Rechtsanwalt Dr. Georg Weißenfels ・ Theresienstraße 1 ・ 80333 München

Eine in einem Erbvertrag bindend eingesetzte Erbin verstirbt vor der Erblasserin – Konnte die Erblasserin wirksam ein neues Testament errichten?

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG München – Beschluss vom 05.11.2020 – 31 Wx 415/17

  • Eheleute schließen Erbvertrag und setzen jeweils ihre Kinder als Schlusserben ein
  • Die Tochter der Ehefrau verstirbt vor ihrer Mutter
  • Die Ehefrau errichtet ein neues Testament und setzt einen neuen Erben ein

Das Oberlandesgericht München hatte sich mit der Bindungswirkung eines Erbvertrages zu beschäftigen.

Die spätere Erblasserin und ihr Ehemann hatten im Jahr 1979 einen Erbvertrag errichtet.

In diesem Erbvertrag hatten sich die Eheleute für den ersten Erbfall gegenseitig als alleinige Erben eingesetzt.

Die jeweiligen Kinder der Eheleute werden als Erben eingesetzt

Nach dem Tod des länger lebenden Ehepartners sollten zu gleichen Teilen die Tochter der Ehefrau und die beiden Töchter des Ehemannes aus zweiter Ehe Erben werden.

Eine Ersatzerbenbestimmung enthielt der Erbvertrag ausdrücklich nicht.

In der Folge verstarb sowohl der Ehemann als auch die in dem Erbvertrag als Schlusserbin benannte Tochter der Ehefrau.

In einem nachfolgenden Testament vom 11.05.2009 setzte die Ehefrau eine Person X als ihren neuen alleinigen Erben ein.

Die Erbvertragserben beantragen einen Erbschein

Nach dem Ableben der Ehefrau beantragten die beiden verbliebenen Schlusserbinnen aus dem Erbvertrag beim Nachlassgericht Starnberg die Erteilung eines Erbscheins, der sie als je hälftige Erben nach der Erblasserin ausweisen sollte.

Die in dem Testament vom 11.05.2009 als Alleinerbe benannte Person war aber mit dieser Verteilung der Erbschaft nicht einverstanden und protestierte gegen den Erbscheinsantrag.

Das Nachlassgericht stellte trotz dieser Proteste die Erteilung eines Erbscheins auf Grundlage des Erbvertrages aus dem Jahr 1979 in Aussicht.

Nachlassgericht will den beantragten Erbschein erteilen

Der Erbteil der vorverstorbenen Tochter der Erblasserin sei, so die Begründung des Nachlassgerichts, den anderen beiden im Erbvertrag benannten Schlusserbinnen angewachsen.

Im Übrigen, so das Nachlassgericht, seien die Anordnungen in dem Erbvertrag bindend erfolgt und hätten von der Erblasserin nicht  durch ein zeitlich späteres Testament abgeändert werden können.

Gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichts legte der im späteren Testament als Erbe eingesetzte Beteiligte Beschwerde zum Oberlandesgericht ein und hatte dort Erfolg.

Die Erben erhalten je ⅓ des Nachlassvermögens

Das OLG hob die Entscheidung des Nachlassgerichts auf und stellte fest, dass die beiden verbliebenen Schlusserben aus dem Erbvertrag und der neue Erbe aus dem zeitlich späteren Testament zu je ⅓ Erben der Erblasserin geworden seien.

Das OLG hatte bereits Zweifel, ob die durch den Wegfall der Tochter der Erblasserin eingetretene Anwachsung des Erbteils auf die verbliebenen beiden Schlusserbinnen überhaupt von der Bindungswirkung des Erbvertrages erfasst war.

Vertragsgemäß und damit bindend könnten in einem Erbvertrag grundsätzlich nur Verfügungen sein. Die Anwachsung eines Erbteils (bei Wegfall eines Erbvertragserben) beruhe aber auf dem Gesetz und eben nicht auf dem Willen des Erblassers.

Am Ende ließ das OLG aber die Frage, ob eine Anwachsung eines Erbteils vertragsgemäß und bindend sei, dahinstehen.

OLG ermittelt den Willen der Erblasserin und ihres Mannes

Im Wege der Auslegung des Erbvertrages stellte das OLG nämlich weiter fest, dass

„die Willensrichtung der Ehegatten im Zeitpunkt des Abschlusses des Erbvertrags allein darauf gerichtet war, dass der überlebende Ehegatte die Erbenstellung der jeweiligen Abkömmlinge des erstversterbenden Ehegatten nach dessen Ableben nicht mehr entziehen kann, jedoch nicht an einer unveränderlichen Selbstbindung in Bezug auf seine eigenen Abkömmlinge.“

Der zunächst den beiden Schlusserbinnen aus dem Erbvertrag angewachsene Erbteil konnte mithin nach Einschätzung des OLG durch ein späteres Testament von der Erblasserin neu zugewiesen werden.

Im Ergebnis waren damit die beiden Schlusserbinnen aus dem Erbvertrag und der später im Testament eingesetzte Erbe zu je ⅓ am Nachlass beteiligt.

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