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Der Änderungsvorbehalt beim gemeinschaftlichen Testament

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Eheleute können festlegen, ob und in welchem Umfang sie sich in einem gemeinsamen Testament erbrechtlich binden wollen
  • Ein Änderungsvorbehalt in einem Ehegattentestament kann sinnvoll sein
  • Inhalt und Umfang eines Änderungsvorbehalts müssen sorgfältig formuliert sein

Eheleute haben die Möglichkeit, ihre Erbfolge gemeinsam zu regeln.

Zu diesem Zweck bietet das Gesetz den Eheleuten in § 2265 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments an.

Ein solches gemeinschaftliches Testament bietet auf der einen Seite Formerleichterungen. Es reicht aus, wenn das Testament nur von einem der beiden Eheleute handschriftlich abgefasst und nachfolgend von beiden Partnern unterschrieben wird.

Bindungswirkung durch ein gemeinsames Testament

Noch wichtiger ist allerdings der Umstand, dass die Eheleute durch die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments, soweit gewünscht, eine Bindungswirkung herbeiführen können.

Sowohl zu Lebzeiten beider Partner als auch insbesondere nach dem Ableben eines der beiden Ehepartner ist eine Abänderung des zentralen Inhalts des Testaments nur unter ganz bestimmten Umständen möglich, § 2271 BGB.

Den Eheleuten soll durch diese gesetzliche Regelung die Gewissheit gegeben werden, dass die gemeinsam festgelegten Erbfolgeregeln nicht einseitig durch einen Partner aufgehoben werden.

In einem klassischen gemeinschaftlichen Testament eines Ehepaares mit Kindern setzen sich die Eheleute für den ersten Erbfall gegenseitig als alleinige Erben ein.

Am Ende sollen die Kinder erben

Weiter wird klassischerweise verfügt, dass nach dem Tod des zunächst überlebenden Ehepartners die gemeinsamen Kinder das Familienvermögen als Erben erhalten sollen.

Bei einer solchen Lösung ist es vor allem für den zuerst versterbenden Partner essentiell, dass er sich auf die gemeinsam gefundene Erbfolgeregelung verlassen kann und der zunächst überlebende Partner nach dem ersten Erbfall nicht plötzlich auf die Idee kommt, in einem neuen Testament einen gänzlich Familienfremden als seinen neuen Erben einzusetzen.

Dies ist aber nur die eine Seite der Medaille.

Änderungsvorbehalt kann durchaus Sinn machen

Ein Ehepaar kann bei der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments sehr wohl auch Überlegungen anstellen, ob dem überlebenden Ehepartner nicht die Möglichkeit eingeräumt werden soll, in einem neuen (Einzel-) Testament von den Regelungen in dem gemeinschaftlichen Testament abzuweichen.

Grundsätzlich bestimmen die Eheleute, ob und in welchem Umfang sie sich in einem gemeinsamen Testament binden wollen. Ebenso obliegt es den Eheleuten dem überlebenden Ehepartner die Befugnis zu erteilen, die gemeinsam festgelegten Verfügungen nach dem ersten Erbfall einseitig abzuändern.

Eine solche Befugnis wird auch als „Änderungsvorbehalt“ bezeichnet.

Mündlicher Änderungsvorbehalt zählt nicht

Ein solcher Änderungsvorbehalt muss – soweit gewünscht – von den Eheleuten zwingend in das Testament aufgenommen werden.

Es reicht also nicht aus, wenn sich die Eheleute nach Errichtung des gemeinsamen Testaments  nur mündlich oder maschinenschriftlich einen entsprechenden Änderungsvorbehalt zubilligen.

Soweit ein Änderungsvorbehalt gewünscht ist, sollten die Eheleute größten Wert darauf legen, den Umfang und die Voraussetzungen der Änderungsbefugnis so genau wie möglich festzulegen.

Wann soll eine Änderung des gemeinsamen Testaments möglich sein?

Dabei sollten die Eheleute insbesondere regeln, ob ein Partner von seiner Änderungsbefugnis bereits zu Lebzeiten beider Partner oder erst nach dem Eintritt des ersten Erbfalls Gebrauch machen kann.

Weiter sollte man sich Gedanken dazu machen, ob nur einzelne Verfügungen in dem gemeinsamen Testament oder sämtliche Regelungen revidierbar sind.

Auch kann man regeln, ob eine Änderung nur zugunsten eines bestimmten Personenkreises (z.B. der gemeinsamen Kinder) möglich ist.

Schließlich können die Eheleute festlegen, ob eine Änderung nur dann erlaubt sein soll, wenn bestimmte Ereignisse (z.B. Pflichtteilsverlangen eines Kindes im ersten Erbfall) eintreten.

Insgesamt sollte man bei der Formulierung von Änderungsvorbehalten in einem gemeinschaftlichen Testament sehr vorsichtig sein, da nachträgliche Änderungen einer eigentlich bindenden Erbfolgeregelung erfahrungsgemäß extrem streitträchtig sind.

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