhang mit dem Testament oft betrügerische Handlungen von dritter Seite.

Alle wissen von dem Testament - Es bleibt aber unauffindbar

Das Gleiche gilt, wenn nach einem Erbfall ein Testament des Erblassers auf einmal unauffindbar ist.

Wenngleich alle Beteiligten davon ausgingen oder sogar positiv wussten, dass der Erblasser seinen letzten Willen zu Papier gebracht hat, lässt sich das Testament manchmal trotz intensiver Suche nach dem Erbfall nicht finden.

Wie kann man die Existenz eines Testaments nachweisen?

Wenn ein Testament unauffindbar ist, ist guter Rat erst einmal teuer. Wie soll man nachweisen, welchen Inhalt das Testament hatte, wer Erbe werden und wer ein Vermächtnis erhalten sollte?

Die gesetzlichen Regeln sind im Falle eines verschwundenen Testaments durchaus nicht so entmutigend, wie man das auf den ersten Blick vermuten könnte.

Zwar hat man nach § 352 Abs. 3 S. 1 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) im Rahmen eines Antrags auf einen Erbschein dem Nachlassgericht „die Urkunde vorzulegen, auf der das Erbrecht beruht“.

Man kann dem Gericht die Existenz eines Testaments auch mit anderen Beweismitteln näherbringen

Wer aber kein Testament findet, kann diese Urkunde dem Gericht schlechterdings auch nicht vorlegen.

Hoffnung kann ein Beteiligter in diesem Fall aber aus der Vorschrift in § 352 Abs. 3 S. 2 FamFG schöpfen.

Danach gilt folgendes:

Sind die Urkunden nicht … zu beschaffen, so genügt die Angabe anderer Beweismittel.

Das bedeutet, dass man auch ohne ein in Urschrift vorliegendes Testament sehr wohl versuchen kann, ein Gericht von der Existenz und dem konkreten Inhalt des Testaments zu überzeugen.

Mit welchen Beweismitteln kann die Existenz eines Testaments nachgewiesen werden?

Jedem, der sein testamentarisches Erbrecht gegenüber dem Nachlassgericht bei Nichtauffindbarkeit eines Testaments mit sonstigen Beweismitteln nachweisen will, muss aber klar sein, dass dieses Unterfangen ein steiniger Weg ist.

Kein Gericht in Deutschland kann bei Abwesenheit eines Testaments die Erbfolge alleine aufgrund der Angaben desjenigen bestätigen, der die Existenz eines (nicht auffindbaren) Testaments behauptet.

Das Gericht wird sich vielmehr reflexhaft mit dem Gedanken beschäftigen, dass ein nicht existierendes Testament nahe legt, dass der Erblasser seinen letzten Willen in Aufhebungsabsicht vernichtet hat und für den Erbfall eben die gesetzliche Erbfolge oder ein (weiteres tatsächlich vorliegendes) Testament gilt, § 2255 BGB.

Kopien des Testaments, andere Urkunden und Zeugen als Beweismittel

Wer ein Gericht von solchen Ideen abbringen will, muss dem Gericht genügend andere Beweismittel vorlegen, um es vom Gegenteil zu überzeugen.

In erster Linie ist dabei an Kopien oder Abschriften des nicht mehr auffindbaren Testaments zu denken. Eine Kopie ersetzt zwar nie das Original, kann beim Gericht aber im Einzelfall schon erste Überlegungen im Hinblick auf die Existenz und Wirksamkeit eines letzten Willens auslösen.

Weiter können in dem gerichtlichen Verfahren Zeugen oder auch der Antragsteller selber vom Gericht angehört werden.

Unabhängige Zeugen sind taugliche Beweismittel

Gerade wenn unabhängige Zeugen bestätigen können, dass sie das Testament im Original gesehen haben und der Erblasser auch bis zuletzt selber von der Existenz und Wirksamkeit seines Testaments ausgegangen ist, dann bestehen durchaus Chancen, vor einem Gericht erfolgreich die Wirksamkeit auch eines nicht existierenden Testaments zu erstreiten.

Es geht dabei nicht darum, dass man dem Gericht den Wortlaut des fehlenden Testaments nachweisen muss. Man muss das Gericht aber zumindest von dem kompletten Regelungsgehalt des nicht mehr existierenden Testaments überzeugen.

Bevor man aber sein Erbrecht auf Grundlage eines nicht existierenden Testaments erstreiten will, sollte man sich jedenfalls vor Augen führen, dass verbleibende Zweifel beim Gericht immer zulasten desjenigen gehen, der aus diesem Testament Rechte herleiten will.

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