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Soll man mit 18 Jahren schon ein Testament errichten?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Ab 16 Jahren kann jeder ein Testament errichten
  • Ohne Testament gilt die gesetzliche Erbfolge
  • Was soll im Erbfall mit dem digitalen Nachlass passieren?

Wenn man gerade seinen 18. Geburtstag gefeiert hat, dann denkt man im Normalfall nicht unbedingt darüber nach, ob man seinen letzten Willen in einem Testament niederlegen soll.

Tatsächlich dürfte nur ein verschwindend kleiner Bruchteil der Achtzehnjährigen über ein Testament verfügen.

Rechtlich wäre die Errichtung eines Testaments für einen Achtzehnjährigen dabei kein Problem. Man ist bereits mit Vollendung des 16. Lebensjahres testierfähig, § 2229 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Minderjährige benötigen für ein Testament einen Notar

Bis zum 18. Geburtstag muss man freilich die Hilfe eines Notars in Anspruch nehmen, um wirksam testieren zu können, § 2233 Abs. 1 BGB.

Ab dem 18. Geburtstag benötigt man dann aber keine Unterstützung mehr bei der Errichtung eines Testaments. Ein Stift und ein Stück Papier reichen dann aus, um die eigene Erbfolge zu regeln.

Dabei können aber all die jungen Erwachsenen, die noch über kein Testament verfügen, beruhigt sein.

Ohne Testament gilt die gesetzliche Erbfolge

Wenn man nämlich in jungen Jahren verstirbt und hat man zu diesem Zeitpunkt noch keinen letzten Willen errichtet, dann springt das Gesetz ein.

Ohne Testament klärt die so genannte gesetzliche Erbfolge in den §§ 1924 ff. BGB, wer Erbe wird.

Als Erben eines jungen Menschen kommen dabei mangels eigener Abkömmlinge des Betroffenen regelmäßig die Eltern in Betracht, § 1925 BGB.

In aller Regel macht sich der Durchschnittsdeutsche dann an die Errichtung eines Testaments, wenn die persönliche Lebenssituation Hinweise auf die Möglichkeit des eigenen Ablebens gibt.

Ein Testament wird oft gegen Ende des Lebens errichtet

In diesem Fall ist es dem zukünftigen Erblasser zuweilen ein Bedürfnis, Regelungen für die Zeit nach dem eigenen Abtreten zu treffen.

Bevorzugt geht es bei einem Testament dann darum, das eigene Vermögen auf die Nachwelt zu verteilen.

In erster Linie werden dabei regelmäßig enge Familienmitglieder als mögliche Empfänger dieses Vermögens ins Auge gefasst.

Aber auch Freunde oder weiter entfernt Verwandte tauchen in Testamenten immer wieder als Bedachte auf.

Man kann mit dem Testament Gutes tun

Manchmal geht es einem Erblasser auch darum, mit seinem Testament „Gutes zu tun“ und eine wohltätige Stiftung als Erben einzusetzen.

Eine Motivation für ein Testament kann auch der Wunsch des Erblassers sein, offene Rechnungen zu begleichen und im Testament bestimmte Personen von der Erbfolge explizit auszuschließen.

All diese Motive werden bei einem Achtzehnjährigen naturgemäß eher von untergeordneter Bedeutung sein.

Mit 18 hat man oft keine großen Reichtümer

Große Vermögenswerte hat ein junger Mensch in aller Regel noch nicht angehäuft.

Es gibt also im Normalfall keine Immobilien, Aktienpakete oder Bankguthaben, die im Testament einem oder mehreren bestimmten Erben zugewiesen werden müssten.

Unterlässt es ein junger Mensch, einen Erben in einem Testament zu benennen, dann gehen sein iPhone, die MP3-Sammlung, Kleidung und sonstiges Hab und Gut in aller Regel kraft gesetzlicher Erbfolge auf seine Eltern als seine Erben und Rechtsnachfolger über.

Ein Aspekt könnte aber auch junge Menschen dazu bewegen, ihre Erbfolge in einem Testament zu regeln.

Was wird im Erbfall aus dem digitalen Nachlass?

Nach § 1922 BGB geht nämlich das Vermögen des Erblassers zur Gänze auf den oder die Erben über.

Zum Nachlass gerade junger Menschen zählen heutzutage nahezu immer digitale Werte wie E-Mail- und Social-Media-Accounts und deren jeweilige Inhalte.

Dieser so genannte „digitale Nachlass“ gehört damit zu den Nachlasswerten, die mit dem Erbfall vom (auch jungen) Erblasser auf seinen Erben übergehen.

Dies hat auch der Bundesgerichtshof in einer Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 2018 (Urteil vom 12.07.2018, III ZR 183/17) klargestellt.

Nach diesem BGH-Urteil wurde facebook dazu verpflichtet, Eltern den vollständigen Zugang zu dem Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten ihrer verstorbenen Tochter zu verschaffen.

Sollen die eigenen Eltern Zugriff auf das facebook-Konto haben?

Denkbar ist nun, dass junge Erwachsene überhaupt kein Interesse daran haben, dass ihre Eltern im Erbfall uneingeschränkten Zugang zum facebook-, Instagram- oder Tinder-Konto des zu jung verstorbenen Abkömmlings erhalten.

Will man diese Möglichkeit ausschließen, dann sollte der junge Erwachsene eben doch ein Testament verfassen.

Eine Option, das Problem mit dem digitalen Nachlass in den Griff zu bekommen, wäre dabei, in dem Testament einen Erben bzw. einen Vermächtnisnehmer einzusetzen und diese Person mit einer Auflage nach § 2192 ff. BGB zu belasten, sämtliche digitalen Konten des Betroffenen im Erbfall ungesehen zu löschen oder erst gar nicht den Versuch zu unternehmen, Einsicht in diese Konten zu nehmen.

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