Der tägliche Konsum von zehn bis zwölf Flaschen Bier führt nicht zur Testierunfähigkeit!
OLG Brandenburg – Beschluss vom 19.03.2024 – 3 W 28/24
- Erblasser trinkt täglich erhebliche Mengen Bier
- Kann ein alkoholisierter Erblasser ein wirksames Testament verfassen?
- Auch heftiger Alkoholkonsum führt nicht zwingend zur Testierunfähigkeit!
Das Oberlandesgericht Brandenburg hatte über die Frage zu urteilen, ob ein Alkoholiker ein wirksames Testament verfassen kann.
In der Angelegenheit war der Erblasser im Jahr 2020 durch Selbstmord verstorben.
Am 19.03.2020 hatte der Erblasser ein handschriftliches Testament verfasst und in diesem Testament seine Ziehtochter als alleinige Erbin eingesetzt.
Erblasser hat Alkohol- und psychische Probleme
Der Erblasser litt vor seinem Tod seit mehreren Jahren an einer manisch-depressiven bis hin zu einer bipolaren Störung, betrieb Alkoholmissbrauch und befand sich seit vielen Jahren in fachärztlicher psychiatrischer Behandlung.
Diese Vorgeschichte veranlasste die Schwester des Erblassers nach dessen Ableben das Testament des Erblassers als unwirksam anzugreifen.
Die im Testament als Alleinerbin eingesetzte Ziehtochter hatte beim Nachlassgericht nämlich die Erteilung eines Erbscheins beantragt.
Die Schwester des Erblassers setzt auf die gesetzliche Erbfolge
Diesen Erbscheinsantrag bekämpfte die Schwester des Erblassers mit dem Hinweis, dass der Erblasser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung wegen seiner psychischen Probleme und seines Alkoholkonsums nicht testierfähig, das Testament mithin unwirksam gewesen sei.
Das Nachlassgericht holte zu dieser Frage ein Sachverständigengutachten ein und befragte den Arzt, der den Erblasser zu Lebzeiten behandelt hatte.
Beide Ärzte kamen zu dem Ergebnis, dass der Erblasser im maßgeblichen Zeitpunkt testierfähig gewesen sei.
Schwester legt Beschwerde zum OLG ein
Nachdem das Nachlassgericht die Erteilung des von der Ziehtochter des Erblassers beantragten Erbscheins in Aussicht stellte, legte die Schwester des Erblassers Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.
Die Beschwerde wurde vom OLG aber als unbegründet abgelehnt.
Das OLG wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass die vom Nachlassgericht erhobenen Beweise für die Feststellung, dass der Erblasser testierfähig war, ausreichend gewesen seien.
Alkoholkonsum steht der Testierfähigkeit nicht im Wege
Und auch der – unstreitige – erhebliche Alkoholkonsum des Erblassers rechtfertige nicht die Annahme, dass der Erblasser testierunfähig gewesen sei.
Es würden nämlich keine Hinweise dafür vorliegen, dass „der Erblasser bei Errichtung des Testaments derart alkoholisiert war, dass er vorübergehend unter einer seine Testierfähigkeit ausschließenden Bewusstseinsstörung gelitten“ habe.
Es würden keine Beweise vorliegen, wonach der Erblasser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung volltrunken war.
Der genaue Zeitpunkt, zu dem der Erblasser den Alkohol konsumiert habe, sei unbekannt.
Erblasser war ein Gewohnheitstrinker
Auch sei der Erblasser offensichtlich an einen erheblichen Alkoholkonsum gewöhnt.
Schließlich wies das OLG ergänzend darauf hin, dass der Testamenttext vom Erblasser „flüssig und mit fester Handschrift inhaltlich stringent abgefasst“ worden sei.
Auch aus diesem Grund ging das OLG davon aus, dass der Erblasser im Moment der Testamentserrichtung in seinen geistigen Fähigkeiten nicht maßgeblich beeinträchtigt gewesen sei.
Im Ergebnis erhielt die Testamentserbin das gesamte Vermögen des Erblassers.
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