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Pflichtteilsberechtigte erhalten von der Erbin ein Vermächtnis ausgezahlt – Haben sie damit auf einen Zusatzpflichtteil verzichtet?

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Celle – Urteil vom 29.07.2024 – 6 U 51/23

  • Kinder werden vom Erblasser enterbt, erhalten aber ein Vermächtnis
  • Das Vermächtnis wird ausbezahlt, die Kinder fordern einen Zusatzpflichtteil
  • Die Erbin verweigert den Pflichtteil mit der Behauptung, die Kinder hätten verzichtet

Das Oberlandesgericht Celle hatte über die Frage zu befinden, ob ein Pflichtteilsberechtigter, zu dessen Gunsten vom Erblasser ein Vermächtnis ausgesetzt war, durch die Annahme des Vermächtnisses auf seinen Zusatzpflichtteil verzichtet hat.

In der Angelegenheit war ein wohlhabender Erblasser im Jahr 2020 verstorben.

Der Erblasser war in zweiter Ehe verheiratet und hatte vier Kinder.

Der Erblasser enterbt seine Kinder

In einem notariellen Testament aus dem Jahr 2017 hatte der Erblasser seine zweite Ehefrau als alleinige Erbin eingesetzt.

Mit dieser Entscheidung hatte der Erblasser seine vier Kinder enterbt.

Zugunsten seiner vier Kinder hatte der Erblasser aber in seinem Testament Vermächtnisse angeordnet.

Die Kinder fordern zunächst ihr Vermächtnis ein

Nach dem Tod des Erblassers wandten sich zwei der Kinder an die Alleinerbin und machten ihr Vermächtnis geltend.

In der Folge wurde von der Erbin an die beiden Kinder Beträge in Höhe von je 105.556,95 Euro ausbezahlt.

Nachdem die zwei Kinder des Erblassers ihre Vermächtnisse erhalten hatten, machten sie bei der Erbin Pflichtteilsansprüche nach § 2307 BGB geltend.

§ 2307 BGB hat folgenden Wortlaut:

Ist ein Pflichtteilsberechtigter mit einem Vermächtnis bedacht, so kann er den Pflichtteil verlangen, wenn er das Vermächtnis ausschlägt.
Schlägt er nicht aus, so steht ihm ein Recht auf den Pflichtteil nicht zu, soweit der Wert des Vermächtnisses reicht;

Die beiden Kinder zielten mithin darauf ab, über ihre Vermächtnisse hinaus den so genannten Zusatzpflichtteil nach § 2307 BGB von der Erbin zu erhalten.

Die Kinder fordern und erhalten ein Nachlassverzeichnis

Die beiden Kinder forderten die Erbin daher auf, ein notarielles Nachlassverzeichnis vorzulegen, damit der Zusatzpflichtteil nach § 2307 BGB berechnet werden kann.

Diesen Auskunftsanspruch der beiden Kinder erkannte die Erbin an und legte in der Folge ein notarielles Nachlassverzeichnis vor.

Die Kinder waren aber mit der Bewertung von insgesamt fünf Nachlassimmobilien in dem Nachlassverzeichnis nicht einverstanden und forderten die Erbin auf, den Wert der Immobilien durch ein Gutachten eines unparteiischen Sachverständigen ermitteln zu lassen.

Die Erbin will kein Wertgutachten über Immobilien vorlegen

Dieser Forderung kam die Erbin dann aber nicht nach.

Die Kinder machten diesen Wertermittlungsanspruch gegen die Erbin sodann mittels einer Klage geltend.

In erster Instanz wurde diese Klage vom Landgericht abgewiesen.

Das Landgericht begründete seine Entscheidung mit der Erwägung, dass die beiden pflichtteilsberechtigten Kinder durch die Annahme ihrer Vermächtnisse auf weitergehende Pflichtteilsansprüche konkludent verzichtet hätten.

Die Kinder gehen in Berufung und gewinnen dort

Die Kinder gingen gegen diese Entscheidung aber in Berufung zum Oberlandesgericht.

Das OLG hob die Entscheidung aus erster Instanz auf und verurteilte die Erbin zur Vorlage von Wertgutachten für die fraglichen Nachlassimmobilien.

Das OLG führte zur Begründung seiner Entscheidung aus, dass die beiden Kinder zu keinem Zeitpunkt gegenüber der Erbin weder konkludent noch ausdrücklich auf ihren Pflichtteil verzichtet hätten.

Ein Verzicht auf den Pflichtteil wurde nie erklärt

Bei der Annahme eines stillschweigenden Verzichts auf den Pflichtteilsanspruch sei generell Zurückhaltung geboten.

Im Übrigen, so das OLG, habe die Erbin den Beweis, dass die beiden Kinder des Erblassers auf ihren Pflichtteil verzichtet hätten, nicht geführt.

Im Ergebnis musste die Erbin den beiden Kindern danach sowohl die geforderten Wertgutachten vorlegen als auch nachfolgend den Zusatzpflichtteil auszahlen.

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