Können lebzeitige Pflegeleistungen zugunsten des Erblassers zu einer Verminderung der Erbschaftsteuer führen?

Von: Dr. Georg Weißenfels

Wie viel Erbschaftsteuer vom Erben zu bezahlen ist, richtet sich nach der Steuerklasse, in die der Steuerpflichtige fällt, nach dem persönlichen Freibetrag, den der Steuerpflichtige geltend machen kann und - ganz entscheidend - nach dem Wert des Nachlasses. Je höher der Nachlasswert, desto höher ist auch die Belastung mit der Erbschaftsteuer.

Im Erbschaftsteuergesetz sind diese einfachen Regeln etwas komplizierter in § 10 ErbStG (Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz) niedergeschrieben. Danach gilt als steuerpflichtiger Erwerb die "Bereicherung des Erwerbers". Gleichzeitig wird in § 10 Abs. 1 ErbStG klargestellt, dass die Bereicherung des Erben um die vom Erblasser hinterlassenen Nachlassverbindlichkeiten geschmälert wird. Soweit der Erbe als Rechtsnachfolger also zum Beispiel Altschulden des Erblassers zu regulieren hat, ist er nicht bereichert, kann die Altschulden von dem positiven Nachlassvermögen abziehen und so seine Steuerschuld mindern.

Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG explizit auch die "vom Erblasser herrührenden Schulden". Soweit der Erblasser also zu Lebzeiten vertragliche oder gesetzliche Forderungen gegen sich begründet, aber nicht ausgeglichen hatte, ist es Sache des Erben als Rechtsnachfolger, dies nachzuholen. Die Regulierung dieser Schulden reduziert dann aber auch die Erbschaftsteuer.

Einem unlängst vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall ist zu entnehmen, dass sich ein Erbe diese im Erbschaftsteuergesetz niedergelegte Systematik im Hinblick auf Pflegeleistungen, die er gegenüber dem Erblasser zu dessen Lebzeiten erbracht hatte, zunutze machen wollte (BFH, Beschluss vom 26.02.2014, Az.: II B 125/13).

Der Erbe wollte eine ihm für die Pflegeleistungen zustehende Vergütung, die ihm der Erblasser zu Lebzeiten nicht ausbezahlt hatte, als Nachlassverbindlichkeit geltend machen und auf diesem Weg seine Steuerschuld reduzieren.

Der Erbe war mit diesem Vortrag in erster Instanz vor dem Finanzgericht Münster bereits gescheitert. Und auch der Bundesfinanzhof wies die Beschwerde des um Steuerreduzierung bemühten Klägers ab.

In der Begründung seiner Entscheidung wies der BFH allerdings darauf hin, dass die Argumentation des Klägers nicht von vornherein ausgeschlossen sei. Der BFH wies darauf hin, dass der Klage noch insoweit gefolgt werden könne, als als Nachlassverbindlichkeit grundsätzlich "alle vertraglichen, außervertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen, die in der Person des Erblassers begründet worden und mit seinem Tod nicht erloschen sind" zu einer Reduzierung der Erbschaftsteuer führen können.

Wenn zwischen dem Erblasser und dem Erben ein Schuldverhältnis bestanden hatte, aufgrund dessen dem Erben gegen den Erblasser ein Anspruch auf Vergütung für die Erbringung von Pflegeleistungen zustand, dann, so der BFH, komme sehr wohl eine steuermindernde Berücksichtigung dieser (noch ausstehenden) Vergütung als Nachlassverbindlichkeit in Betracht.

Entscheidend, und im vom BFH zu beurteilenden Fall nicht gegeben, sei aber das Vorliegen einer vertraglich bindenden Vereinbarung zwischen Erblasser und Erbe, wonach sich ersterer dazu verpflichtet, dem ihm pflegenden Erben eine Vergütung für seine Tätigkeit zu gewähren.

Erben, die solche Vergütungsansprüche für Pflegeleistungen als Nachlassverbindlichkeit geltend machen wollen, müssen den Finanzbehörden also nachweisen, dass ein "eindeutiger vertraglicher Bindungswille" des Erblassers und des Erben zur entgeltlichen Erbringung der Pflegeleistungen gegeben war. Soweit der Erbe den Erblasser hingegen lediglich aus familiärer Verbundenheit oder aus moralischen Gründen Pflegeleistungen zuteil werden ließ, scheidet eine Berücksichtigung von Vergütungsansprüchen für Pflegeleistungen als Nachlassverbindlichkeit aus.

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